Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
Vom Netzwerk:
die Spitze abzuschneiden.
    Melrose wartete summend ab. Er wünschte, Jury wäre hier, um eine Wette mit ihm abzuschließen. Er fragte sich, ob das ausdruckslose Pärchen einen Tisch weiter vielleicht wetten wollte. Die sahen aus, als hätten sie in ihrem Leben noch nie etwas getrunken. Nun, so ist das Leben eben, wenn man Abstinenzler ist.
    Ah! Da kam ja die Bedienung und schleppte eine Flasche an.
    Dazu meinte sie unbekümmert: »Tut mir leid, aber von dem Wein haben wir gerade unsere letzte Flasche serviert. Unser Sommelier –«
    (Das fand er nun wiederum köstlich!)
    »– sagte, der würde Ihnen vielleicht stattdessen auch gut munden.« Sie drehte die Flasche so hin, dass er das Etikett sorgfältig lesen konnte. »Ist auch nicht so kostspielig.« Sie war hocherfreut, ihm diese Mitteilung machen zu können.
    Er hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem Vosne (oder jedenfalls mit dem, was Melrose sich unter diesem eleganten Wein vorstellte).
    »Das ist ein Beaujolais«, erwiderte er aufgeräumt. Wäre doch gelacht, wenn er nicht schlauer wäre als dieses ungeschliffene Bauernmädchen!
    Sie stand da mit ihrem fröhlichen Gesicht und strahlte. »Der Chef meinte, der würde Ihr Gericht abrunden, besser als der andere da jedenfalls.«
    Auf der anderen Tischseite steckte Henry seinen Daumen in die Westentasche und lachte.
    »Abrunden würde er es vielleicht schon, ich ziehe jedoch den krassen Kontrast eines Vosne-Romanée vor.« Melrose schlug die Weinkarte auf, die sie gar nicht erst wieder eingesammelt hatte, trommelte mit den Fingern darauf und tippte dann auf die zweitunwahrscheinlichste Flasche. »Wie wäre es mit dem Musigny? Diesem Grand Cru?«
    »Ich will mal sehen, Sir.« Sie schwirrte mit ihrer Flasche Fusel und ihrer Selbstsicherheit ab.
    Melrose wurde richtig fröhlich. Er hatte einen Abend voller Betrug, Ausflüchten und Mauscheleien vor sich.
    Henry konnte sich natürlich einen Kommentar nicht verkneifen: Ich würde zehn Guineen wetten, dass sie die zweite Runde gewinnt. Mit diesen Worten zog er sein abgegriffenes Geldscheinmäppchen hervor und klatschte einen Schein auf den Tisch.
    Melrose staunte über diese Verschwendungssucht. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die hier den Musigny haben?
    Oh, den brauchen sie auch gar nicht zu haben. Darum geht es ja schließlich, nicht? Henry paffte seine Zigarre.
    Jetzt wird er gleich Rauchkringel blasen , dachte Melrose.
    Tat er.
    Sie war tout de suite wieder da.
    »Oh, tut uns wirklich leid, Sir –«
    Uns. Jetzt war es schon eine Verschwörung!
    »– aber unsere Lieferung Musigny ist nicht eingetroffen.«
    Als ob der mit dem Milchlaster hergekarrt würde!
    »Aber unser Sommelier schlägt Ihnen diesen hier vor –«
    Einen Moselwein! Er machte schon den Mund auf, um gegen diesen hirnrissigen Tausch zu protestieren, als sie sagte – flüsterte , als handelte es sich um das bestgehütete Geheimnis in Rye: »Das ist ein sehr gutes Jahr.«
    Melrose sah auf das Etikett. »Ein 1975er. Der ist ja noch grün hinter den Ohren. Und ein Riesling ist es auch – weiß.«
    Das konnte sie jedoch kaum schrecken. »Der ist aus Trauben, die wo an der Mosel angebaut wurden.«
    »Da es sich um einen Moselwein handelt, überrascht mich das nicht.«
    »Auf dem Südhang. Über dem Fluss.«
    »Welchem Fluss?«
    »Na, der Mosel natürlich.«
    Henry blies einen Rauchkringel. Seine Finger bewegten sich schon verstohlen in Richtung Geld.
    »Deutschland hat überhaupt keine Hänge.« Hatte es natürlich schon, aber das wusste sie nicht.
    Sie lachte schelmisch. »Na, Sie sind mir aber auch einer, Sir.«
    »Eigentlich würde ich gern kurz Ihren Sommelier sprechen.«
    Dies trug Melrose einen enttäuschten Blick von Henry ein. Unter der Gürtellinie, mein Freundchen!
    »Tut mir leid, Sir. Der ist gerade eben aus dem Haus gegangen.«
    Henry kicherte, Melrose seufzte. »Schenken Sie einfach ein.«
    Henry nahm sein Geld wieder an sich – und die zwei Fünfer von Melrose noch dazu.
    Sie ließ mit viel Schwung den Korken knallen, gab ein klein wenig in sein Glas und wartete ab.
    »Ach, den braucht man nicht zu kosten. Ich bin sicher, der ist so gut, wie er eben sein kann.«
    Sie sah tatsächlich enttäuscht aus.
    Henry ebenfalls.
    Melrose sagte zu ihm: Erwarten Sie etwa, dass ich hier noch mitspiele?
    Natürlich. Was meinen Sie denn, was es sonst ist, das Leben?
    Widerwillig schwenkte Melrose den Wein herum, schnupperte daran, probierte. Die Bedienung schaute tatsächlich so

Weitere Kostenlose Bücher