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Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Titel: Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Grimasse. »Scheußlich, nicht wahr? Da fragt man sich doch, wie sich Feministinnen, die selbst alle Frauen sind, noch auf irgendeinen anderen Aspekt weiblicher Unterdrückung konzentrieren können, solange die weibliche Genitalverstümmelung munter floriert. Warum zieht nicht die Hälfte der Menschheit in den Kampf?«
    »Höre ich da wirklich meinen alten Freund Mike Burden reden?«
    Burden verlor nicht die Fassung. Emotionen wie Erröten gehörten für ihn der Vergangenheit an. »Na ja, das sind Jennys Ideale, obwohl ich nicht behaupten kann, dass ich ihre Meinung nicht teile.«
    Matea brachte Hähnchen-Tikka, und Wexford schenkte ihnen beiden Wasser ein. Die fehlenden Eiswürfel überging er. »Heute Nachmittag werde ich Tredown besuchen.«
    »Ist das ein reiner Krankenbesuch, oder suchst du ein Gespräch?«
    »Hoffentlich will er sich mit mir unterhalten.«
    »Was? Eine Beichte auf dem Totenbett?«
    »Möglich«, sagte Wexford. »Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hatte ich das Gefühl, er würde außerhalb der Gegenwart der beiden Frauen vielleicht eine Menge sagen. Realistisch betrachtet, kann vermutlich nur er mir erzählen, wie er für seine Recherchen auf Hexham gestoßen ist. Durch eine Art Anzeige, oder durch Mundpropaganda? Wie oft war Hexham in Athelstan House gewesen, und wohin ist er danach an jenem speziellen Tag gegangen? Und wie? Mit einem Taxi zum Kingsmarkhamer Bahnhof? Zu Fuß? Sicher nicht. Es hat geschüttet wie aus Kübeln. Oder hat er diesen Ort nie lebend verlassen? Diese Dinge möchte ich wissen, oder besser gesagt, die Dinge, die ich wahrscheinlich herausfinden werde.«
    »Weiß man, wie lange Tredown noch hat?«
    »Bis ihn der Tod von seinen zwei Frauen scheidet?«
    »Ja.«
    »Meines Erachtens eher Wochen als Monate. Möchtest du Halva? Oder einen Joghurt? Mir gefällt an diesem Lokal, dass es seinen Namen wörtlich nimmt. Es begibt sich auf die Suche nach Indien und pickt auf dieser Reise viele Nationalgerichte auf.«
    Ohne genau zu wissen, warum, hatte er sich für die Fahrt nach Pomfret für sein eigenes Auto entschieden, anstatt sich von Donaldson fahren zu lassen. Es hatte etwas mit der ehrfurchtgebietenden Aura dieses Ortes zu tun, mit seiner Funktion als Wartezimmer zum Tod, mit seinem zutiefst menschlichen, heiklen Zweck. Hier sollte keine Bürokratie Zutritt haben und die letzten friedlichen Tage stören, in denen es nur noch Palliativmedizin gab und alle Hoffnung dahin war.
    Bei seinem ersten Besuch hatte er sich nur von außen einen Eindruck verschafft. Damals war ihm aufgefallen, dass es vor dem Gebäude keine Parkmöglichkeit gab. Er passierte die Einfahrt und fuhr am Teich mit den Enten, den Hostas und den Binsen vorbei, immer den gepflasterten Weg entlang, der seitlich um das Hospiz herum auf die Rückseite führte. Hier wies ein zweiter Pfeil auf den ziemlich weit weg liegenden Parkplatz, der durch Bäume und Büsche abgetrennt war, und auf dem bereits fünf Autos standen. Eines davon gehörte Maeve Tredown, der dunkelrote Volvo. Wexford merkte, wie er etwas mutlos wurde, ein Gefühl, in das sich die Verärgerung über seine sinnlose Fahrt hierher mischte. Er hatte ihr erzählt, dass er an diesem Tag zu Besuch kommen wollte. Hätte sie diesen Wink nicht verstehen können? Oder war es eher so, dass sie – und möglicherweise auch Claudia Ricardo – nur deshalb gekommen war, weil er kam? Leider stand der Wagen zu weit weg. Er konnte lediglich eine Gestalt erkennen und war sich nicht sicher, ob es tatsächlich Maeve war.
    Gedankenversunken schlenderte er über den Zufahrtsweg auf einen Pfeil mit der Aufschrift »Empfang« zu. Als er die Schmalseite des Gebäudes erreicht hatte und sich zwischen dessen Ziegelmauer und einem hohen Maschendrahtzaun befand, hörte er, während er sich immer noch fragte, ob es sinnvoll sei zu bleiben, hinter sich ein rasch näher kommendes Auto. Es fuhr viel zu schnell für diese schmale Durchfahrt. Er sprang zur Seite. Noch während er das tat, drehte er sich um und starrte fassungslos auf das herannahende Fahrzeug. Doch dessen Fahrer beschleunigte, anstatt stehen zu bleiben. Wexford riss laut schreiend die Arme hoch, aber der Wagen steuerte kerzengerade auf ihn zu, nahm ihn auf die Kühlerhaube, geriet ins Schlingern und schrammte mit der Karosserie an der Wand entlang.
    Das ganze Geschehen wirkte bizarr und irreal wie eine Filmszene. So etwas kannte er nur vom Hörensagen. Er geriet ins Rutschen, trat gegen die glatte Oberfläche und

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