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Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Titel: Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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dem Tod ihres Bruders hatte Honoria all ihre Zeit darauf verwendet, die direkte Linie seiner Abstammung zu erforschen und jede ihrer Entdeckungen mit so viel Beweismaterial zu belegen, wie sie ... und jetzt auch Amy ... nur finden konnten.
      Zahllose Schuhkartons voller Karteikartenbündel waren der schlagende Beleg für ihren Eifer. Ein großer weißer Kartonbogen lag - an allen vier Ecken beschwert - permanent auf dem Tisch. Darauf nahm allmählich der Stammbaum der Familie Gestalt an. Nach seiner Fertigstellung sollten sämtliche Details von einem echten Kalligraphen auf feinstes Pergament übertragen und mit Blattgold verziert, gerahmt und anschließend in der Eingangshalle aufgehängt werden.
      Amy war der ganzen Sache längst überdrüssig. Sie begriff einfach nicht, weshalb Honoria so besessen von der Vergangenheit war. Jedenfalls war es nicht typisch für die Lyddiards. Ralph oder Rafe, wie seine Schwester ihn immer noch beharrlich nannte, hatte keinen Klassendünkel gehabt. Er war zu allen gleichermaßen zwanglos freundlich, also im Gegensatz zu seiner Schwester einfach ein Menschenfreund gewesen.
      Honoria dagegen war der reinste Misanthrop. Besonders was die Mitglieder der unteren Schichten betraf. »Linke Bazillen! Vermehren sich wie die Karnickel!« lautete einer ihrer noch moderateren Sprüche. Ihr aristokratischer Dünkel bewegte sich in schwindelnden Höhen!
      Ralph hatte sich darüber lustig gemacht und nicht verstanden, warum Amy es ihm nicht gleichtat. Aber diese hatte Honorias These vom natürlichen Adel des Blutes< alles andere als komisch empfunden. Für sie war eine solche Philosophie vom Herrenmenschen inhuman, wenn nicht gar kriminell.
      »Hörst du mir überhaupt zu?«
      »Ja, Honoria.«
      Amy ging die Lüge leicht über die Lippen. Jeder Gedanke an ihren Mann pflegte sie in einen Strudel unglücklicher Erinnerungen zu reißen. Schon deshalb war sie froh, in die Wirklichkeit zurückgerufen zu werden. Sie schnitt ein Stück Plastikfolie ab und legte es über ein Tablett mit Snacks aus runden Vollkorncrackern mit Frischkäse und Spargelspitzen. Honoria schimpfte noch immer wegen des Spargels, obwohl die Büchse um den halben Preis heruntergesetzt gewesen war. Amy hatte ihren Kauf damit verteidigt, daß jeder zu Ehren des bekannten Gastautors etwas Besonderes beisteuern werde.
      »Wofür haltet ihr eigentlich diesen Mann? Für die Reinkarnation von William Shakespeare?« hatte Honoria gewettert. »Falls von den Häppchen etwas übrigbleibt, sieh gefälligst zu, daß wir sie wieder mitnehmen.«
      Amy machte ihr zweites Tablett fertig. Gurkensandwiches mit selbstgemachter Mayonnaise. Sie hätte viel lieber gekaufte Mayonnaise benutzt, die nicht nur milder im Geschmack war, sondern auch eine bessere Konsistenz hatte und damit verhinderte, daß die Sandwiches bald wie durchgeweichte Schuhsohlen aussahen. Aber in Gresham House galt Markenmayonnaise als unsinniger Luxus.
      »Ich kann diese Aufregung wirklich nicht verstehen«, fuhr Honoria fort. »Laura will etwas aus dieser lächerlich teuren Patisserie besorgen, und Susan backt einen Kuchen. Sicher zaubert sie wieder etwas aus diesem unappetitlichen Hamsterfutter, von dem sich die ganze Familie zu ernähren scheint.«
      »Sue macht eine glasierte Karottentorte.«
      »Dieser Jennings kommt von High Wycombe.« Honoria hatte bereits ihren alten Barbour angezogen und setzte einen Tweedhut auf ihr kurzes, glattes und eisgraues Haar. »Und nicht vom Nordpol.«
      »Wohin gehst du?« fragte Amy, die lediglich interessierte, wie lange die Schwägerin fort sein würde.
      »Nur zu Laura.«
      Käme Max Jennings vom Nordpol, würde er sich in Gresham House wie zu Hause fühlen, sinnierte Amy vor sich hin und fröstelte trotz dicker Pullover, Wolljacke, Strumpfhose, Fußwärmer und Winterstiefel.
      Amy ging in die Bibliothek. Honoria, die ihr Tagespensum am Schreibtisch erledigt hatte, ließ das Feuer im Kamin ausgehen. Amy beugte sich über die grau-weiß glimmenden Reste und rieb sich die steifgefrorenen Finger. Sie überlegte, ob sie in den Keller gehen und dem altmodischen Heißwasserspeicher einen Tritt versetzen sollte. Der gefräßige Brenner mit Holzfeuerung sollte ein Röhrensystem mit warmem Wasser versorgen. Die einzige Alternative zu brutaler Gewalt waren drei Bedienungshebel. Leider zeigte keine Bedienungsvariante zufriedenstellende Ergebnisse. Das Röhrensystem hielt die Innentemperatur knapp über

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