Inspektor Bony 24 - Bony und die Maus
aufzunehmen.
Anfangs war Joyce noch völlig ruhig, weil er in dieser Lautlosigkeit jede Annäherung von Menschen wahrnehmen würde. Er fühlte sich so sicher, daß er die ganze erste Nacht schlief, wenn auch mit Unterbrechungen, und als es hell wurde, aß er zum Frühstück Hackfleisch und Brot.
Er sah sich wieder in der Landschaft um, an der sich seit dem Vortage nicht das geringste verändert hatte. Außer dem Rauch seiner Zigarette bewegte sich nichts, und nur, wenn er mal heftig die Luft einzog oder ausatmete, gab es ein Geräusch.
Die steigende Sonne gab Wärme, aber er brauchte sie nicht. Er putzte sein Gewehr, doch es war noch völlig in Ordnung. Dann zählte er seinen Patronenvorrat. Wenn er jedesmal träfe, könnte er zweihundertunddrei seiner Gegner umlegen. Später begann er mit Steinchen nach einem Felsblock zu werfen und freute sich, wenn er traf, über das Geräusch. Als Stunde um Stunde verging und nichts sich regte, glaubte er fast schon, daß weder Harmon noch die Eingeborenen sich für ihn interessierten. Das wunderte ihn, später enttäuschte und schließlich ärgerte es ihn. Er war bereit gewesen, sich bis aufs Blut zu verteidigen, und nun kam kein Angreifer!
Erst am Nachmittag ließ seine Spannung nach, es trat die Reaktion ein, eine geistige Ermattung, in der er unvermittelt einschlief. Als er aufwachte, war er innerlich ruhig und aß etwas, nach einer schnellen Prüfung der Umgebung. Trinkwasser schöpfte er sich mit dem Blecheimer der Eingeborenen aus dem Felsloch.
Kein Angriff war erfolgt, und nichts deutete auf einen hin. Harmon hatte es bei hellem Tage nicht riskiert, und wahrscheinlich hatten die Eingeborenen gar nicht mehr mitmachen wollen. In der Nacht konnte es aber anders kommen, und die Nacht war nicht mehr fern. Endlich ging die Sonne unter, aber mit ihr verschwanden auch die Schatten, es blieben nur die zahllosen, einander völlig gleichen Bäume auf dem hellroten Sandboden, der in dem Halbdunkel dieselbe Farbe zu haben schien wie der Abendhimmel. Dann tauchten auch die Bäume im Dunkel unter, die weißen Steine auf dem heiligen Platz wurden noch weißer und sahen aus wie vom Sand polierte Schädel der vermutlich hier in der Nähe bestatteten Eingeborenen. Und dann waren auch die Steine nicht mehr zu sehen, nur der dunkler werdende Himmel blieb.
Die Stille, die zuerst seine Freundin war, da sie ihm die Ankunft von Gegnern melden konnte, wurde seine Feindin. Die Anstrengung des Lauschens verursachte ihm körperliche Schmerzen.
Zwischen den Felsblöcken sitzend, den Gewehrkolben so fest umklammernd, daß seine Hände sich verkrampften, hielt Joyce auch die zweite Nacht durch. Er sehnte sich nach Tageslicht, und als es kam, war alles wie zuvor – und die Maus vergaß allmählich nach der Katze auszuschauen.
Den ganzen Vormittag geschah nichts, regte sich nichts. Aus dem Wald um ihn drang kein Laut. Seine Ohren schmerzten unerträglich. Um sich Erleichterung zu verschaffen, klopfte er leicht auf den blechernen Wassereimer, nur leicht, damit nicht Harmon und seine Leute es hörten.
Im Lauf des Nachmittags mußte er einsehen, daß er nicht länger untätig zu bleiben vermochte. Sie kamen nicht, um ihn zu holen, also mußte er gehen und sie aufstöbern.
Nichts war, wie es sein sollte in diesem verdammten Wald! Er nahm sein Gewehr vom Boden auf und rannte auf die Bäume zu.
Er war das einzige lebende Wesen in einer Theaterkulisse von Bäumen, und auf einmal war er zwischen den Kulissen hindurchgelaufen und sah sich nun auf der Bühne.
Er stand da an einen Mulgabaum gelehnt und drehte sich eine Zigarette. Die grobe Borke preßte sich angenehm gegen seinen breiten Rücken, sein Gewehr hatte er neben sich an den Baum gestellt. Er zündete ein Streichholz an – das gab ein schönes Geräusch. Die Flamme war im grellen Sonnenlicht fast unsichtbar, vor seinen Augen stieg blaß der Rauch empor. Plötzlich schien sich auf dieser Bühne etwas verschoben zu haben. Er starrte gespannt nach allen Seiten, in die Luft über sich und auf die Erde unter sich – da war etwas! Aha! Am weißlichen Stamm eines jener Eukalyptusbäume nahm er eine kleine Bewegung wahr. Verflucht, hinter dem Baum stand ein Eingeborener, kaum hundert Meter von ihm entfernt.
Während er wie gebannt auf den weißen Baumstamm blickte, tastete seine Rechte an seinem Bein hinunter nach dem Gewehr. Aber die Hand stieß nur gegen den Stamm, der rauh war wie ein Reibeisen. Er mußte den Blick von dem fernen Eukalyptusbaum
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