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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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«Nette kleine Karre, was? Ist gerade einen Monat alt.»
    «Viel älter wird sie auch nicht werden, Wachtmeister, wenn Sie so weitermachen.» Jury zündete sich eine Zigarette an. «Ich nehme an, im Dorf wimmelt es von Reportern?»
    «Und ob. ‹Die Gasthof-Morde› haben sie sie getauft. Die Leute finden das aber gar nicht komisch, glauben Sie mir; sie haben Angst, morgen erdrosselt in ihren Betten zu liegen.»
    «Wenn sie sich nicht gerade in Gasthofbetten legen, dann wird ihnen schon nichts passieren.»
    «Da haben Sie recht, Sir. Warum gehen diese Idioten mit ihrem verdammten Vauxhall nicht zu Fuß nach Hause.» Gemeint war das alte, grüne Auto vor ihnen mit den beiden betagten, ihre Hühnerhälse reckenden Insassen, die mit 40 Kilometer Stundengeschwindigkeit die Straße entlangzockelten und Pluck das Leben zur Hölle machten. Wütend ließ er sich in seinen Sitz zurückfallen, da er offensichtlich Angst hatte, in der Gegenwart eines Vorgesetzten noch weitere todesmutige Überholungsmanöver zu versuchen.
    Long Piddleton präsentierte sich zu Jurys Linken als eine Reihe erhöht stehender niedriger Kalksteinhäuser und zu seiner Rechten als eine Weide mit Kühen; es folgte eine weitere Reihe von Häusern, die mit Stroh gedeckt waren; auf der anderen Straßenseite lag ein kleiner Tümpel, auf dem eine einsame Ente herumschwamm. Als sie nach links abbogen, bemerkte Jury eine Frau, die offensichtlich in großer Eile aus einem überwucherten kleinen Gartentor trat und dabei mit dem Arm in ihren Burberry fuhr. Sie starrte so interessiert dem Auto nach, daß Jury dachte, sie würde gleich den Daumen herausstrecken.

    «Als Sie in London erfahren haben, was hier vorgefallen ist, dachten Sie bestimmt, wir wären total übergeschnappt», sagte Superintendent Pratt.
    «Um ehrlich zu sein – ich dachte zuerst, jemand wollte uns verulken.» Jury vertiefte sich wieder in das Protokoll der Aussage des Pfarrers, Denzil Smith. «Was ist mit diesem Mädchen Ruby Judd?» Nach den Angaben des Pfarrers war seine Hausangestellte zu ihren Eltern nach Weatherington gefahren, aber nicht wieder zurückgekommen.
    «Ruby Judd. Ah, ja. Ich glaube nicht, daß das etwas mit den Morden zu tun hat. Tatsache ist, daß Miss Judd häufiger solche, äh, verlängerten Wochenenden einschiebt. Männergeschichten, Sie wissen schon.»
    «Aha. Hier steht nur, daß ihre Eltern sie überhaupt nicht gesehen haben. Wird sie immer noch vermißt?» Pratt nickte.
    «Ich nehme an», sagte er, «sie mußte sich für den Pfarrer etwas ausdenken. Ich kenne das Mädchen nicht, aber –»
    «Ich schon!» sagte Pluck mit einem anzüglichen Lächeln. «Ich glaube, der Chef hat recht, Inspektor.»
    «Ich verstehe», sagte Jury, was jedoch nicht stimmte. Das Mädchen war schon beinahe seit einer Woche verschwunden. «Wurde Small identifiziert?»
    Pratt schüttelte den Kopf. «Noch nicht. Small kam mit dem Zug, stieg in Sidbury aus und nahm den Sidbury-Dorking-Bus. Der Stationsvorsteher erinnert sich auch noch an ihn, aber nicht mehr genau; wir zeigten ihm ein Foto von Small, und er konnte uns nur sagen, daß er mit dem Elf-Uhr-Zug aus London gekommen ist. Der Zug hält an jedem Bahnhof, und wir haben keinerlei Hinweise, wo er eingestiegen sein könnte. Und wenn er aus London gekommen ist, Inspektor –» Der Superintendent breitete resigniert die Arme aus.
    «Und der andere, Ainsley?»
    «Kam mit dem Auto. Wir kriegten heraus, daß das Auto von einem Gebrauchtwagenhändler in Birmingham stammt. Sie wissen, wie das läuft: Man kauft sich ein Auto und hat sein Nummernschild. Der Händler stellte sich dumm, absolut dumm: Ah, was wolln Sie, Chef, was soll ’n Geschäftsmann wie ich tun! Dieser Bursche drückt mir für die alte Mühle vier Riesen in die Hand …! Und so weiter, und so weiter. Wir tappen also noch völlig im dunkeln, was das Auto und den Namen betrifft. Ich nehme an, es ist nicht sein richtiger. Jedenfalls gab es unter der Adresse, die er dem Händler gegeben hat, keinen Ainsley.»
    «Also auch in diesem Fall nichts?»
    Pratt schneuzte sich. «Richtig. Die Zentrale hat in Weatherington ein Labor aufgebaut. Sie machen alles dort.»
    Jury fand es unglaublich, daß sie trotz der wissenschaftlichen Methoden und der Erfahrung des Labors noch nicht die geringsten Anhaltspunkte hatten. Dabei brauchten sie keineswegs Fußspuren im Sand oder Blutstropfen auf der Schwelle. «Irgend etwas müssen sie doch gefunden haben – Textilfasern, Haare –, es ist doch

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