Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
dem von Kirsten Farrow passt, heißt es noch lange nicht, dass Maggie Forrest Lucy Payne nicht umgebracht hat, oder?«
»Genau«, stimmte Annie zu. »Zum einen hat Maggie Forrest kein Alibi.«
»Vielleicht sollten wir uns mal mit ihrem Psychologen unterhalten.«
»Psychologen verraten nie etwas«, sagte Annie. »Die sind noch schlimmer als Priester und Anwälte. Aber versuchen können wir es ja trotzdem. Ich möchte auch mit der Psychologin von Kirsten Farrow sprechen. Die sie hypnotisiert hat. Ich habe den Namen aus den Akten: Laura Henderson. Mal sehen, ob ich sie irgendwann heute Nachmittag ans Telefon bekomme. Was ist denn mit Templeton? Wie passt er dazu?«
»Ihr Kumpel?«
»Nicht mein Kumpel, sondern ein furchtbarer Polizist, um die Wahrheit zu sagen. Trotzdem: ein armes Schwein. Kein schöner Abgang.«
»Wenigstens ging es schnell.«
»Das kann sein«, sagte Annie. Sie empfand einen Stich der Trauer für Templeton mit seinen schicken Anzügen, dem gegelten Haar und seiner Einbildung, Gottes Geschenk an die Frauen zu sein. Der arme Kerl war verrückt nach Winsome gewesen, seit sie zur Mannschaft gestoßen war, aber sie hatte ihm nie die geringste Chance gegeben. Nicht dass sie es hätte tun sollen, Annie hätte es auch nicht getan, wenn er es bei ihr versucht hätte. Trotzdem, manchmal war es hart gewesen, ihn so leiden zu sehen. Es hatte bestimmt so manchen Abend gegeben, an dem er kaum noch laufen konnte.
»Was ist denn so lustig?«, fragte Ginger.
»Nichts. Habe nur gerade an Kev gedacht, mehr nicht. Erinnerungen. Heute Abend ist eine Totenwache für ihn im Queen's Arms.«
»Gehen Sie hin?«
»Vielleicht.«
»Das ist alles, was bleibt, wenn man's recht bedenkt. Erinnerungen.«
»Das ist aber eine verdammt deprimierende Vorstellung«, meinte Annie. »Was haben Sie bisher gefunden? Sind wir dem Leck näher gekommen?«
Ginger aß die letzten Pommes und schüttelte mit vollem Mund den Kopf. Dann klopfte sie sich auf die Brust und trank noch einen Schluck Bier. Kurz brach die Sonne durch die Wolken und schien durch das Bleiglasfenster. »Ist mir egal«, sagte sie, »aber ich kann diese Julia Ford immer noch nicht leiden oder diese andere, mit der wir zuerst gesprochen haben.«
»Constance Wells?«
»Genau, die. Auch so eine gewiefte kleine Ziege.«
»Na, na, Ginger! Krallen einfahren!«
»Naja ...«
»Keine von beiden gibt zu, irgendjemandem Karen Drews wahre Identität verraten zu haben?«
»Natürlich nicht. Deren Lippen sind fester verschlossen als der Schließmuskel eines Schotten, wenn ich das so sagen darf.«
»Gab es was Interessantes bei der Überprüfung ihrer Vergangenheit?«
»Noch nicht. Der übliche Uni-Kram. Ich glaube, Constance Wells war als Studentin Mitglied der Marxistischen Gesellschaft, wohlgemerkt. Ich wette, sie möchte nicht, dass das in ihrer Firma die Runde macht.«
Annie lächelte. »Das tun Sie doch nicht, oder?«
Ginger grinste hinterhältig. »Vielleicht doch. Man weiß ja nie.« Sie trank ihr Bier aus. »Gut, dass das überhaupt keine Kalorien hat.«
»Noch irgendwas? Einen Nachtisch vielleicht?«
Ginger klopfte sich auf den Bauch. »Nein, ich bin fertig, Chefin. Eine Sache kam mir allerdings interessant vor, als ich so rumgegraben habe. Ist nicht groß von Bedeutung, sicher, aber interessant.«
»Aha«, meinte Annie. »Was denn?«
»Also, Julia Ford war ein Spätzünder. Sie ist erst mit Anfang zwanzig zur Uni gegangen.«
»Ja, und?«
»Ich meine nur, weil die meisten direkt von der Schule zur Uni gehen. Jura, Medizin, egal was. Die wollen die Ausbildung hinter sich bringen, endlich das große Geld verdienen und ihre Darlehen so schnell wie möglich zurückzahlen.«
»Gut«, sagte Annie. »Das leuchtet ja auch ein. Ich glaube aber, damals gab es noch Stipendien, keine Darlehen. Trotzdem, das ist interessant. Wenn Maggie Forrest in Wahrheit Kirsten Far-row sein könnte, dann besteht auch die Möglichkeit, dass Julia Ford es ist, oder?«
Ginger machte ein erstauntes Gesicht. »So habe ich das gar nicht -«
»Aber warten Sie mal kurz«, unterbrach Annie sie. »Das könnte doch sein, oder? Sie ist ungefähr im richtigen Alter, zierlich genug gebaut, und wenn sie ihr Haar unter einem Hut versteckt, ihre schicken Klamotten gegen andere tauscht und sich nicht schminkt ... sie könnte es schon sein, oder?«
»Julia Ford?
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