Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
willst, bleibe ich für Wanja hier... ich muß ja nicht sofort nach London...«
»Nein, Nicholas.« Harold unterbrach den Jungen mit einer einfachen Geste. »Ich kann nicht mit jemandem arbeiten, der meine Fähigkeiten als Regisseur weder zu schätzen noch zu respektieren weiß.«
»Oh. Natürlich. Ich möchte aber trotzdem zum Vorsprechtermin kommen... ist das in Ordnung?«
»Jeder«, antwortete Harold, und etwas Lehrerhaftes kam bei ihm zum Vorschein, »kann vorsprechen.«
Nachdem er gegangen war, lächelten sich die beiden jungen Leute an; sie feierten ihre Begegnung und ihre gegenseitige Bewunderung.
»Wirst du am Freitag hingehen?« fragte Cully.
»Ich denke schon. Vielleicht hat er sich bis dahin ja wieder abgeregt.«
»Dann gehe ich auch hin.«
»Das würdest du tun?«
»Wieso nicht? Ich muß nicht vor Ende Januar zurück sein. Und ich gäbe alles dafür, die Jelena spielen zu dürfen. Wir könnten uns unsere Rollen doch gemeinsam und auf unsere Weise erarbeiten.«
»Himmel, das wäre ja phantastisch.«
Cully öffnete ihre schönen Lippen ein wenig und lächelte wieder. »Der Meinung bin ich allerdings auch«, sagte sie.
Barnaby und Troy waren im Büro von Hartshorn, Weather-wax und Tetzloff. Mr. Ounce, der Esslyn Carmichaels Angelegenheiten regelte, war freundlich, wenn auch etwas herablassend. Seine ganze Art drückte aus, daß er es nicht gewohnt war, mit der Polizei umzugehen. Dennoch hoffte er, da ihm nun einmal diese Bürde aufgetragen worden war, daß er sich so gut benehmen könne wie jeder andere auch.
Aber wenn Barnaby insgeheim erwartet hatte, hier in dieser Anwaltskanzlei einen dunklen Fleck im Leben des Ermordeten zu entdecken, dann hatte er kein Glück. Mr. Ounce konnte dem nüchternen Inhalt, den Barnaby im Schreibtisch von White Wings gefunden hatte, nur sehr wenig hinzufügen. Auf Carmichaels Konto waren keine größeren Geldbeträge ein- oder abgegangen, alles war deprimierend gut geordnet, die Bilanz genauso, wie man sie erwartet hätte. Das einzige, was nun noch blieb, war das Testament, dessen Inhalt er jetzt hören würde. (Er hatte angeboten, auf die offizielle Weise zu verfahren und erst zum Magistrat zu gehen, aber Mr. Ounce hatte großzügig darauf verzichtet, weil er meinte, die Todesumstände seien hier eine ausreichende Begründung für die Eile.)
Das Dokument war kurz und knapp. Seine Witwe würde das Haus und einen ansehnlichen Unterhalt für sich und das Kind erhalten, solange sie den mütterlichen Pflichten in angemessener Weise nachkam. Carmichael junior würde an seinem einundzwanzigsten Geburtstag den gesamten Zaster kriegen, und im Falle eines vorzeitigen Ablebens des Kindes würde alles, einschließlich White Wings, an den Bruder in Ottawa gehen. Mr. Ounce legte das Pergament wieder in die Dokumentenbox zurück und ließ das Schloß zuschnappen.
»Fein säuberlich geregelt«, urteilte Barnaby.
»Ich muß gestehen, daß mein guter italienischer Assistent hierbei etwas nachgeholfen hat, Herr Chefinspektor.« Er stand von seinem alten ledernen Bürostuhl auf. »Wir können doch nicht zulassen, daß alles immer nur nach dem Wunsch der Damen geht, oder?«
»Mensch«, sagte Troy, als sie wieder im Revier waren und sich mit einem starken Kaffee aufwärmten. »Ich wäre zu gern eine Fliege an der Wand, wenn Kitty das hört.«
Barnaby schwieg. Er saß hinter seinem Schreibtisch und pochte mit den Fingernägeln der einen Hand an die der anderen Hand. Eine Angewohnheit, der er immer dann frönte, wenn er tief in Gedanken versunken war. Es brachte Troy um den Verstand. Er fragte sich, ob er nicht für eine schnelle Kippe nach draußen gehen könne, als sein Chef plötzlich die Stille brach.
»Ich habe ein Problem mit dem zeitlichen Ablauf, Sergeant...« Troy setzte sich auf. »Es gibt nun wirklich genug Methoden, einen Mann zu töten. Wieso ausgerechnet vor hundert Zeugen... das Risiko hinter den Kulissen auf sich nehmen... das Herumfummeln an dem Rasiermesser, wenn man ihm doch genausogut irgendwo bequem im Dunkeln hätte auflauern können?«
»Ich glaube, damit hätte derjenige eher Kitty eins ausgewischt, Chef. Wenn jemand es bei ihm zu Hause versucht hätte, dann wäre sie die erste gewesen, die wir verdächtigt hätten.«
»Ein gutes Argument.«
»Jetzt dagegen kommt auch der Liebhaber als Täter in Frage«, redete Troy ermutigt weiter, »vor allem seit wir entdeckt
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