Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
jetzt in der Vorratskammer kühlhielt. Dann nahm er heiße braune Brotscheiben aus dem Ofen, gab die Suppe in eine vorgewärmte Terrine und schaltete sich wieder in das Gespräch ein.
Nicholas hatte gerade gesagt, daß er sie in den Ferien besuchen würde. Avery jedoch glaubte, daß keiner mehr etwas von dem Jungen sehen oder hören würde, wenn er erst einmal von hier fortgegangen war. Und da lag er nicht einmal völlig falsch. Denn obwohl Nicholas später tatsächlich nie zu Besuch kam oder ihnen eine Einladung zu einer seiner unglaublich erfolgreichen Premieren schickte, sollten sie trotzdem noch viele Jahre jeweils zu Weihnachten eine Karte von ihm bekommen, die an sie beide gemeinsam adressiert war.
Avery rief: »Von mir für euch«, und trug die Terrine, das Brot und eine Tonschale mit griechischem Joghurt und saurer Sahne auf. Es war immer noch vom Theater die Rede.
»Ich weiß nicht, ob ich noch für Wanja bleiben oder jetzt schon abhauen soll«, gestand Nicholas gerade.
»Du wirst doch erst in ein paar Monaten beim Central anfangen«, gab Tim zu bedenken.
»Aber ich könnte mir vielleicht schon einen Job besorgen und die Stücke ansehen und einen Bewegungskurs oder so was belegen.«
»Es gibt drei tolle Rollen in dem Schauspiel«, fuhr Tim fort. »Und jetzt, wo Esslyn nicht mehr da ist, könntest du eine davon spielen.«
»Hmm.« Nicholas löffelte die Suppe in sich hinein. »Das schmeckt aber nicht sehr nach Tomaten, Avery.«
»Was für ein undankbarer Banause«, murrte sein Gastgeber. »Aber was soll man von einem erwarten, dessen Geschmacksnerven schon derart durch Monosodiumglutamat betäubt sind?«
»Ich kenne das Stück nicht«, sagte Nicholas. »Wie ist es denn eigentlich?«
»Doppelt so lang wie Klein Eyolf, aber ohne die Lacher«, erläuterte Avery. »Und ohne die Steptanznummern.«
»Es ist wundervoll. Ein russischer Klassiker.«
»Ich glaube nicht, daß es mir Freude machen würde, in einem russischen Klassiker von Harold dirigiert zu werden. Der wird uns alle auf Samowars steigen lassen. Ich denke, ich werde mich schon vorher davonmachen.«
»Solange die Ermittlungen laufen«, warf Tim ein, »darfst du vielleicht gar nicht gehen.«
»Mensch.« Nicholas schabte seine Schale aus und hielt sie für einen Nachschlag hin. »Daran habe ich ja noch gar nicht gedacht. Ich vermute, wir stehen alle unter Verdacht. Die Anwesenden natürlich ausgeschlossen.«
»Wir haben immer wieder über den möglichen Schuldigen nachgedacht«, berichtete Avery und schwang die Schöpfkelle. »... du hast diese Suppe nicht verdient - aber wir haben keine Antwort gefunden.«
»Unsere gegenwärtigen Lieblingstäter sind die Everards.«
»Fangt mir bloß nicht mit denen an«, stöhnte Nicholas und befühlte vorsichtig seine geschwollene Nase.
»Es war nicht sehr professionell von Tom, daß er dir das erzählt hat«, urteilte Tim. »Ich dachte immer, die Polizei täte so etwas nicht, weil die Aussagen streng vertraulich wären.«
»Was haben sie abbekommen?« erkundigte sich Avery.
»Beide ein blaues Auge und einer eine dicke Lippe.«
»Gib nicht so an, Nicholas.«
»Er hat mich gefragt! Übrigens, wieso stehen sie oben auf der Liste? Sie waren doch die Hofkriecher.«
»Eine widerliche Position, Hofkriecher«, sagte Avery und reichte die immer noch warmen Brotscheiben herum. »Du mußt eine Person ganz schön hassen, vor der du permanent zu kriechen hast.«
»Nicht unbedingt«, korrigierte Nicholas. »Schwache Menschen respektieren die Stärkeren oft mehr als sich selbst. Sie fühlen sich sicher, wenn sie hinter jemandem herkriechen können.«
»Aber du hältst doch sicher die Everards nicht für schwache Menschen, Nico?« hakte Tim nach.
»Na ja... doch... du nicht?«
»Absolut nicht.«
»Der Verdacht wäre verständlich, wenn er sie hätte loswerden wollen«, fuhr Nicholas fort, »diese widerlichen kleinen Parasiten. Aber umgekehrt. Ich denke immer noch, daß es Kitty war.«
»Und was ist mit Harold?« fragte Avery.
»Natürlich sähe auch ich, genauso wie jeder andere, es nur zu gern, wenn Harold es getan hätte. Abgesehen davon, daß er weder ein Motiv noch die Gelegenheit dazu hatte, wäre Harold der perfekte Kandidat.« Nicholas schlürfte seinen letzten Löffel Suppe. »Diese Suppe ist wirklich toll, Avery.«
»Schön, aber du bekommst dennoch nichts mehr davon«, rief
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