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Inspektor Jury küsst die Muse

Inspektor Jury küsst die Muse

Titel: Inspektor Jury küsst die Muse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Schoenberg dürfte nicht allzusehr unter der Zeitverschiebung leiden.»
    Melrose zog ein Gesicht. «Vielen Dank auch. Sie gehen doch hoffentlich nicht davon aus, daß die beiden sich ähneln? Können Sie sich vorstellen, mit zweien von dieser Sorte ein Gespräch zu führen?» Melrose stellte seine Teetasse hin. «Wissen Sie, da ist noch etwas, was ich Ihnen sagen wollte –»
    Er zuckte mit den Schultern. «Na ja, das kann auch warten.»
    «Ich gehe zum Yard zurück. Ich möchte mit Lasko sprechen, unter anderem.» Mit diesen Worten entfernte sich Jury.
    Melrose saß da und überlegte, ob er die Sache nicht doch besser erwähnt hätte. Aber es kam ihm irgendwie ein bißchen unpassend vor, in diesem Augenblick über die Beziehung zwischen Thomas Nashe und Christopher Marlowe zu reden; Jury würde denken, Harvey Schoenberg hätte ihn langsam angesteckt. Vielleicht hätte er da gar nicht so unrecht, dachte Melrose.
     
    «Fehlanzeige», sagte Lasko am anderen Ende der Leitung in Stratford-upon-Avon. «Wir haben die ganze Gegend durchkämmt, Busse und Züge kontrolliert – kurz, wir haben alles getan, was in unserer Macht stand. Der Junge ist wie vom Erdboden verschluckt.»
    Selbst am Telefon war Laskos Gesichtsausdruck eines geprügelten Hundes zu erahnen. Jury berichtete ihm vom Schicksal Amelia Farradays und schloß aus seiner geheuchelten Anteilnahme, daß er erleichtert war, mit diesem Fall nichts mehr zu schaffen zu haben. Jury konnte es ihm wahrlich nicht verübeln. «Such weiter nach Jimmy Farraday.»
    Mit diesem weisen Ratschlag legte er auf. Die streunende Katze (mittlerweile im ganzen Soctland Yard als Racers Katze bekannt) hatte sich durch die einen Spaltbreit offene Tür in Jurys Büro geschlichen; nun strich sie um die spartanischen Möbel und durch Jurys Beine, um schließlich mit einem Satz auf seinen Schreibtisch zu springen.
    Wenn das so weiterging, würden sie sich noch um Mitternacht gegenseitig anstarren. Jury hatte mehrmals seine Unterlagen durchforstet, ohne auf einen neuen Hinweis zu stoßen. Und es gab auch keinen – außer der Mitteilung, die ihm Chief Superintendent Racer am Nachmittag mit dem üblichen, nichtssagenden Wortlaut per Hauspost zugeschickt hatte: Jury. Obwohl ich in den letzten Stunden nichts von Ihnen gehört habe, ist mir doch zu Ohren gekommen, daß ein weiterer Mord verübt wurde, was Sie aber nicht veranlaßt hat, mir umgehend Bericht zu erstatten. Weshalb ich das ziemlich merkwürdig finde, mag vielleicht an meiner verqueren Vorstellung von –
    Und es folgten – glücklicherweise nicht direkt aus seinem Munde, dachte Jury – die üblichen Tiraden, Verwünschungen und Variationen über das Thema von Jurys Fehlbarkeit; sie endeten mit dem Befehl, bis Sonnenuntergang Bericht zu erstatten. Er nahm an, das Exekutionskommando würde bis dahin bereitstehen. Er schleuderte das Papier beiseite.
    Die Katze hörte auf, sich zu putzen, starrte auf das Memo und gähnte.
    Zum x-tenmal nahm Jury sich das Gedicht vor. Daß er zwischen ihm und den Morden keine Verbindung herzustellen vermochte, ließ ihn an sich und seinen Fähigkeiten zweifeln. Fest stand nur, daß die Opfer alle Frauen waren, und die betreffende Strophe handelte ebenfalls vom ewig Weiblichen: Sie handelte von der Vergänglichkeit der Schönheit. Von strahlenden Königinnen. Von der schönen Helena. Von verwelkenden Blumen. Vom Tod schöner Frauen. Jury starrte auf die kahle Wand. Gwendolyn Bracegirdle war keine Schönheit gewesen – dicklich, Dauerwelle im Haar und mit fünfunddreißig bereits eine Matrone. Wäre Gwendolyn nicht gewesen, hätte Jury geschworen, daß es jemand auf die Farradays abgesehen hatte.
    Aus den Papieren auf seinem Schreibtisch zog er James Farradays Paß hervor und betrachtete das winzige Foto. Dann sah er sich die Vergrößerung von dem Teil des Paßfotos an, der James Carltons Gesicht zeigte. Das Familienfoto im Paß – Jimmy mit James Farraday und Amelia – betrachtend, dachte er, wie intelligent der Junge doch aussah. Er nahm den Hörer von der Gabel.
     
    «Flughäfen?» fragte Lasko schläfrig. «Zum Teufel, nein, warum sollte er außer Landes geschafft worden sein? … Hör mal, Richard. Ich sag das ungern, aber du weißt doch so gut wie ich, daß der Junge tot ist und auf irgendeinem Feld da draußen liegt, das wir bisher noch nicht abgesucht haben –»
    «Nein, er ist nicht tot», beharrte Jury.
    «Wieso zum Teufel bist du dir da so sicher?» seufzte Lasko.
    Jury war sich

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