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Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Titel: Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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torfigen, holzigen Geruch. Mit zwei Schlucken leerte er das Glas.
      Zu der schrecklichen Vermutung, daß seine Tochter ihn verstoßen hatte, gesellten sich Irritation über und Abneigung gegen den Verstorbenen. Eigentlich war geplant gewesen, daß sie sich noch mal unterhielten. An diesem zweiten Gespräch hatte Guy viel gelegen. Weder Craigies Haltung noch seine Worte hatten einen Hinweis darauf gegeben, daß Guy nicht als Gewinner aus dem ersten Gespräch hervorgegangen war. Das ’Wissen, verloren zu haben, setzte ihm jetzt gehörig zu. Ihm kam es so vor, als hätte er den Eindruck eines Mannes erweckt, der sein übersteigertes Ego nicht kontrollieren kann. In Wirklichkeit hatte er mehr drauf. Schließlich hatte das Leben ihn zu dem gemacht, was er war. Niemand, der es nicht selbst erlebt hatte, wußte, was es hieß, sich aus der Gosse emporzuarbeiten.
      Keiner wußte um die Energie, die Entschlossenheit, die Kosten, die solch eine Transformation erforderten. Einen Augenblick der Schwäche, und schon lag man wieder im Dreck und bekam Dutzende von Fußtritten ab. Hätte er die Chance gehabt, Craigie davon zu erzählen...
      Guy erinnerte sich an die Ruhe in jenem leeren, stillen Raum. Daß es ihm kurze Zeit vergönnt gewesen war, die Bürde abzulegen, der große Guy Gamelin zu sein. Eine Bürde, von der er bis dahin nicht gewußt hatte, daß er sie trug. Falls er zurückging, falls man es ihm erlaubte, dorthin zurückzukehren, würde dort immer noch diese Stille herrschen? Vermochte sie wirklich Heilung zu bringen?
      Als diese Fragen ihm durch den Kopf gingen, erboste ihn die damit verbundene Leichtgläubigkeit. Craigie war ein Betrüger, richtig? Richtig. Ein Gauner, der mit Hilfe von Seide und Licht eine Nummer abzog. Vergiß das nicht.
      »Vergiß das nicht.« Heftig nickend tauchte Guy sein Glas wieder in den Eiskübel und schraubte die Whiskyflasche auf.
      Auf der Suche nach Ablenkung schaltete er den Fernseher ein und riß die Augen auf, um die verschwommenen Gestalten auf der Mattscheibe besser erkennen, voneinander unterscheiden zu können. Eine Frau, die abwusch, ein kleines Mädchen mit glänzendem Haar, das neben ihr auf einer Kiste stand.
      Ganz ernsthaft diskutierten sie über Fettreste. Die Frau zeigte ein gekünsteltes, mütterliches Lächeln und tupfte etwas Schaum auf die Nase des Mädchens. Guy wechselte den Kanal, aber der Schaden war angerichtet.
      Wieder aufflammende Entbehrung ergriff sein Herz. Letzten Endes begriff er, daß es tatsächlich zu spät war. Daß er all die Jahre nicht seine Tochter gewollt hatte - diese erwachsene Fremde -, sondern das Kind, das sie früher einmal gewesen war. Fleisch von seinem Fleisch. Die unerträgliche Hoffnungslosigkeit seines Wunsches überwältigte ihn. Schmerz entstellte seine Miene.
      Sein Blick fiel auf sein Spiegelbild auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers. Auf die Fettringe, die über den Unterhosenbund quollen, auf das nasse, plattgedrückte Brusthaar, auf dieses rote, teigige, verschwitzte Gesicht, auf die Whiskyflecken auf seinem Hemd. Angesichts dieser grobschlächtigen und widerwärtigen Kreatur bemächtigte sich starke Übelkeit seiner Eingeweide. Schlagartig spürte er eine entsetzliche Hitze. Guy preßte den Kopf zwischen die Knie.
      Das Zimmer schwankte, neigte sich erst auf die eine, dann auf die andere Seite. Er setzte sich wieder aufrecht hin und klammerte sich an der verzierten Armlehne fest. Ihm ging es nicht gut. Sich abstützend, kam er schwerfällig auf die Beine und bewegte sich in Richtung Badezimmer. Auf halber Strecke spürte er einen erstaunlich heftigen Stich in seiner Brust, als reiße ihm jemand den Brustkorb mit einer Spitzhacke auf. Schreiend und taumelnd hielt er inne und schaute sich um.
      Die Tabletten waren in seiner Jacke. Guy bewegte sich langsam, setzte einen Fuß vor den anderen. Seine Beine waren unbewegliche Säulen aus Marmor. Einen Schritt weiter warf ihn der zweite Stich um. Auf dem Rücken liegend, harrte er aus, bis das Schlimmste vorbei war. Ein paar Minuten stützte er sich auf einen Ellbogen und streckte den anderen Arm nach dem Tisch aus. Er erwischte den Rand der Obstschale.
    Verschob eine kleine Karte. Äpfel und Orangen, Trauben und Bananen fielen auf sein Gesicht und dann zu Boden. Unmöglich, es noch mal zu versuchen. Mit voller Wucht kehrte der Schmerz zurück. Guy ließ sich auf den Teppich fallen und von ihm verschlingen.
     
     

** EINE LÜGE MIT

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