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Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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und konnten ihr Alter nicht verleugnen. Auf dem verfärbten Rauputz breiteten sich dunkle Flecken aus. Aus Überlaufrohren tropfte Wasser auf gesprungenes Pflaster. Von den modrigen Fensterrahmen rieselte Holzmehl herab. An der Außenwand einer Erdgeschosswohnung, deren Fenster mit Brettern vernagelt waren, informierte ein aufgemalter Schriftzug den Passanten, die einstigen Bewohner seien »Dreckiger Abschaum« gewesen.
    Kein Baudezernent hatte hier jemals gewohnt. Kein Stadtplaner oder städtischer Architekt. Die Stadtverwaltung hatte sich damit begnügt, Problemmieter hier einzuquartieren und jedem zu erklären, die Zentralheizung würde bald nachkommen. Die Wohnsiedlung war auf dem ebenen Grund eines Talkessels errichtet worden, so dass die Salisbury Crags das Ganze schreckenerregend überragten. Rebus überprüfte ein weiteres Mal die Adresse auf dem Zettel. Er hatte schon früher in Greenfield zu tun gehabt. Die Siedlung gehörte keineswegs zu den schlimmsten in der Stadt, aber sie hatte durchaus ihre Schwierigkeiten. Jetzt, am frühen Nachmittag, waren die Straßen menschenleer. Jemand hatte ein Fahrrad, dem das Vorderrad fehlte, mitten auf der Fahrbahn liegen lassen. Ein Stück weiter standen zwei Einkaufswagen Nase an Nase, als tauschten sie die neusten Klatschgeschichten aus. Mitten zwischen den sechs elfstöckigen Wohnblocks standen vier adrette Zeilen von Reihenhäuschen, komplett mit taschentuchgroßem Vorgärtchen und niedrigem Holzzaun. An den meisten Fenstern hingen Tüllgardinen, und über jeder Tür war die Warnleuchte einer Alarmanlage montiert.
    Ein Teil der Asphaltfläche zwischen den Hochhäusern war als Spielplatz abgetrennt. Ein Junge zog einen zweiten auf einem Rodelschlitten hinter sich her und stellte sich vor, es sei Schnee, was da unter den Kufen knirschte. Rebus rief die Worte »Cragside Court«, und der Junge auf dem Schlitten deutete auf eines der Hochhäuser. Als Rebus näher kam, sah er, dass ein Schild an der Wand des Gebäudes teilweise übermalt worden war, so dass der Name statt »Cragside« jetzt Crapsite , »Kackstätte«, lautete. Im zweiten Stock flog ein Fenster auf.
    »Sparen Sie sich die Mühe«, dröhnte eine Frauenstimme. »Er ist nicht da.«
    Rebus trat einen Schritt zurück und sah nach oben.
    »Wen suche ich denn Ihrer Meinung nach?«
    »Soll das'n Witz sein?«
    »Nein, ich wusste bloß nicht, dass hier eine Hellseherin wohnt. Ist es Ihr Mann oder Ihr Freund, hinter dem ich her bin?«
    Die Frau starrte zu ihm hinunter und gelangte zu dem Schluss, dass sie sich verplappert hatte. »Schon gut«, sagte sie und schloss das Fenster.
    Es gab eine Gegensprechanlage, aber ohne Namen, lediglich mit den Nummern der Wohnungen. Er zog an der Tür; sie war ohnehin nicht abgeschlossen. Er wartete ein paar Minuten auf den Fahrstuhl, der ihn dann, langsam und rumpelnd, in den fünften Stock hinaufbeförderte. Ein nach außen hin offener Gang führte ihn an den Türen eines halben Dutzends Wohnungen vorbei, bis er vor Cragside Court 5/14 stand. Es gab ein Fenster, aber es war verhängt - so weit erkennbar, mit einem verwaschenen blauen Bettlaken. Die Tür zeigte Spuren von Misshandlung: vielleicht fehlgeschlagene Einbruchsversuche, vielleicht hatten aber auch nur Leute dagegen getreten, weil es weder eine Klingel noch einen Türklopfer gab. Auch kein Namensschild, aber das war egal. Rebus wusste, wer da wohnte.
    Darren Rough.
    Die Adresse war ihm neu. Als Rebus vier Jahre zuvor an den Ermittlungen gegen Rough mitgearbeitet hatte, hatte der in einer Wohnung auf der Buccleuch Street gewohnt. Jetzt befand er sich wieder in Edinburgh, und Rebus brannte darauf, ihm zu zeigen, wie willkommen er war. Außerdem wollte er Darren Rough ein paar Fragen stellen, Fragen über Jim Margolies...
    Das einzige Problem war, dass niemand da zu sein schien. Er klopfte halbherzig je einmal an Tür und Fenster. Als keine Reaktion erfolgte, bückte er sich, um durch den Briefschlitz zu spähen, musste aber feststellen, dass er von innen verschlossen worden war. Entweder wollte Rough nicht, dass jemand bei ihm hineinsah, oder er hatte zu viele unerwünschte Sendungen erhalten. Rebus richtete sich wieder auf, drehte sich um und stützte sich mit den Armen auf das Geländer. Ihm wurde bewusst, dass er genau auf den Kinderspielplatz hinuntersah. Kinder: Eine Siedlung wie Greenfield musste von Kindern nur so wimmeln. Er drehte sich wieder um und musterte Roughs Behausung. Keinerlei Graffiti auf Tür oder Wand,

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