Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
»Mitkommen.« Er schloß die Zellentür auf und wies mit dem Daumen in Laceys Richtung. »Bewegen Sie Ihren Hintern. Der Chief Inspector will mit Ihnen reden.« Er sah, daß der Gefangene seine Jacke aufhob. »Und das da brauchen Sie nicht«, setzte er hinzu, »Sie gehen nicht aus.«
Michael Lacey achtete nicht auf den Sergeant, drängte sich an ihm vorbei und lief eilends die Treppe hinauf. Troy holte ihn ein und bemühte sich ärgerlich, wieder Herr der Lage zu werden. Die Polizistin Brierley hatte ihn über den dramatischen nächtlichen Zwischenfall in Kenntnis gesetzt, aber er wußte nichts von Laceys Alibi und war felsenfest davon überzeugt, einen Mörder vor sich zu haben. »Seien Sie bloß vorsichtig, ja?«
Der Häftling setzte sich vor Barnabys Schreibtisch, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, und sah sich interessiert um - die Telefonanlage, die Karteikarten und die Fernsehmonitore.
»Also hier spielt sich alles ab. Sehr eindrucksvoll.« Er bedachte Barnaby mit einem selbstbewußten, boshaften Lächeln. »Heute nacht in meinem Bett werde ich sicher besser schlafen als hier. Ich vermute doch, ich kann wieder in meinem eigenen Bett schlafen, oder?«
»Ihr Alibi für die Tatzeit ist zweifelsfrei bestätigt worden, Mr. Lacey.«
Der junge Mann erhob sich. »Also kann ich gehen?«
»Nur noch einen Moment.« Er nahm wieder Platz. »Ich war heute morgen noch einmal in Ihrem Cottage, um die Durchsuchung zu beenden.« Keine Reaktion. Keine Angst. Kein Erschrecken. Nicht einmal Unsicherheit. Der Junge hat seine Haut gerettet, dachte Barnaby. »Ich glaube, daß bei Ihrer Verhaftung eine andere Leinwand auf der Staffelei in Ihrem Atelier stand als heute - es war von einem Tuch verdeckt.«
»Das bezweifle ich. Ich wollte gerade mit einem Porträt von Judy Lessiter anfangen, wie Sie wissen. Ich arbeite nie an zwei Dingen gleichzeitig.«
»Trotzdem hatte ich diesen Eindruck.«
»Dann täuscht dieser Eindruck eben, Chief Inspector. Hat es Ihnen Spaß gemacht, sich bei mir umzusehen? Was halten Sie von den Bildern?« Noch ehe Barnaby antworten konnte, fuhr er fort: »Ich werde es Ihnen sagen: Sie verstehen nichts von Kunst, Sie wissen nur, was Ihnen gefällt.«
Die überhebliche Annahme, daß er nichts anderes als ein plattfüßiger Bulle und spießiger Banause war, brachte Barnaby auf die Palme. »Im Gegenteil. Ich verstehe eine Menge von Kunst, und ich denke, Sie haben ein bemerkenswertes Talent.«
Er beobachtete Laceys Gesicht. All die Streitsucht und Hochnäsigkeit verschwand. Der junge Mann strahlte vor Freude. »Ja, ich hab’ Talent, nicht wahr?« Seine Stimme drückte keinerlei Arroganz aus, nur Stolz und ein wenig Unsicherheit.
»Sie haben eine brillante Technik. Waren Sie auf einer Kunstschule oder einem College?«
»Was?« Er lachte laut los. »Ein Semester... das war genug. Lauter hochgestochene Wichser. Es gibt nur eine Möglichkeit, etwas zu lernen - man muß die großen Meister studieren«, erklärte er ernst. »Ich werde in den Prado gehen. In die Uffizien. Nach Wien, Paris, Rom und New York fahren. Und lernen.« Es entstand eine lange Pause, dann sagte er: »Stimmt etwas nicht, Inspector? Sie sehen so ... so verstört aus.« Da Barnaby nichts erwiderte, stand er auf. »Ist es in Ordnung, wenn ich jetzt gehe?«
»Was? Oh.« Barnaby erhob sich ebenfalls. »Ja, Sie können gehen.«
Michael Lacey schlenderte zur Tür. »Entschuldigen Sie, Sergeant Troy. Sie sollten den Mund lieber zumachen, sonst fangen Sie sich noch was Scheußliches ein.«
Troy klappte die Kiefer zusammen und starrte die Tür, die sich hinter Lacey geschlossen hatte, fassungslos an. »Warum, zum Teufel, lassen Sie ihn gehen, Sir?«
»Er war den ganzen Nachmittag mit dem Lessiter-Mädchen zusammen.«
»Aber... Mrs. Quine hat ihn gesehen!«
»Sie hat jemanden gesehen, da bin ich sicher. Jemanden, der einen Overall und eine Mütze trug wie Lacey. Die Frage ist nur«, murmelte Barnaby, »warum der Mörder nicht Nägel mit Köpfen gemacht und auch die Kleider im Holly Cottage versteckt hat, wenn er so darauf erpicht war, Lacey die Sache in die Schuhe zu schieben.« Troy begriff, daß sein Boß nur laut nachdachte, und hielt den Mund. »Sie können nicht weit sein. Der Mörder hatte nicht viel Zeit. Mit ein bißchen Glück finden wir die Sachen heute noch. Ich gehe ins Labor und sehe nach, ob es etwas Neues gibt. Ich bin in zehn Minuten zurück. Holen
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