Inspector Alan Banks 14 Kein Rauch ohne Feuer
dem Nichts kam Morgennebel auf, stieg spiralförmig über dem trüben Wasser auf und legte sich über die dürren Bäume. Obwohl Banks der Qualm in der Lunge schmerzte, spürte er ein heftiges Verlangen nach einer Zigarette. Er schob die Hände tiefer in die Taschen. Es war nun fast sechs Monate her, dass er die letzte Zigarette geraucht hatte, und er wollte verdammt sein, wenn er jetzt schwach würde.
Während er das Verlangen niederkämpfte, sah er aus dem Augenwinkel, dass sich zwischen den Bäumen etwas bewegte. Da war jemand. Banks flüsterte Annie und Smythe etwas zu. Die beiden liefen in entgegengesetzten Richtungen am Ufer entlang, um dem Unbekannten den Weg abzuschneiden. Banks ging rückwärts auf die Bäume zu. Als er glaubte, nah genug herangekommen zu sein, drehte er sich um und stürzte auf den Fremden zu. Zweige schlugen ihm ins Gesicht. Ungefähr zwanzig Meter vor ihm rannte ein junger Mann. Smythe und Annie näherten sich von den Seiten, brachen durch das dunkle Unterholz. Schnell holten sie auf.
Die beiden waren weitaus fitter als Banks. Schon bald rang er nach Luft, obwohl er mit dem Rauchen aufgehört hatte.
Als er sah, dass Smythe die Lücke schloss und Annie von Norden näher kam, wurde er langsamer. Die beiden hatten den jungen Mann bereits überwältigt, als Banks keuchend bei ihnen war. Innerhalb von Sekunden waren Handschellen angelegt. Dann zogen sie den Burschen hoch.
Einen Moment lang standen alle da und atmeten schwer. Banks betrachtete den jungen Mann. Er war Anfang zwanzig, ungefähr so groß wie Banks selbst, gute eins siebzig, und ziemlich drahtig. Sein Schädel war rasiert, sein Gesicht hager. Er trug Jeans, ein schwarzes T-Shirt und eine abgewetzte Lederjacke. Er wehrte sich, kam jedoch nicht gegen den stämmigen Constable Smythe an.
»Okay«, sagte Banks. »Wer sind Sie, verdammt noch mal, und was haben Sie hier zu suchen?«
Der junge Mann wehrte sich erneut. »Nichts. Lassen Sie mich los! Ich hab nichts getan. Lassen Sie mich los!«
»Ihren Namen!«
»Mark. Und jetzt lassen Sie mich los.«
»Erst dann, wenn Sie mir eine einleuchtende Erklärung gegeben haben, warum Sie sich hier im Wald herumtreiben und gaffen.«
»Ich hab nicht gegafft. Ich hab ...«
»Was denn?«
»Nichts. Lassen Sie mich los!« Wieder versuchte er loszukommen, aber Smythe hatte ihn fest im Griff.
»Soll ich ihn aufs Revier bringen, Sir?«, fragte Smythe.
»Später. Ich will erst mit ihm reden«, sagte Banks. »Los, gehen wir runter zum Kanal.«
Durch den Wald bahnten sich die vier den Weg hinunter zu den schwelenden Booten. Smythe hielt Mark fest, der jetzt zitterte.
»Könnten Sie versuchen, irgendwo Tee oder Kaffee aufzutreiben?«, sagte Banks zu Smythe. »Irgendeiner von den Feuerwehrleuten hat bestimmt eine Thermoskanne dabei.« Er wandte sich an Mark, der kopfschüttelnd zu Boden sah und dann aufblickte. Der Junge hatte eine blasse Haut voller Akne, in seinen Augen stand Angst. Angst und Trotz. »Warum lassen Sie mich nicht gehen?«
»Weil ich wissen will, was Sie hier zu suchen hatten.«
»Gar nichts.«
»Und warum glaube ich Ihnen das nicht?«
»Keine Ahnung. Ihr Problem.«
Banks seufzte und rieb sich die Hände. Wie so oft hatte er seine Handschuhe vergessen. Die Feuerwehrmänner machten gerade Pause. Die meisten tranken schweigend Tee oder Kaffee, betrachteten rauchend die beiden Wracks und schickten vielleicht ein stummes Dankgebet zum Himmel, dass keiner von ihnen verletzt worden war. Langsam wurde der Geruch nach feuchter Asche stärker; von den zerstörten Booten stieg Qualm auf und mischte sich mit dem frühmorgendlichen Nebel.
Sobald Geoff Hamilton eintraf, würde Banks ihn bei der Besichtigung des Tatortes begleiten, genau wie beim letzten Mal. Die Feuerwehr hatte keine Befugnis, die Ursache eines Brandes zu ermitteln, daher war Hamilton es gewohnt, eng mit der Polizei und dem Erkennungsdienst zusammenzuarbeiten. Er hatte die Aufgabe, einen Bericht für den Coroner zu erstellen. Bei dem Lagerhausbrand war niemand verletzt worden, aber dieser Fall hier lag anders. Banks war der Anblick von Brandopfern stets ein Graus, er hatte schon einige gesehen. Und sie hatten ihn gelehrt, dass Feuer zu den Dingen gehörte, vor denen man allergrößten Respekt haben musste. Müsste er sich zwischen einer Wasserleiche und einem Brandopfer entscheiden, dann würde er wohl eher die verunstaltete,
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