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Inspektor Bony 24 - Bony und die Maus

Inspektor Bony 24 - Bony und die Maus

Titel: Inspektor Bony 24 - Bony und die Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W Upfield
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oder nicht, müssen wir zugeben, daß wir eine natürliche Waffe besitzen. Diese Waffe ist das Fehlen jeglichen Geräusches. Sie haben diesen Zustand sicher schon selbst erlebt, wenn auch kürzer. Ich auch. Eine ganze Nacht lang hat nicht der geringste Laut mein Ohr berührt. Ein solches Schweigen herrscht jetzt dort im Wald.
    Menschen haben lange Zeit Einzelhaft überstanden. Jedoch sogar in einem tiefen Kerker ist es nicht vollkommen still, mag es dem Gefangenen auch so vorkommen. Denn er selbst erzeugt Geräusche, durch seine Bewegungen, durch sein eigenes Atmen, seine eigene Stimme, Tonschwingungen, die von den Wänden zurück in sein Ohr treffen, von ihm aufgenommen werden und sein Denken anregen. Hier in der Einsamkeit aber, in dem Wald, gibt es keine Wände. Wenn nun kein einziger natürlicher Laut ihn erreicht, verfällt er gewissen Sinnestäuschungen.«
    »Mag sein, aber wozu dann dieses Theater mit dem Feuer?« fragte Harmon hartnäckig. »Es kommt doch nicht von dem bißchen Glut, daß die Männer so schwitzen, wenn sie bloß eine Stunde hineingestarrt haben.«
    »Aber, Harmon, Sie müssen doch eigentlich in der Zeit, wo Sie in Berührung mit diesen wirklich noch primitiven Eingeborenen gekommen sind, schon manche rätselhaften Vorgänge bemerkt haben«, sprach Bony ernst weiter. »Vorgänge, bei denen es, für Sie wie für mich und andere buschkundige Leute, nur eine einzige Erklärung gibt – die Macht der Gedankenübertragung, also Telepathie. Wenn Sie das einem Anthropologen darlegen, lächelt er freilich und zieht sich in seine akademische Burg zurück.
    Im Augenblick ist es ja auch einerlei, ob Sie oder Tony mir recht geben oder nicht. Meine Ansicht ist, daß diese Eingeborenen die uns von der Natur gegebene Waffe – die absolute Stille – fortwährend verstärken, indem sie ihren Willen, daß Joyce herauskommen soll, dauernd auf ihn einwirken lassen. Außerdem tragen die übrigen Eingeborenen auf wirksame Art dazu bei, daß dieses Resultat erzielt wird, indem sie nämlich jeden Meter des Waldrandes beobachten und Joyce, ohne daß er sie zu sehen bekommt, spüren lassen, daß sie ihm nahe sind. Die Waffe der Stille ist wie eine rasiermesserscharfe Klinge, die ständig gewetzt wird. Ich glaube, die Eingeborenen werden Ihnen schon bald eine Überraschung bereiten.«
    »Das hoffe ich«, brummte der Wachtmeister.
    Gegen Ende dieses Tages erlebte der Wachtmeister seine Überraschung: Wie vom Himmel gefallen stand vor ihm sein ehemaliger Fährtensucher Abie. Er trat vor und hielt Harmon eine Winchesterbüchse hin. Harmon runzelte die Stirn; Tony Carr blickte erst das Gewehr, dann ihn an und sagte: »Das ist ja das Gewehr von meinem Chef! Der besitzt nur das eine.«
    »Ich hatte Iriti nahegelegt, daß man vielleicht Joyce das Gewehr ohne Gewaltanwendung wegnehmen könnte«, erklärte Bony schlicht dazu. »Wir können uns also jetzt ohne die Gefahr bewegen, aus dem Hinterhalt beschossen zu werden.«
    »Die Leute sind gut, Nat, man muß es zugeben«, sagte Harmon nun begeistert. Er klopfte Abie herzhaft auf den Rücken, und Abie grinste vor Stolz und Freude. Als Harmon wissen wollte, wie er das gemacht und ob er Joyce zu dem Zweck mit dem Speer durchbohrt habe, entfernte sich Abie kopfschüttelnd von ihm und war verschwunden. Jetzt konnten sie sich erheben und stehend nach dem Wald blicken.
    Der Tag ging zu Ende, wieder erschienen die Sterne. Sam und seine Helfer erschienen mit Proviant und Wasser. Als Sam die Sache mit dem Gewehr erfuhr, lachte er vergnügt.
    »Der muß meinen Chef schlafend vorgefunden haben«, meinte Tony.
    Melody Sam versetzte ihm einen freundschaftlichen Rippenstoß und sagte: »Der schlief nicht, Tony. Wenn er eingeschlafen wäre, hätte er sein Gewehr an sich gepreßt wie eine Hündin ihr Junges.«
    Sam schlug dann vor, Bony sollte ihnen endlich erklären, was hinter den Morden in Daybreak steckte.
    »Es ist eigentlich unbedacht, das schon vor Joyces Verhaftung zu tun«, sagte Bony, »aber zuweilen hat der Mensch ein besonderes Anrecht darauf, unbedacht zu handeln. Also werde ich Ihnen in großen Zügen den Fall schildern, der recht gut, Harmon, in Ihr Buch ›Berühmte Mordfälle‹ hineinpassen würde.
    Als ich mich entschloß, in der Tarnung als Pferdezureiter nach Daybreak zu kommen, hatte ich mir etliche Nachteile auf den Hals geladen. Einer davon war, daß ich als wandernder Fremdling in eine kleine, ganz in sich geschlossene Gemeinde kam, in der fast alle Leute miteinander

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