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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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erwartungsvoll drein, als wäre es ihr wirklich wichtig.
    »Ausgezeichnet!«, sagte Melrose, der Moselwein noch nie gemocht hatte.
    »Danke, Sir. Wir dachten uns schon, dass er Ihnen schmeckt. Und der passt ja auch viel besser zu dem poisson. « Sie trollte sich.
    Henry blies Rauchkringel.

    Nach diesem unterhaltsamen Zwischenspiel, nach dem unscheinbaren Wein und dem gegrillten Fisch war Melrose reif für die Rückkehr nach Lamb House.
    Als er das Haus betrat und sah, dass sein Koffer noch beherzt wie ein verstoßener und dennoch ergebener Hund an der Treppe stand, fragte er sich, ob er ihn gepackt gelassen hatte, weil er lieber wieder abfahren als bleiben würde.
    Er warf seinen Mantel wieder über das Geländer und ging in die Bibliothek, wo er mit dem Finger über die Buchrücken des Œuvres von Henry James fuhr. Er zog eine der Kurzgeschichtensammlungen hervor und las auf der Suche nach einer von James’ Gespenstergeschichten das Inhaltsverzeichnis durch. Henry James hatte es recht wichtig mit den Gespenstern, und Melrose fragte sich, warum, während er sich zum Fenster wandte und in die Dunkelheit hinaussah.
    Es war doch ziemlich ungewöhnlich, fand er: Henry James und Gespenstergeschichten. Hatte es da nicht einen Zwischenfall gegeben, bei dem der ältere James, sein Vater, ein Erlebnis mit einer Erscheinung gehabt hatte? Und sein Bruder William, der war doch mehr als nur ein bisschen an Geisterphänomenen interessiert gewesen.
    Zurück zum Buch. Er fand »The Jolly Corner«. Das konnte er im Bett lesen. Es war eine der bekanntesten Geschichten, Melrose hatte sie vor Jahren einmal gelesen. Den Band in der Hand, kehrte er in die Eingangshalle zurück, nahm seinen Koffer und ging die Treppe hinauf nach oben.

24
    Sein Buch noch aufgeschlagen unter der Hand, wachte Melrose an einem Morgen auf, der so frisch aussah wie ein 75er Beaujolais Nouveau. Eine zwar unpassende Metapher, doch würde er sich von der Weinkarte des Vorabends wahrscheinlich nie wieder erholen.
    Unten hörte er Geräusche, die anscheinend aus der Küche kamen. Kochgeräusche, hoffte er und stellte fest, dass er einen Bärenhunger hatte. Das Essen gestern Abend hatte nicht lange vorgehalten, vermutlich weil ihn der Bestellvorgang so viel Energie gekostet hatte, dass jegliche durch Speis und Trank erfolgte Zufuhr schon aufgebraucht war, noch bevor er das Restaurant verlassen hatte. Ah! Das war wirklich ein famoses Varietéstückchen gewesen! Er durchlebte es im Geist noch einmal, während er sich vollends ankleidete.
    Er war gerade auf dem Weg nach unten, als der Türklopfer ertönte. Sollte er aufmachen? Oder es Mrs. Jessup überlassen? Wie lautete das Protokoll – Ach, egal! Geh einfach an die Tür und mach auf!
    Der Mann auf der Treppe war hochgewachsen, hellhaarig und mit fein gemeißelten, sehr ansehnlichen Zügen. Sehr germanisch , fand Melrose insgeheim, wohl wissend, dass er dies nur tat, weil ihm die Herkunft des Mannes bereits bekannt war.
    Der andere streckte ihm die Hand hin. »Kurt Brunner. Superintendent Jury meinte, ich könnte Ihnen in Rye vielleicht behilflich sein. Sie interessierten sich für die Geschichte dieser Gegend, sagte er.«
    Weit gefehlt , dachte Melrose. Das Letzte, was er tun wollte, war, sich über 1066 und die damit verbundenen Leiden und Nöte herzumachen, egal, wie sehr er sich am Vorabend geschworen hatte, eben dies zu tun. Er würde warten, bis sie es als Miniserie brachten. »Ah, ja! Doch, er hat von Ihnen gesprochen, Mr. Brunner. Ich nehme Ihre Hilfe gern an. Wollen wir uns setzen?« Melrose deutete auf einen der Lehnsessel im Wohnzimmer, den anderen nahm er selbst ein.
    »Ich interessiere mich besonders für die Geschichte von Lamb House. Ich schreibe nämlich eine Monografie über Henry James.« Ha, wieso zum Teufel musste er diese Information hinzufügen? Es würde ihn später nur in Schwulitäten bringen.
    Glücklicherweise interessierte sich Brunner nicht für Monografien. »Ich kenne Lamb House recht gut. Ich war, man könnte sagen, der Assistent von Billy Maples.« Er hielt inne. »Ich weiß nicht, ob Sie Bescheid wissen über –«
    »Dass er erschossen wurde? Doch. Der Superintendent sagte es mir, es stand auch in allen Zeitungen. Eine schreckliche Sache.«
    In dem Moment erschien Mrs. Jessup in der Tür. »Lord Ardry hat noch nicht einmal seinen Morgentee eingenommen, Mr. Brunner«, sagte sie in zänkischem Ton, als sei Brunner schuld, dass Melrose verschlafen hatte. Sie war untertänigst bemüht,

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