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Inspector Jury besucht alte Damen

Inspector Jury besucht alte Damen

Titel: Inspector Jury besucht alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Trueblood stand auf und begann, im Zimmer auf und ab zu laufen.
    Melrose sagte: «Ich wußte gar nicht, daß Sie eine haben.»
    «Wäre doch interessant, wenn Mr. Browne Lean wegen seines Buches angegangen wäre.»
    Trueblood blieb stehen, um sich in einem Drehspiegel zu mustern, rückte den Schal zurecht und strich sich übers Haar; anscheinend hatte er seinen Flirt mit dem Galgen bis auf weiteres aufgegeben. «Ich bin überzeugt, daß T.W.B, ihn angegangen ist, aber zweifelsohne nicht nur wegen eines Manuskripts.»
    «Sie wollen doch nicht etwa andeuten, daß Lean schwul war, oder?»
    «Guter Gott, nein. Das war doch das Ärgerliche, jedenfalls was T.W.B, anbetrifft. Und zu allem Überfluß traf sich auch noch seine Waffengefährtin, diese Person, diese Demorney, heimlich mit Lean … Je länger ich darüber nachdenke, desto besser macht sich Theo Wrenn Browne als Kandidat. Da schlagen sie gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Simon und meine Wenigkeit. Wenn das kein Coup ist! Der dürfte die Phantasie eines halluzinierenden, terroristischen Buchmachers anheizen, oder wer immer der Idiot in seinem Buch ist.»
    Jury warf einen Blick auf seine Uhr und stand auf. «Ich mache mich auf nach Watermeadows; rufen Sie an, wenn MacAllister die Daumenschrauben anzieht.»

9
    D AS S CHWEIGEN , das Fehlen jeglichen Lebens inmitten einstiger Pracht fiel Jury an Watermeadows zuerst auf.
    Die Gärten erstreckten sich über viele Morgen Land; sie umschlossen Weiher, spiegelglatte künstliche Teiche, moosbefleckte, zerbröckelnde Statuen. Mittendrin lag eine Barockvilla. Davor befand sich ein Wasserbecken; Jury malte sich aus, wie das Wasser einst zwischen den marmornen Putten und Delphinen hochgeschossen sein mußte, um dann im Junilicht eines entschwundenen Jahres als schimmernder Vorhang kreisförmig in das kunstvoll gemeißelte Becken zurückzufallen. Jetzt schoß kein Wasser mehr empor. Auf dem Abhang hinter dem großen Haus waren terrassenförmige Gärten angelegt. Irgendwann mußte jemand versucht haben, dieser herrlichen englischen Gartenanlage mit Eiben- und Buchsbaumhecken, Beeten von Perlhyazinthen, langen Einfassungen aus Blaukissen und Goldlack ihre englische Steifheit zu nehmen und etwas Italienisches beizumischen: Wasserspiele, die aus verborgenen Reservoirs sprudelten und sich in Kaskaden den Hügel hinabstürzten.
    Die Auffahrt war von Eiben gesäumt; dahinter schlängelten sich Pfade zwischen Rabatten von rosa, malvenfarbigen und blauen Blütenteppichen, zwischen Büschen und Färberbäumen; und dahinter lag noch etwas, das nach einer alten Kuppel aussah, nach irgendeiner Ruine aus dem sechzehnten Jahrhundert, die fast ganz mit Moos bedeckt war. In der Ferne konnte er hinter einem Vorhang aus Birken silbriges Wasser und das Dach eines kleinen Gebäudes ausmachen, welches das Sommerhaus von Watermeadows sein mußte.
    Watermeadows hatte zwar bessere Tage gesehen, war aber immer noch eine blendende Schönheit. Und doch erblickte Jury niemanden, der sich an all dieser Pracht erfreut hätte.
     
    Der Diener, der die Tür öffnete, war eine gebrechliche alte Gestalt, wie es sich für ein so großartiges Anwesen geziemte. Er heiße Crick (so sagte er Jury), war älter als Plants Butler Ruthven, dünner und verstaubter, so als ob auch er wie die geborstene Marmorstatue im Vestibül, ein verblichenes Gemälde von Mavern und ein abgewetzter Teppich aus Antwerpen einer tüchtigen Restaurierung bedurfte.
    Er bat Jury zu warten, damit er ihn Lady Summerston melden könnte.
    Als Jury sagte, daß er eigentlich Mrs. Lean hatte sprechen wollen, erwiderte Crick schlicht, Mrs. Lean habe sich hingelegt – es sei schließlich ein furchtbarer Schock für sie gewesen –, und unter den gegebenen Umständen würde er ihn zunächst zu Lady Summerston führen.
    Daß der Butler auf seine altmodische und überaus höfliche Art selbst entschied, welche Umstände am besten zu wem paßten, belustigte Jury so sehr, daß er einfach tat, wie ihm geheißen wurde – er wartete in einem großen Zimmer, das von dem rotundenförmigen Vestibül abging.
    Der Raum war riesig, dämmrig, mit einer hohen Decke und fast ohne Möbel. Am anderen Ende stand ein Empire-Sofa, dessen Vergoldung abblätterte und von zwei abgewetzten Gobelinsesseln flankiert wurde. Sie standen in der Nähe des Kamins mit einer Umrandung aus schwarz-grünem Marmor. Der Fußboden hatte Parkett, die Türrahmen waren ebenfalls aus Marmor, die Spiegel waren riesig groß. Von den Fresken

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