Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
schlichten, teuren Visitenkarte in der Hand auf, die Barnaby laut las: »Sir Willoughby St. John Greatorex. Gut, Troy - dann holen Sie ihn mal rein.«
Der CID war in einem eigenen Gebäude untergebracht, das durch einen hohen, verglasten Übergang mit dem Hauptgebäude verbunden war. Um zum CID zu gelangen, mußte man eine ganz schöne Strecke zurücklegen, die jedoch nicht so lang war, wie Troy sie erscheinen ließ. Zuerst führte er Sir Willoughby durch die Abteilung für Verkehrsdelikte und dann zwei Treppen hoch. Er gab ein schnelles Tempo vor. Endlich in Barnabys Büro angekommen, schnappte der gutgenährte Herr nach Luft. Ohne eine Miene zu verziehen, meldete Troy ihn an und blickte dann vielsagend zur Decke hoch. Barnaby stellte sich vor und bot Kaffee an. Sir Willoughby tupfte seine Stirn mit einem seidenen Paisleytaschentuch ab und schlug das Angebot aus.
»Er ist sehr gut.«
»Das glaube ich gern, Chief Inspector. Unglücklicherweise darf ich nur noch eine Tasse pro Tag trinken, die ich mir heute schon drei Mal gegönnt habe.«
Der unter Magenverstimmungen leidende Barnaby nickte nicht ganz teilnahmslos. Seine Magenprobleme waren nichts anderes als die durchaus nachvollziehbare Reaktion auf schlichte Hausmannskost und fettiges, fritiertes Kantinenessen, wovon er sich jahrelang ernährt hatte. Er vermutete, daß Greatorex’ Magen und Darmtrakt nach jahrelangem Konsum superber Geschäftsessen und Dinners, auf denen päte de foie gras mit einem Glas Margaux gereicht wurde, ihm den Dienst versagten.
Sir Willoughby verfügte wirklich über eine beeindruckende Statur. Sein Anblick ließ einen unweigerlich an eine riesige tweedüberzogene Birne denken. Alles an ihm hing herunter. Die Nase, die Wangen, die faltigen Tränensäcke. Selbst seine Ohrläppchen erweckten den Anschein, beim leisesten Windstoß zu tanzen. Der Mann meldete sich wieder zu Wort.
»Andererseits kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, einen längeren und relativ unerfreulichen Vortrag vor mir zu haben, und daher dürfte es wohl kaum schaden, wenn ich noch ein weiteres Mal über die Stränge schlage.«
Keine Disziplin, diese Leute, monierte Troy und zog los, um das gewünschte Gebräu zu besorgen. Kein Funken Selbstbeherrschung.
Kurze Zeit später nippte Sir Willoughby vornehm an seinem Kaffee und fragte: »Vielleicht können Sie mir erklären, wie genau die Situation hinsichtlich Mr. Gamelin aussieht. Der Anruf, den ich gestern erhielt, war etwas inkohärent.«
Welch ausgeprägtes Taktgefühl! Barnaby stellte sich die Flüche und das bellende Gezeter vor, das aus dem Greatorex -Hörer geschallt hatte. Zweifellos würde Greatorex bei der Rechnungsstellung derlei Dinge berücksichtigen. Detailliert schilderte er den Stand der Dinge.
Sir Willoughby lauschte den Ausführungen des Mannes, der ihm erst vor kurzem als »ein aufsässiger Mistkerl mit einem Gesicht wie ein Rindersteak« beschrieben worden war. Geduldig legte er seine langen, verblüffend schmalen Finger auf die in eleganten Stoff gehüllten Beine, stöhnte auf und stellte seine fast volle Tasse auf den Schreibtisch des Inspectors. Sich an Troy wendend, fragte Willoughby: »Könnte ich möglicherweise ein Glas Wasser bekommen?«
Perverserweise setzte die Höflichkeit des Mannes dem Sergeant mehr zu als eine herablassende Behandlung. Er schwor sich, daß ihm niemals die Worte »Sir Willoughby« über die Lippen kommen würden. Und auch kein einfaches »Sir«, mit dem die meisten Erwachsenen Personen männlichen Geschlechts anredeten. »In Ordnung...« murmelnd, verließ er das Büro.
»Falls ich richtig verstanden habe«, sagte Sir Willoughby, »als ich mich vergangenen Abend mit Mr. Gamelin über die Angelegenheit unterhalten habe, wird er offiziell beschuldigt.« (»Die Mistkerle haben mich bei den Eiern, Will.«)
»Das ist nicht der Fall, aber wir werden ihn heute morgen noch mal vernehmen. Als Mr. Gamelins Anwalt -«
»Bitte.« Sir Willoughby hob abwehrend die Hände. »Ich bin der Anwalt der McFaddens und in erster Linie erschienen, um Mrs. Gamelin den Rücken zu stärken und sie zu schützen.«
Für einen flüchtigen Augenblick tat Gamelin Barnaby leid. Der arme Tropf hatte garantiert die Hosen bis zu den Knöcheln runterlassen müssen, um einen Fuß in diesen kleinen, exklusiven Familienclan zu kriegen. Das Wasser wurde gebracht. Troy stellte es auf die gegenüberliegende Schreibtischecke und trat ans
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