Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
noch das eine oder andere ergeben, nachdem alle übrigen Fahrgäste befragt worden waren.
Inzwischen kamen kleckerweise weitere Informationen herein. So stellte sich heraus, daß Mrs. Hollingsworth kein Konto bei Lloyds hatte, wie ihr Mann bei ihrer ersten Begegnung gegenüber PC Perrot behauptet hatte. Das war nicht weiter überraschend. Auch nicht, daß British Telecom bestätigte, ihnen seien keine Störungen bei dem Anschluß von Alan Hollingsworth gemeldet worden. Und daß er aufgeschlüsselte Rechnungen erhalte.
Auf letzteres reagierte Sergeant Troy wie zu erwarten mit einer zynischen Bemerkung. »Jetzt wissen wir, warum sie den öffentlichen Fernsprecher benutzt hat. Um heimlich ihren Lover anzurufen.«
Nachdem er diese Einsicht des Tages präsentiert hatte, verschwand Troy, um sich mit der nötigen Dosis Nikotin zu versorgen, und überließ es Barnaby, über diese ziemlich naheliegende, aber nicht notwendigerweise richtige Schlußfolgerung nachzudenken. Wenn man bedachte, wie labil und eifersüchtig Hollingsworth war, war es durchaus möglich, daß seine Frau einfach mit einer Freundin gesprochen hatte. Wenn man davon ausging, daß sie überhaupt eine hatte. Vielleicht würde man bei den nun gestarteten umfassenden Ermittlungen auf die eine oder andere ehemalige Kollegin stoßen. Simone Hollingsworth mußte doch bei all diesen Jobs, die sie laut Avis Jennings im Laufe der Zeit gehabt hatte, eine ganze Menge Leute kennengelernt haben.
Ein kleiner Ausschnitt des Hochzeitsfotos, der die Braut in Nahaufnahme zeigte, war von der Pressestelle herausgegeben worden. Gekoppelt mit der Nachricht von der Entführung (und unter der Voraussetzung, daß während der nächsten Stunden nichts Schlimmeres passierte), würde es sicher auf die Titelseite der nächsten Ausgabe des Evening Standard kommen. Und einen Tag später würden dann die Boulevardblätter und vielleicht sogar ein oder zwei größere Zeitungen die Geschichte bringen, hoffentlich ebenfalls auf der ersten Seite.
Die Öffentlichkeit um Hilfe zu bitten, war mittlerweile bei schweren Verbrechen Routine, allerdings war das zweifellos eine zweischneidige Sache. Gelegentlich mochte es ja ein Segen sein, doch sehr viel häufiger erwies es sich als Verschwendung kostbarer Zeit und Arbeitskraft. Die unterschiedlichsten Menschen genossen es nämlich, irgendwie an einer offiziellen Ermittlung beteiligt zu sein. Die meisten waren zwar ganz normale, ehrliche Bürger, die aufrichtig glaubten, sie hätten etwas gesehen oder gehört, das der Polizei weiterhelfen könnte. Aber der Rest - das war eine andere Geschichte.
Nach einer Weile erkannte man sie. Es waren immer die gleichen Jammergestalten, die tatsächlich glaubten, sie wären wichtige Figuren in einem Heldendrama. Diese skurrile Vorstellung führte zu endlosen Posen, Ausschmückungen und Übertreibungen. Bemüht, genau das zu sagen, was die Polizei ihrer Meinung nach hören wollte, erfanden manche dieser Leute Geschichten, die Hollywood alle Ehre gemacht hätten. Alles, um im Rampenlicht zu stehen. Dann wiederum gab es anonyme Tips, häufig von absoluten Lügnern, die entweder aus purer Bosheit handelten oder um einem tatsächlichen oder eingebildeten Feind zu schaden. Doch keinen dieser Leute konnte man guten Gewissens einfach ignorieren.
Barnaby wandte sich dem nächsten Punkt auf seiner mentalen Liste zu: Messrs J. Coutts. Diese Bankiers der Großen und Reichen hatten sich natürlich bedeckt gehalten, was die Person anging, auf die Hollingsworths gewaltiger Scheck ausgestellt war. Sie wollten ihm noch nicht mal sagen, ob es sich um den Namen eines Individuums oder einer Firma handelte. Allerdings hatten sie sich bereit erklärt, den Inhaber des fraglichen Kontos von der gegenwärtigen Situation in Kenntnis zu setzen und ihm DCI Barnabys Telefonnummer zu geben.
Und so geschah es, daß gegen vier Uhr, kurz nachdem Barnaby einen Wagen losgeschickt hatte, um Gray Patterson abzuholen, auf seiner direkten Leitung ein Anruf von einem Mr. Kurt Milritch kam. Es handelte sich um einen höflichen Mann mit leiser Stimme und einem Akzent, den Barnaby für polnisch hielt. Er sagte, er sei Geschäftsführer des Juweliers F. L. Kominsky auf der Bond Street, und fragte, womit er dienen könne. Barnaby erklärte ihm die Situation.
Mr. Milritch konnte sich sehr gut an den Scheck, ja an die gesamte Transaktion erinnern. Das fragliche Stück, ein Smaragd- und Diamantenkollier war sehr
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