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Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Titel: Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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in Schach zu halten, und sie schien überhaupt keine Eile zu haben. Sekunden verstrichen, bevor sie zu sprechen begann, ihr höhnisch verzerrtes Gesicht gegen den Spalt preßte und mit ihrem bösen Mund eine abscheuliche Enthüllung nach der anderen durch die Öffnung spuckte.
      Und Amy war gezwungen zuzuhören, denn sie konnte die Tür nicht loslassen, mußte mit ihrem Körper dagegenhalten. Bald weinte sie hemmungslos angesichts der Abgründe, die sich vor ihr auftaten, aber Honoria hob einfach nur die Stimme und übertönte Amys verzweifeltes Schluchzen.
      Und dann, ganz plötzlich, war der giftige Strom versiegt. Amy wurde wieder etwas ruhiger. Sie horchte angestrengt in die Stille, lehnte sich mit all ihrer Kraft gegen die Tür und betete stumm um Hilfe. Ihr Gesicht war von der Anstrengung gezeichnet und glänzte vor Tränen.
      Plötzlich versetzte Honoria der Tür einen kräftigen Stoß, so daß Amy rücklings zu Boden flog. Honoria betrat den Raum, stellte sich über Amy und sah auf sie herab. Honorias häßliches Gesicht war leichenblaß, ihr Blick merkwürdig unstet. Speichel tropfte aus einem Mundwinkel.
      Amy rappelte sich hoch und bewegte sich langsam rückwärts, während sie verzweifelt den Blickkontakt zu Honoria hielt, die ihr plötzlich wie ein rasendes wildes Tier vorkam. Ihr überdimensionaler Schatten zeichnete sich an der weißen Wand ab.
      Amy stieß gegen den Rahmen des Schiebefensters. Sie tastete hinter ihrem Rücken nach dem Hebel. Was geschah, wenn sie das Fenster nicht hochschieben konnte? Dann mußte sie Honoria den Rücken zuwenden ... nur für eine Sekunde. Aber sie hatte keine Alternative.
      Amy wirbelte herum, streckte den Arm aus, zerrte und schob am Hebel. Doch der war rostig und klemmte. Sie sah über die Schulter zu Honoria. Die stand nur da, beobachtete sie und sagte kein Wort.
      Dann flog das Fenster krachend in die Höhe. Reine, kalte Luft schlug Amy entgegen. Sie stützte die Hände auf den Fenstersims und beugte sich hinaus, sah auf die lange Auffahrt und das offene Tor hinunter. Tief unten lag der breite, geflieste Treppenabsatz.
      Schwindel erfaßte Amy. Sie schloß die Augen und erlebte im Geiste bereits den schmerzhaften, tödlichen Aufprall ihres Körpers. Übelkeit stieg in ihr auf. Sie wandte sich ab.
      »Spring!« befahl Honoria.
      Amy schnappte vor Entsetzen ungläubig nach Luft.
      »Los doch!«
      Natürlich! Das war es, was sie wollte. Der Koffer und sein Inhalt verbrannt. Amy tot. Was konnte Honoria denn besseres widerfahren? Amys Selbstmord war die perfekte Lösung. Es war die Trauer um den verstorbenen Mann, fürchte ich, hörte Amy sie bereits sagen. Sie ist einfach nie darüber hinweggekommen. Hat oft davon gesprochen, ihrem Leben ein Ende zu bereiten. Aber ich hätte nie gedacht...
      Ein eiskalter Wind verfing sich in Amys Haar. Ralph beherrschte ihre Gedanken und Gefühle. Weder er noch sie waren gläubige Menschen gewesen. Aber angenommen, die Christen hätten doch recht und es gab ein Wiedersehen nach dem Tod? Amy verdrängte energisch die Gedanken. Sie würde Ralph nie wiedersehen. Und bei dieser Gewißheit durchzuckte Amy ein brennender Schmerz. So als wäre sie bereits gesprungen.
      »Spring!«
      »Nein!« Amys Züge wurden hart. »Das nehme ich dir nicht ab. Das mußt du schon selbst besorgen!«
      Honorias Miene verdüsterte sich, und sie stampfte böse mit den Füßen auf.
      »Ich wehre mich«, drohte Amy. »Und das läßt sich später feststellen. Sie schnappen dich.«
      »Meinst du wirklich, das macht mir was aus?« konterte Honoria voller Verachtung.
      »Es wird dir was ausmachen müssen!« schrie Amy. »Wenn du für viele Jahre hinter Gefängnismauern verschwindest ... eingepfercht mit Leuten, die du verachtest!«
      »Du bist sogar noch dümmer, als ich gedacht habe. Wenn du erst tot bist, bringe ich mich auch um. Wofür soll ich dann noch leben?« Die Verzweiflung dieser Worte, der morbide Haß gegen alles Leben, war für Amy unbegreiflich, erregte jedoch ihr Mitleid. Zum erstenmal sprach sie den Namen ihrer Schwägerin mit bewegter Stimme aus.
      Honoria kam behende auf sie zu und spuckte ihr ins Gesicht. Dann drehte sie Amy mit einer schnellen Bewegung herum, packte sie bei den Handgelenken und bog ihr die Arme auf den Rücken. Amy schlug mit den Füßen nach hinten aus wie ein tobsüchtiges Pferd. Sie traf Honoria an den Schienbeinen, tat sich dabei jedoch mehr weh als

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