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Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Titel: Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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saß auf der äußeren Kante seines Stuhls, so als würde er irgendein Spiel spielen. Plötzlich hatte er den augenzwinkernden Ausdruck eines Menschen, der einem mitteilen will, man müsse schon früh aufstehen, wenn man ihn bei etwas ertappen will. Seine falschen Zähne schnappten, so als führten sie ein Eigenleben, und sein ganzes Gesicht verzog sich zu koboldhafter Gerissenheit. Dierdre bedeckte ihr Gesicht für einen langen Moment mit beiden Händen, dann zog sie die Schachtel mit dem türkischen Honig hervor. Sofort veränderte sich sein Gesicht wieder. Es verlor den Ausdruck der besagten Cleverheit und wurde rot und zornig. Er warf einen grimmigen, ja, fast gequälten Blick auf die zarte runde Dose, so als hätte sie jeden Moment vor, ihn anzugreifen. Dann, als seine Tochter ihm das Päckchen zaghaft hinhielt, vollführte er einen Aufwärtshaken mit der geballten Faust, schlug es hoch in die Luft und halb durch den Raum. Puderzucker flog wie Gewehrrauch in kleinen Wölkchen hinterher. Rosarote und nicht ganz weiße Stücke aus duftendem Gelee purzelten überall auf den Boden. Mit einem schrillen Schrei rannte das Kleiderbündel los, nahm sich ein Stück, rieb es an ihrem auf Halbmast sitzenden Schlüpfer ab und steckte es im ganzen in ihren Mund. Die Frau mit den Warzen sammelte den Rest auf und drückte die Süßigkeiten mit aller Kraft zu einem Gelatineklumpen zusammen, den sie dann in den gekrümmten Händen hielt. Sie knabberte daran herum wie ein Eichhörnchen an einer Nuß. Der junge Mann hatte derweil angefangen, wütend auf sich selbst einzuschlagen und sich zu kratzen, so als würde er bei lebendigem Leib aufgefressen werden.
      Dierdre konnte das alles nicht mehr aushalten. Sie band den Gurt ihres Mantels zu und begann, sich die Handschuhe anzuziehen. Ihr Vater war wieder in seine anfängliche Lethargie verfallen und starrte dumpf aus dem Fenster. Ich kann hier nichts für ihn tun, dachte sie. Ich bin ihm keine Hilfe. Ich bin überflüssig. »Ich komme bald wieder, Daddy... am Sonntag...«
      Sie wankte in die eigentliche Station hinaus. Ehe sie die Schwingtüren erreicht hatte, hörte sie noch, wie ihr Vater seine Stimme erhob und sein liebstes Kirchenlied sang, »The Old Rugged Cross«. Aber die Worte waren seltsam verdreht und einige davon sogar obszön.
     
    Nicholas, der zum Essen eingeladen worden war, platzte bei seinem Erscheinen fast vor Aufregung. Er schwenkte den Brief, der seine Aufnahme am Central bestätigte, in der Hand und hielt sich mit der anderen die Nase, die zum Blumenkohl angeschwollen war. Nun war er schon eine halbe Stunde im Haus und redete immer noch unaufhörlich über den Brief, obwohl man das Thema für Averys Geschmack in zwei Minuten hätte abhandeln können, und selbst dann wäre immer noch genug Zeit für eine ausgedehnte Lesung der Suren des Koran gewesen.
      »Ist das nicht absolut phantastisch?« schwärmte Nicholas jetzt noch einmal.
      »Wunderbar genug jedenfalls, um deine Augen glänzen zu lassen«, entgegnete Tim lächelnd. »Komm, trink aus.«
      Avery, dessen Tonsur im Licht des Strahlers wie die Glasur von braunem Schokoladeneis glänzte, schnitt gerade einen Schweinebraten in dünne Scheiben, die sich in weichen, rosigen Wellen auf eine Marmorplatte senkten. Daneben standen Erdnüsse und Chilies. Die Tomatensuppe wurde in dem Turmtopf warmgehalten. Basilikum, das im vergangenen Sommer gepflückt und sofort in einem Eiswürfel tiefgefroren worden war, taute in einer Tasse auf. Avery bewegte sich zielstrebig zwischen seinen kulinarischen Mysterien und nippte am Doisy Däene sec. Er war fast zufrieden. Fast, aber eben nicht ganz. Eine Wolke, nicht größer als die Lüge eines Mannes, verdunkelte immer noch seinen Horizont. Und eine kleine Szene - nicht einmal eine Szene, eher ein Augen-blickchen - war in sein Gedächtnis eingebrannt.
      Tim und Esslyn, wie sie mit zusammengesteckten Köpfen im Vereinsraum gestanden hatten wie zwei große dunkle Klingen. Esslyn hatte sehr leise gesprochen. Als Avery hereingekommen war, hatten sich die beiden sofort getrennt, zwar nicht schuldbewußt (Tim war nie schuldbewußt), aber trotzdem sehr rasch. Avery hatte diese Last tagelang mit sich herumgeschleppt, ehe er beiläufig fragte, um was es bei dieser faszinierenden Unterhaltung eigentlich gegangen sei. Tim hatte behauptet, sich an den fraglichen Zeitpunkt überhaupt nicht mehr erinnern zu können. Ganz klar eine indirekte Lüge. Das war schlimm genug. Avery

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