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Inspektor Jury küsst die Muse

Inspektor Jury küsst die Muse

Titel: Inspektor Jury küsst die Muse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Schwänzen, eklige kleine Frösche und so weiter.» Racer hustete.
    «Ich hoffe, Sie haben sich nicht –»
    Jury unterbrach sich mitten im Satz. Chief Superintendent Racers Belehrung hatte in ihm einen schlummernden Gedanken geweckt. War es möglich, daß Racer zur Abwechslung einmal etwas Nützliches beigetragen hatte?
     
    «Für meine Begriffe ein bißchen überdreht», sagte Wiggins, als sie den Piccadilly entlangfuhren. Sie sprachen von den Schoenbergs. Das heißt, Wiggins schwieg, während er das Auto zwischen zwei Doppeldeckern durchmanövrierte, die entlang des Green Park ein privates Wettrennen veranstalteten.
    «Nun? Und was halten Sie von ihm?» drängte Jury.
    Wiggins holte ein Taschentuch von der Größe eines mittleren Tischtuchs hervor. Seine Nasenspitze zuckte wie die eines Kaninchens, doch leider nicht (wie Jury befürchtete), weil sie etwas witterte. «Wen meinen Sie, Harvey oder den Bruder?»
    «Harvey kennen wir doch in- und auswendig. Jonathan natürlich.»
    «Er sieht aus wie –» Wiggins mußte so heftig niesen, daß Jury ihm ins Lenkrad griff, damit der Wagen nicht ins Schleudern geriet.
    «Entschuldigen Sie, Sir. Aber ist Ihnen je aufgefallen, daß Green Park um diese Jahreszeit alle möglichen Allergien hervorruft?» Wiggins schneuzte sich und bog in die Albemarle Street ein.
    «Nein, eigentlich nicht. Reden wir noch etwas über den Bruder.»
    «Ich wollte gerade sagen, daß sie sich zwar sehr ähnlich sehen, sich aber ganz unterschiedlich benehmen. Harvey wedelt ununterbrochen mit der Gabel, während sein Bruder sie zum Essen benutzt. Sie verstehen, was ich meine.»
    Jury lächelte. «Ja. Wie denkt Mr. Plant über ihn?»
    «Genauso wie ich. Er hält diesen Jonathan für so gefühlskalt wie einen toten Fisch. Jonathan verachtet Harvey. Ich wette, die beiden können sich nicht riechen. Meiner Meinung nach hat die Eifersucht berufliche Gründe.»
    «Kaum zu glauben, daß jemand auf Harvey eifersüchtig sein kann. Beruflich oder sonstwie.»
    «Ich halte Harvey für den Eifersüchtigen. Dieser Jonathan ist Professor für englische Literatur. Lehrt an einem College in Virginia, das St. Mary heißt. Verbringt hier seine Zeit damit, im Britischen Museum alte Handschriften zu lesen.» Wiggins hielt vor «Brown’s Hotel», steckte den Kopf aus dem Wagenfenster und brachte einen silbergrauen Mercedes dazu, das Feld zu räumen.
    Sie blieben noch ein paar Minuten im Wagen sitzen. «Wie hat Jonathan Schoenberg die Nachricht von den Morden aufgenommen?»
    Wiggins zuckte die Achseln. «Ziemlich ungerührt. Lebt wohl in seinem Elfenbeinturm. Natürlich meinte er, das sei ja entsetzlich. Offen gestanden glaube ich, daß ganz andere Dinge passieren müssen, bevor er sich ernsthafte Sorgen um seinen Bruder macht. Oder um sonst jemanden.»
    Als sie ausstiegen, sagte Jury: «Ich kann’s kaum erwarten, ihn kennenzulernen.»
     
    «Ich glaube, das Motiv ist Rache», sagte Jury in Melrose Plants Hotelsuite.
    «Wieso nicht Geldgier?» fragte Plant.
    «Scheint mir psychologisch falsch. Diese Morde liefen alle irgendwie zu rituell ab.»
    «Aber auf wen hat der Mörder es abgesehen? Die Farradays – oder James Farraday – würden sich anbieten, wenn nicht dieser Mord an Gwendolyn Bracegirdle wäre. Er paßt nicht ins Bild, finden Sie nicht auch?»
    Jury nickte. «Allerdings. Vielleicht ist sie ihm in die Quere gekommen.»
    Plant zog eine Grimasse. «So eine Schlamperei aber auch.»
    Jury zuckte mit den Schultern. «Niemand ist perfekt.»
    «Rache also. Da fällt mir etwas ein, was Harvey gesagt hat, eine ziemlich blöde Bemerkung. Na, vielleicht nicht ganz so blöd, und zwar über Hamlet : ‹Eine Rachetragödie. Sie sind alle gleich; man bringt so lange die Falschen um, bis man schließlich an den Richtigen gerät.› Schwer vorstellbar, daß unser Freund sich mit dem ganzen Blutvergießen einfach nur genug Mut macht für den Mord an seinem eigenen Claudius.»
    Plant lächelte grimmig. «Sollte er es auf die Farradays abgesehen haben, dann würde ich mir wegen Penny wirklich große Sorgen machen.»
    Jury überlief es heiß und kalt. «Darf ich?» Er goß sich aus Melroses Karaffe ein Gläschen Brandy ein. «Auch einen?»
    «Ja, kann ich gebrauchen.» Melrose sah auf die Uhr. «Ist ja bereits Nachmittag. Agatha meint, daß ich mich im Eiltempo zum Alkoholiker entwickle. Das einzig Gute an der Sache ist, daß sie jetzt Angst hat, nach London zu kommen. Cheers.»
    Melrose hob sein Glas.
    «Wo ist Schoenberg? Haben

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