Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
nur bekam, was man wollte, wenn man wollte, was man bekam.
»Finde dich damit ab«, hätte ihre Mutter ihr in diesem Fall geraten. »Ich werde mich damit abfinden.« Daß sie das immer gesagt hatte, daran erinnerte sich Janet noch sehr gut. Diesen Ausspruch hatte sie immer dahingehend gedeutet, daß man nicht genau das kriegte, was man wollte, daß das aber immer noch besser war als gar nichts.
Kaum hatte Janet entschieden, sich mit dem schmerzlichen Verlangen nach menschlichem Kontakt zufriedenzugeben, mit einem Hauch von Wärme, der einem das Leben erträglich machte, da schnürte es ihre Brust zusammen. Bitterlich weinend, tauchte sie ihr Gesicht in die duftenden Rosen.
Christopher und Suhami hatten sich ins Büro zurückgezogen. Sie schaute aus dem Fenster, er saß an dem einbeinigen Tisch, an dem Barnaby die Verhöre durchgeführt hatte. Neben Christophers Fuß stand ein kleiner Schweinslederkoffer, und auf dem Tisch lag ein großer, unverschlossener Briefumschlag. In dem seit drei Tagen nicht mehr benutzten Raum bildete sich auf allen Gegenständen schon eine dünne Staubschicht.
Das Paar unterhielt sich über den Tod. Suhami mit der getriebenen Gereiztheit eines Menschen, der sich verpflichtet fühlt, eine alte Wunde zu begutachten, Christopher, der langsam ebenfalls mürrisch wurde, mit großen Widerwillen.
»Es ist unmöglich, oder?« sagte sie. »Sich vorzustellen, wie es sich anfühlt, tot zu sein. Man stellt sich vor, bei der eigenen Beerdigung anwesend zu sein. Man sieht, wie die Trauergäste weinen. Man sieht die vielen Blumen. Dennoch, man muß leben, um sich dieses Bild ausmalen zu können.«
»Ich denke schon. Können wir nicht über etwas anderes sprechen?« Sie antwortete ihm nicht. Ungeduldig stellte er den Koffer auf einen Stuhl mit gerader Lehne. »Wir könnten die Sachen deines Vaters durchsehen?«
»Was gibt es da durchzusehen? Das sind nur Klamotten. Wenn jemand nächstes Mal nach Causton fährt, soll er die Sachen in den Laden einer wohltätigen Organisation tragen.«
»Und da ist noch dieser Umschlag.«
»Ich weiß, ich weiß. Ich habe den Empfang quittiert, nicht wahr?«
»Beruhige dich.« Er schüttete den Inhalt auf den Tisch. Guys Brieftasche, seine Schlüssel, ein Taschentuch, ein Zigarrenabschneider und ein Feuerzeug. Ein leeres braunes Glasröhrchen. Eine kleine Karte, zerknittert, als habe sich jemand daran festgehalten. Eingraviert war eine Nachricht von Ian und Fiona (Besitzer). Christopher drehte die Karte um. Eine Elfe mit Schuhen, deren Spitzen hochgebogen waren, zeigte mit einem Stab auf eine kursiv gesetzte Zeile: Sie zu erfreuen ist unser wahres Anliegen. Wm. Shakespeare. Und da war noch etwas anderes im Umschlag. Ganz unten im Knick.
Christopher fuhr mit der Hand hinein und holte die Armbanduhr heraus. Diesen ungewöhnlich schönen, nur aus Juwelen, Edelmetall und geschliffenem Glas bestehenden Gegenstand nahm er in die Hand. Er hielt den Atem an (er konnte nicht anders) und spürte, wie sie sich umdrehte. Als er aufschaute, beobachtete Suhami ihn. Ihr Gesichtsausdruck war nicht zu deuten. Er legte die Uhr auf den Tisch. Auf dem dunklen Rosenholz funkelte sie wie ein Stern. Als er endlich wieder sprechen konnte, ohne sich seine Habsucht anmerken zu lassen, sagte er: »Was meinst du? Sollten wir diese Sachen deiner Mutter geben?«
»Wohl kaum.« Suhami trat näher. »Das letzte, was sie brauchen kann, sind Erinnerungsstücke. Ihren derzeitigen Zustand hat sie ihm zu verdanken.«
»Dieses Röhrchen ist leer.«
»Herztabletten.«
»Dann hatte er also noch Zeit, sie einzunehmen.«
»So scheint es.«
»Da steckt noch was in seiner Brieftasche.« Das metallischcremefarbene Lederbehältnis mit den großen Krokodilschuppen war auf einer Seite ausgebeult. Als Christopher die Finger in das Fach schob, flog Konfetti heraus. Ein paar Schnipselchen fing er mit der Hand auf. »Das ist Geld.«
»Wie grotesk.« Suhami musterte die verstreuten Fragmente.
Auf einmal wurde sie unerklärlicherweise von Angst ergriffen. »So etwas würde er niemals tun. Es sei denn...« Für einen Sekundenbruchteil sah sie Guy in extremis, wie er schlagartig die Sinnlosigkeit seines Reichtums erfaßte und symbolisch einen großen Geldschein zerriß. Gleich darauf wurde ihr klar, wie sentimental und unsinnig dieses Bild war.
»Es sei denn was...?«
»Keine Ahnung. Er war... ziemlich am Ende. Emotional
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