Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Titel: Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
Vom Netzwerk:
vielleicht nur kurz, aber gewesen war da etwas, ein Quickie im Gebüsch oder in Grimbles Haus. »Das kann ich Ihnen nicht sagen«, meinte er.
    »Aber tot ist er?«
    »Das habe ich Ihnen bereits erzählt, Miss Ricardo.«
    Sie sagte nichts.
    »Tut mir leid«, sagte er, »wenn Sie das traurig macht.«
    »Mich? Traurig?« Sie schrie ihre schrille Antwort förmlich heraus. »Sie müssen verrückt sein. Ich bin entzückt. Für mein Herz ist das ein kleines Freudenfest.« Dies war offensichtlich einer ihrer Lieblingsausdrücke. »Sie haben mir den Tag gerettet.«
    Die Wespe war satt. Sie war auf den Topfrand geklettert. »Claudia«, rief Maeve in einem warnenden Ton, stand auf und ging zum Tisch, wo sich die Wespe gerade saubermachte. Sie hob die Flügel und putzte oder wusch sich Reste vom Lemon Curd von den Beinen. Maeve streckte die Hand aus, packte die Wespe rasch zwischen Zeigefinger und Daumen und drückte zu. Noch ehe sie zustechen konnte, war sie schon tot.
    Claudia fing wieder an zu lachen. Mit einem entnervten Blick in ihre Richtung ließ Maeve die Wespenleiche aufs Tablett fallen.
    »Er ist mit dem Geld, das Sie ihm gegeben haben, von hier fort«, konstatierte Wexford, »doch anstatt sich wieder zum Lagerplatz der Obstpflücker zu begeben, ist er nach nebenan gegangen, um sich zu waschen und andere Kleidung zu suchen. Wahrscheinlich ist Ihr Entzücken die typische Reaktion eines Erpressungsopfers, wenn es erfährt, dass die überzogenen Forderungen ein Ende haben.«
    »Für einen Polizisten sprechen Sie ein höchst ungewöhnliches Englisch«, bemerkte Maeve.
    Er ignorierte diesen Satz. Ihre fast klinische Vernichtung der Wespe hatte ihn verstört. War es zu sehr aus der Luft gegriffen, wenn er sich einbildete, dass eine derart skrupellose Täterin auch zu anderen, gefährlicheren Exekutionen fähig sein konnte? Vermutlich. Er stand auf. »Morgen Nachmittag werde ich Mr. Tredown im Hospiz besuchen«, sagte er. »Vielleicht teilen Sie es ihm mit, damit er nicht überrascht ist. Ich werde allein kommen.«
    Er schätzte es, wenn er seine Abende daheim verbringen konnte, aber wenn der laufende Fall so wichtig war wie dieser, kam er nur selten dazu. Er betrachtete es als seine Pflicht, Selina und Vivien Hexham aufzusuchen, anstatt von ihnen zu erwarten, dass sie ein zweites Mal zu ihm kamen. Deshalb vereinbarte er für neunzehn Uhr einen Besuch in Selinas Haus. Hannah kam mit. Für dieses Treffen war sie die ideale Begleitung, auch wenn sie unter gewissen Umständen durchaus schwierig und kratzbürstig sein konnte. Tüchtigen jungen Frauen, die zu Gunsten von Unabhängigkeit und Karriere eine Ehe hinauszögerten oder ganz ablehnten, galt ihre ganze Sympathie.
    Untertags hatte sie sich erneut mit Bridget Cook getroffen, diesmal auf einer Parkbank, einen halben Kilometer von Bridgets und Williams Wohnung entfernt. Hannah wollte nach Möglichkeit herausfinden, wo Miller zwischen seinem ersten abenteuerlichen Pflückaufenthalt in Flagford und seinem zweiten und letzten gelebt hatte.
    »Wo hat er gewohnt, als Sie ihn kennenlernten?«
    Das hatte Bridget gewusst. »In einem Wohnwagenpark vor Godalming.« Amüsiert bemerkte Hannah, dass Bridget den amerikanischen Ausdruck dafür verwendete anstatt den britischen Begriff »Campingplatz«. Mit Sicherheit kannte sie ihn aus dem Fernsehen. »Der Bus hat einem Kumpel gehört, der hat ihn ihm geliehen.«
    »Sind Sie jemals dort gewesen?«
    »Ein paar Mal. Wir hatten eine gewisse Beziehung dazu.« Hannahs Miene verriet Bridget, dass sie mehr wissen wollte, und so meinte sie: »Dort wohnt meine Mama. Sie ging ins Krankenhaus, um sich operieren zu lassen. Sie war hingefallen und musste sich ein künstliches Kniegelenk einsetzen lassen. Ich hatte bei ihr im Haus übernachtet und dabei Sam getroffen. In einem Pub. Danach ist er zu mir mitgekommen.«
    »Gut. Dieser – äh Bus, in dem er gewohnt hat, hatte er dort einen Computer oder eine Schreibmaschine? Stifte, Papier und Sachen wie Lexika?«
    Bridget starrte sie an. »So was hab ich nie gesehen. Ich meine, Stifte hatte er. Einen Kugelschreiber und einen Notizblock. Darauf hat er seine Gedichte geschrieben. Damals hat er auch für mich dieses Gedicht geschrieben.«
    »Und wo hatte er vor seiner Zeit in Godalming gewohnt?«
    »Er hat erzählt, er hätte so einen Bus gehabt.« Sie war nicht imstande, zwischen der Abkürzung für »Wohnbus« und einem Nutzfahrzeug zu unterscheiden und konnte lediglich in der Ferne auf den Straßenrand

Weitere Kostenlose Bücher