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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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nicht fassen, dieses besitzergreifende, eingebildete Getue. Ihr führt euch alle auf wie ein Haufen abgehalfterter Filmstars.« Sie warf ihm ein boshaftes Lächeln zu. »Na gut, nicht alle. Ach, Mist.« Sie streifte das zweite Paar Handschuhe ab und warf es in denselben Metallbehälter wie das erste. »Mittagessen?«

    Danny Wu war der ausgeglichenste Mensch, dem Jury je begegnet war. Nichts konnte ihn aus der Fassung bringen, nicht einmal eine Leiche auf seiner Türschwelle. In Jurys Augen hatte Danny nichts mit dem Mord einst vor seinem Restaurant zu tun, und zwar nicht deswegen, weil er unfähig wäre, mitten in Soho einen abzuknallen, sondern weil Danny mit seinem Reinlichkeitsfimmel es sich verbeten hätte, wenn draußen vor dem Ruiyi der Gehweg besudelt würde. Allerdings wüsste Danny möglicherweise, wer den Mord begangen hatte, doch wenn es etwas war, was mit ihm selbst zu tun hatte, würde er sich auch selbst um die Erledigung kümmern. Dann würde sich herausstellen, dass es ganz und gar nichts mit den Triaden (wie Racer mutmaßte) oder sonst irgendeiner Bande zu tun hatte. Was Racer nicht kapierte, war die Tatsache, dass Danny der vollendete Einzelgänger war, ein Individualist. Er gehörte, abgesehen von der Hotel- und Gaststätteninnung, überhaupt keiner Vereinigung an.
    Und hier kam er nun auf sie zu, in einem von seinen Ermenegildo-Zegna-Anzügen aus dunkelgrauer Wolle und Seide und mit einer Krawatte, die mit ihrem leuchtend bunten Farbwirbel von Van Gogh hätte gemalt sein können (falls der sich mit Herrenbekleidung befasst hätte). Das lavendelfarbene Hemd konnte sich Danny anders als die meisten Männer leisten.
    »Ah! Die Herren Detektive und Frau Doktor!« Er verbeugte sich vor Phyllis und wandte sich dann Jury zu. »Wie wollen Sie Jagd auf Verbrecher machen, wenn Sie ständig hier beim Schmausen sind? Nicht, dass ich nicht hocherfreut wäre, Sie zu sehen.« Er schnippte mit den Fingern, und eine der kleinen, alterslosen Damen, die hier bedienten, kam herübergehuscht, in der Hand eine tönerne Teekanne und winzige Tontässchen, die sie mit einem Lächeln vor ihnen hinstellte.
    »Sind Sie immer noch nicht so weit, meinen Killer hopszunehmen?«, erkundigte sich Danny mit einem Lächeln, das einer Zahnpastareklame zur Ehre gereicht hätte. Damit meinte er den Mord an dem Kerl, der als unordentlicher Haufen auf seiner Schwelle niedergesunken war.
    Als Jury die Antwort schuldig blieb und Wiggins den Blick nicht von der Speisekarte hob, fuhr Danny fort: »Nein? Sie machen sich doch nicht etwa immer noch vor, ich wäre es gewesen?«
    »Ganz recht, Danny, das tun wir nicht. Sie bringen doch in Soho keine Leute um. So was erledigen Sie in Limehouse drüben.«
    »Tatsächlich? Wer schwebt Ihnen denn vor? Oder geht es etwa um die gesamte Einwohnerschaft der Docklands? Wie ich erfahren habe, wohnen die feinen Pinkel in diesen todschicken Eigentumswohnungen in Butler’s Wharf in Wirklichkeit über Opiumhöhlen.«
    Woraufhin Wiggins kichernd meinte: »Nein, die wohnen wahrscheinlich in den Opiumhöhlen. Ich nehme den kross gebratenen Fisch.«
    »Sie nehmen doch immer den kross gebratenen Fisch«, sagte Jury.
    Ins ockergelbe Licht und die gedämpften Geräusche des Ruiyi getaucht, sah Wiggins richtig glücklich aus. Jury war immer wieder überrascht, wie ein derart überfüllter Raum so still und unaufgeregt sein konnte. An der Tür stand die unvermeidliche Menschenschlange, Köpfe reckten sich hierhin und dorthin auf der Suche nach Tischen, an denen die Essensgäste fast fertig waren. »Vielleicht hatte er es auch satt«, sagte Wiggins, immer noch auf die Ruiyi-Leiche bezogen, »ewig auf einen Tisch warten zu müssen.«
    Phyllis lachte und studierte die Speisekarte.
    »Darf ich Ihnen das heutige Spezialgericht empfehlen? Shrimps in Knoblauchsoße.«
    »Ich nehme den kross gebratenen Fisch«, wiederholte Wiggins.
    »Das sagten Sie bereits.«
    »Oder«, fuhr Danny fort, »die Pekingente mit Aprikosen.«
    »Ich nehme die Shrimps«, sagte Phyllis, während sie sich ein winziges Schlückchen Tee einschenkte.
    »Ente«, sagte Jury und fuhr fort: »Wissen Sie, Danny, ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie unser Opfer kannten und vielleicht sogar wussten, wer ihn erschossen hat.«
    »Er war Europäer, kein Asiate«, sagte Danny und zupfte an seinem lavendelfarbenen Hemdärmel.
    »Wollen Sie damit sagen, Sie kennen keine Europäer?«
    »Nur Sie von Scotland Yard.«
    »Ach ja. Na klar.« Jury trank den Tee, den

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