Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck
nicht, was ich sagen soll.«
»Du brauchst nichts zu sagen. Stell dir bloß Ann umgeben von göttlichem Licht vor. Und halt daran fest.«
Evadne fing leise an zu beten. Hetty versuchte, sich Ann umgeben von göttlichem Licht vorzustellen. Es gelang ihr, sich eine Art Heiligenschein auszumalen, wie sie ihn vor vielen Jahren in der Sonntagsschule auf den Bibelillustrationen gesehen hatte. Was die Helligkeit betraf, so konnte sie sich nichts Leuchtenderes vorstellen als das Halogenlicht im Garten des alten Pfarrhauses. Und das schien ihr auch irgendwie angemessen.
Sechs helle Häufchen Fell saßen oder lagen vollkommen still überall im Zimmer verteilt. Nicht mal ein Kratzen oder Gähnen war zu hören. Evadnes Pekinesen waren an Augenblicke wie diesen gewöhnt und wussten genau, was von ihnen erwartet wurde.
Um halb sieben an jenem Abend hatte sich Barnaby bereits seit fast zwei Stunden in seinem Arbeitszimmer eingeigelt. Im Ermittlungsraum schien es immer laut und hektisch zu sein, selbst wenn eigentlich nicht viel passierte, und er brauchte ein bisschen Einsamkeit, um in Ruhe nachzudenken. Sergeant Troy kam ab und zu mit neuen Informationen herein und gelegentlich auch mit einem Tässchen starken Kaffee.
Vor einer halben Stunde hatte er einen äußerst zufriedenstellenden Laborbericht über den Humber der Lawrences vorbeigebracht. Eine winzige Faser glänzenden schwarzen Acetats hatte sich in dem abgenutzten Stück Teppich, mit dem der Kofferraum ausgelegt war, verfangen. Außerdem hatte man einige Bröckchen Schotter gefunden, die mit etwas Weißem überzogen waren, das sich bei näherer Untersuchung als Gartenkalk erwies. Das war zwar an sich nicht weiter bemerkenswert, da Ann Lawrence sicher häufig so etwas vom Garten-Center nach Hause transportiert hatte. Aber wenn es genau mit Schotterstückchen in den Schuhen des Radfahrers übereinstimmte, dann hatten sie wirklich etwas in der Hand.
Das Problem war nur, sie hatten die Schuhe des Radfahrers nicht. Oder seine Klamotten. Oder sein Fahrrad. Die Suche danach war bisher ergebnislos gewesen. Doch aufgrund des Zeitfaktors musste es irgendwo in der Nähe des Dorfes abgestellt worden sein.
Sobald die ersten Meldungen über eine schwarz gekleidete Gestalt hereingekommen waren, waren zwei Beamte zu Jacksons Wohnung geschickt worden, um nach den Kleidungsstücken und nach Ann Lawrences Handtasche zu suchen. Sie hatten beides nicht gefunden. Das bedeutete, dass er entweder Sachen zum Umziehen mitgenommen hatte - daher der Rucksack - oder sie dort versteckt hatte, wo er das Fahrrad abstellen wollte. Und die Handtasche konnte doch auch nicht einfach verschwunden sein. Kurz nachdem die Männer gegangen waren, rief Lionel Lawrence bei der Polizei an und beschwerte sich in recht wirren Worten über wiederholte Belästigung.
Nachdem er sich die Fortschritte und Rückschläge des Falls soweit noch einmal vor Augen geführt hatte, war der Chief Inspector ganz dankbar für die Ablenkung, als die Tür aufging und sein Handlanger diesmal mit einem dampfenden Becher starken Tees und einer Packung Kekse erschien. Zum Glück waren es Rich-Tea-Kekse, ein ziemlich fades Gebäck. Absolut nicht üppig, wie es der Name nahelegen wollte.
»Sie wissen doch, dass ich auf meine Kalorien achte, Sergeant.«
»Ja, Chef. Aber Sie hatten doch bloß einen Salat zum Mittagessen. Ich dachte ...«
Barnaby lehnte die Packung mit würdevoller Geste ab und fragte, ob es etwas Neues gäbe.
»Der Bericht von unserem Mann in Ferne Basset ist da. Anscheinend hat Jackson immer noch nicht die Nase aus dem Haus gesteckt. DS Bennet hat jetzt die Schicht übernommen. Was glauben Sie, wieviel Zeit die Ihnen noch geben?«
»Ergebnisse innerhalb von sechsunddreißig Stunden, sonst ist Schluss. Spätestens.«
»Glauben Sie, dass Jackson ihn entdeckt hat?«
»Was, durch die Wände des Pfarrhauses?«
»Diesem Widerling trau ich alles zu. Ach übrigens, der Film von dem Top-Gear-Laden ist angekommen.«
»Warum sagen Sie das denn nicht?«
»Ich hab's doch gerade gesagt.«
Sergeant Troy drückte sich flach gegen den Türrahmen, als Barnaby, den Becher in der Hand, aus dem Zimmer eilte. Es gab keinen Grund, sich so aufzuregen. Troy brachte es allerdings nicht übers Herz, ihn darauf hinzuweisen. Sie hatten den Film unten bereits einmal durchlaufen lassen, damit es keine Pannen gab, wenn der Boß ihn sich ansah, und festgestellt, dass
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