Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
Trick wie der Sache mit dem Whisky verstandesmäßig nicht in der Lage war.«
»Ich kann das alles gar nicht fassen«, gestand May. »Es ist einfach zu grauenvoll.«
Mit feuchten Augen nickten die Beavers zustimmend.
Barnaby richtete seine Aufmerksamkeit auf Arno, der sich bislang nicht geäußert hatte. Er saß ein wenig abseits, den linken Fuß - eingepackt in einen dicken weißen Verband - auf einen Metallständer gelegt. Er hatte den Alkohol noch längst nicht verdaut und außerdem noch eine Handvoll Schmerztabletten und eine Tetanusimpfung verabreicht bekommen. Ihn beschäftigte Mays ambivalente Reaktion auf seine Avancen. Gleichzeitig hatte er das Gefühl, als habe jemand seinen Kopf in Baumwolle gebettet. Er war sich fast sicher, nicht wirklich abgewiesen worden zu sein. Andererseits war es schwierig, sich wegen des Durcheinanders in dieser Hinsicht hundertprozentige Klarheit zu verschaffen.
Trotz des von Medikamenten und Alkohol vernebelten Verstandes und den Träumen, denen er nachhing, spürte er, daß jemand etwas von ihm wollte, und bemühte sich, einigermaßen klar zu werden. Der Chief Inspector starrte ihn - so deutete Arno Barnabys Blick - anklagend und fragend an. Schlagartig fühlte er sich beschissen. Alles war genau so gekommen, wie er es seit langem befürchtet hatte.
»Tut mir leid...« Nun schauten alle zu ihm hinüber, sogar May. O Gott - selbst May. »Ich fürchte, ich habe nicht zugehört.«
Barnaby wiederholte seine Aufforderung. »Ist es nicht an der Zeit, daß Sie mit der Wahrheit rausrücken, Mr. Gibbs?«
»Wieso sagen Sie das zu mir?« Arnos Gesicht nahm die Farbe seiner Bandage an.
»Ich denke, Sie kennen die Antwort.« Barnaby legte eine Pause ein; als Arno beharrlich schwieg, fuhr er fort: »Ich frage Sie, weil Sie sich ganz offensichtlich Sorgen um den Jungen gemacht haben. Weil Sie versucht haben, mich davon abzuhalten, mit ihm zu sprechen, und Sie mir im Verlauf des eigentlichen Verhörs permanent dazwischengefunkt haben.« Da Arno auch jetzt noch nicht zum Sprechen zu bewegen war, übte er stärkeren Druck aus. »Nur zu, Mr. Gibbs. Jetzt kann ihm keiner mehr weh tun.«
»Nein.« Arno hob den Blick. »Das ist wahr.« Zögernd begann er mit seiner Erklärung und schaute dabei Andrew an.
»Der Tod deines Onkels war, wie ich meine, ein Unfall, wenngleich ich fürchte, ein Richter könnte das anders sehen. An jenem bewußten Tag wollten wir zu dritt in die Stadt fahren, wie ich das bei der Anhörung ausgesagt habe. Tim und ich stellten frische Blumen in den Solar, während wir auf den Meister warteten, der Tims Mantel holen wollte. Plötzlich hörten wir laute Stimmen. Ich rannte los, um nachzusehen, was da los war. Der Meister kam aus Tims Zimmer, gefolgt von Jim. Sie stritten miteinander. Was mich erstaunte, zumal ich Jim bis dahin noch nie so erlebt hatte. Auf dem Treppenabsatz blieben sie stehen. Jim versperrte dem Meister den Weg und rief: >Ich werde dir das nicht erlauben. Ich werde allen verraten, was ich weiß - allen.< Er packte den Meister an den Schultern, als habe er vor, ihn zu schütteln. Als nächstes - das passierte so schnell, daß ich gar nicht reagieren konnte - hörte ich... tja, wie soll ich es beschreiben... lautes Gebrüll, und Tim lief die Galerie runter, packte Jim und schob ihn weg. Dabei fiel er rückwärts die Stufen hinunter und brach sich das Genick.« Beim Sprechen hatte Arno nach und nach den Blick wieder zu Boden gesenkt. Jetzt jedoch zwang er sich, Andrew Carter anzublicken. »Er hat nicht gelitten. Daß das kein großer Trost ist, weiß ich.«
»Du hast recht. Das ist es nicht.«
»Nachdem klar war, daß wir nichts mehr für ihn tun konnten - und wäre dem so gewesen, hätten wir alles in unserer Macht Stehende getan -, dachten wir beide nur noch daran, Tim vor der Polizei zu schützen. Wir wußten, daß die Polizei etwas unternehmen mußte, auch wenn der Junge nicht die Absicht gehabt hatte, jemandem Schaden zuzufügen. Der Meister rechnete damit, daß Tim des Totschlags beschuldigt und als... falls das die richtige Bezeichnung ist... >nicht zurechnungs-fähig< befunden werden würde. Auf jeden Fall hätte er ins Gefängnis gemußt, man hätte ihn womöglich sogar mit anderen zusammen in eine Zelle gesperrt, mit solchen Typen, die ihm früher weh getan haben. Oder man hätte ihn in eine Anstalt überwiesen. Ihn mit Medikamenten vollgepumpt, um ihn ruhigzustellen ... da hätte er dann Monate
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