Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
Hintergrund waren zwei Tauben abgebildet. Eine hatte lange Wimpern und trug eine Schürze, die andere war bis auf ein Büschel weißer Federn splitterfasernackt. Die mit den weißen Federn schlang einen Flügel um die Mitte der anderen. Darunter standen Kens und Heathers Namen und nach Kens (in Klammern): »Intuitiver Diagnostiker, Autor, Chaneller«. Heather wurde als »Heilerin, Autorin, Priesterin« angekündigt. Sie meinte: »Das müßte die Leute doch anziehen. Ich hoffe, wir werden den Kurs durchführen können, ich meine, bei dem ganzen Durcheinander.«
»Ich empfange deine Schwingungen, Heth«, sagte er und nahm sein Bein herunter. »Entspann dich bitte. Ich muß dir etwas mitteilen.«
»Oh - was gibt es denn?« Etwas umständlich setzte sich Heather mit überkreuzten Beinen auf den Boden.
»Tja, du kennst ja meine Devise - erledige niemals eine Sache, wenn du gleichzeitig drei erledigen kannst.« Heather nickte. »Nun, während ich die Poster abzog, bemühte ich auch mein Gedanken-Energie-Netz, um mit Hilarion in Verbindung zu treten und ihn nach unserer Zukunft hier zu fragen.«
»Brillant. Was hat er gesagt?«
»Er hat mir nichts gesagt, dieser alte Halunke - uups!« Ken legte den Kopf auf den Schoß und die Hände darauf, als müsse er sich vor Steinschlag schützen. »Entschuldige, Hilarion...«, rief er durch die Finger. »Das war nur ein Scherz.« Dann setzte er sich wieder auf und fuhr fort: »Aber er rückte mit anderen Informationen heraus. Gewährte mir einen kompletten Ausblick auf die kosmische und globale Lage. Der Gute spielte ganz eindeutig auf die Löcher in der Ozonschicht an und - wo wir schon von einer Veränderung der Paradigmen sprechen -darüber müssen wir uns keine Sorgen machen.«
»Was? Ich fasse es nicht...« Hoffnung und Skepsis spiegelten sich auf Heathers glänzendem Antlitz.
»Es ist wahr. Kommt direkt von ganz oben. Weißt du, wie sich das Wasser teilt, wenn ein Baby geboren wird? Nun, wir haben es mit genau demselben Prozeß zu tun. Wie wir alle wissen, findet just in diesem Augenblick ein großer spiritueller Erguß aus dem Reich der Engel statt. Wie sollte das möglich sein, wenn die Öffnungen nicht im Himmel beschlossen worden wären?«
Seine Frau klatschte vor Verwunderung in die Hände. »Daran habe ich nie gedacht.«
»Na, wenn das nicht profund ist. Dieser raffinierte Fuchs.«
»Dann sind diese neuen Aerosoldinger und Kühlschränke und alles also -«
»Reine Zeitverschwendung.«
Heather sprang auf. »Das müssen wir unbedingt den anderen sagen.
»Und hinterher der restlichen Welt.«
Auf dem Weg zur Küche warf Ken in der Halle einen Blick auf die »Fühlst-du-dich-schuldig«-Schale. Heute lag kein Geld drin, aber er entdeckte etwas anderes. Einen Schlüssel mit einem Anhänger, auf dem »25« stand. Der Schlüssel zu Trixies Zimmer.
Am Nachmittag herrschte große Hitze. Beide Fenster in Barnabys Büro standen offen, doch kein Lüftchen regte sich. Die Polizistin Brierley feierte ihren zweiundzwanzigsten Geburtstag. Klugerweise war jemand auf die Idee gekommen, Eis, ein großes Netz Zitronen und eine Auswahl an Kuchen- und Tortenstücken zu besorgen. Aus Furcht, daß ihm die Füllung auf sein Hemd oder auf die auf dem Schreibtisch angehäuften Unterlagen tropfte, unter denen sich auch der eben angelieferte Bericht vom Schauplatz des Mordes befand, hielt der Chief Inspector ein Glas frischgemachter Zitronenlimonade steif in der einen Hand und knabberte vorsichtig an seinem Donut.
Das mehrstimmig vorgetragene Geburtstagsständchen drang durch die offenstehende Tür. Ihm fiel auf, daß sich sein Sergeant auf Audreys Schreibtisch gepflanzt hatte. Troy hielt ein paar Computerausdrucke in Händen und sang aus voller Kehle mit, während sein Blick auf ihren schwarzbestrumpften Beinen ruhte.
Sie hat sich in den letzten drei Jahren gut entwickelt, die kleine Audrey, dachte Barnaby. Anfangs war sie relativ schüchtern gewesen, hatte keinen Schimmer gehabt, wie man mit der koketten Anmache und den chauvinistischen Herabsetzungen, die wie siamesische Zwillinge miteinander in Beziehung standen, umgehen mußte. Die Mädchen, die blieben, wurden im Lauf der Zeit härter im Nehmen. Während Barnaby zusah und gerade noch verhindern konnte, daß das rote Gelee auf sein Hemd fiel, beugte sich Troy mit dem Blick eines Jägers vor, murmelte etwas und zwinkerte. Audrey zwinkerte und murmelte ebenfalls ein
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