Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
beleidigend.« Mr. Blakeleys blasse Wangen färbten sich bei der Erinnerung zart rot. »Er fragte, wie lange es dauern würde und schien sehr verzweifelt, als ich sagte, man könne diese Dinge nicht überstürzen. Ich muß gestehen, diese Reaktion machte mich äußerst mißtrauisch. Sie finden das vielleicht ziemlich herzlos, Chief Inspector.«
Barnaby deutete durch eine vage Handbewegung an, daß das keineswegs der Fall wäre.
»Man sollte sich jedoch nicht auf sein Herz verlassen, wenn man mit anderer Leute Geld umgeht, sondern auf einen kühlen und rationalen Verstand. Je ruhiger ich blieb, um so ungehaltener wurde Mr. Hollingsworth. Er rief noch mehrere Male im Laufe des Tages an und wurde immer aufdringlicher. Schließlich sah ich mich gezwungen, meine Sekretärin anzuweisen, sie solle mich verleugnen. Ich unternahm dann in der Angelegenheit, so viel mir eben möglich war, da ich übers Wochenende wegfahren wollte, und bin früh nach Hause gegangen. Meine Frau und ich waren zu einer Hochzeit in Surrey eingeladen und sind über Nacht geblieben. Als wir am Sonntagmorgen gegen elf zurückkamen, waren mindestens ein Dutzend verzweifelter Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter. Ich habe ihn sofort zurückgerufen.«
»Das war der Anruf, von dem wir wissen?«
»Ja. Ich hab ihm versichert, ich würde alles tun, um die Sache zu beschleunigen. Er schien wütend, daß ich nicht an meinem Schreibtisch geblieben war, bis ich alles geregelt hatte.« Vor Empörung schniefte Mr. Blakeley so heftig, daß seine stark behaarten Nasenlöcher einen Augenblick zugingen. »Er wurde so hysterisch, daß ich alles in Bewegung setzte, um den Kredit früh am nächsten Morgen bereit zu haben. Und dann, Sie werden es kaum glauben, weigerte er sich, ihn abholen zu kommen! Er sagte, es ginge ihm zu schlecht, um selber zu fahren, und ich muß zugeben, so hörte er sich auch an.«
»Was haben Sie dann gemacht, Mr. Blakeley?«
»Ich hab das Geld - es bestand aus kleinen Scheinen, was mir überhaupt nicht gefiel - in meinen Aktenkoffer gepackt, ihn abgeschlossen, und bin nach Fawcett Green gefahren. Alles höchst unüblich.«
»Und in welcher Verfassung haben Sie Mr. Hollingsworth vorgefunden?«
»Es ging ihm sehr schlecht. Ich habe ihn kaum erkannt.« Mr. Blakeley entdeckte eine haarfeine Verschiebung zwischen den DIN-A4-Seiten und rückte sie gerade. »Und er war betrunken. Das hatte ich allerdings schon am Telefon bemerkt.«
»Hat er irgendwann erwähnt, wofür das Geld wäre?«
»Nein.«
»Haben Sie nicht danach gefragt?«
»Aus unserer Sicht war das eigentlich irrelevant. Die Firma würde gut und gerne die Schulden decken, sollten wir sie einfordern müssen.«
»Aber Sie müssen doch neugierig gewesen sein, Mr. Blakeley. Haben Sie sich denn keinen Gedanken darüber gemacht?«
»Man will ja nicht melodramatisch erscheinen«, sagte Mr. Blakeley, der in seinen Jimmy-Cagney-Klamotten wie das leibhaftige Melodram wirkte, »aber ich hab mich tatsächlich gefragt, ob er vielleicht erpreßt würde. Ist natürlich nur schwer vorstellbar - bei einem Menschen, den man kennt.«
»Worüber haben Sie sonst während Ihres Besuchs dort gesprochen?«
»Über nichts. Er hat mir die Tasche praktisch aus der Hand gerissen und mir die Tür gewiesen.«
»Haben Sie nach dieser Begegnung noch irgendwas von ihm gehört?«
Mr. Blakeley schüttelte den Kopf. »Erst als Penstemon anrief und uns mitteilte, daß er gestorben sei.«
»Haben Sie eine Vorstellung, wie es mit der Firma weitergehen wird?«
»Überhaupt keine. Aber ich hoffe, daß ich mich Anfang nächster Woche mit Mr. Burbage treffen werde.«
»Was ist mit Mrs. Hollingsworth, Sir? Hatte sie ein Konto hier? Vielleicht gemeinsam mit ihrem Mann?«
»Nein, gar nichts. Trotzdem hab ich ihr natürlich geschrieben und mein Beileid ausgedrückt. Und ihr in jeder Weise Rat und Unterstützung angeboten.«
Na großartig. Sergeant Troy klopfte und schüttelte ergebnislos an seinem Kuli herum, bis er schließlich einen Ersatzstift aus seiner Brusttasche nahm. Was die braucht, die Ärmste, ist ein bis an die Zähne bewaffnetes Einsatzkommando, das - wo auch immer sie sich befindet - das Haus stürmt und die Kellertür eintritt.
»Ich fürchte, die Dame ist nicht mehr in Nightingales«, sagte Barnaby. »Sie ist vor einer Woche verschwunden.«
»Noch mehr Theatralik«, seufzte Mr. Blakeley, wobei er
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