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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Eine illustre Ahnenreihe, Gnädigste, wirklich! Mir schwirrt schon der Kopf.»
    Sie nickte unwirsch. «Ich weiß. All das bekam mein Neffe sozusagen auf einem silbernen Tablett serviert. Lord Ardry, achter Earl von Caverness, et cetera. Ein Titel, der ihm einfach in den Schoß fiel, ohne daß er auch nur einen Finger rühren mußte. Und was tut dieser Narr – er verzichtet dankend.»
    «Er verzichtete?»
    «Er gab sein Ticket zurück, oder was immer man hierzulande da tun muß.»
    «Hmm, so was kommt selbst hierzulande nicht alle Tage vor. Hat er gesagt, wieso?»
    «Wieso? Oh, er sagte, er wolle nicht immer nach London fahren, um im Oberhaus rumzusitzen, wie das seine Pflicht gewesen wäre, während Ardry End von Einbrechern, Hausbesetzern und ähnlichem Gesindel heimgesucht würde. Ich sagte, ich würde schon nach dem rechten schauen, aber er meinte … oh, ich erinnere mich nicht mehr … irgendwelchen Blödsinn. Bei Melrose weiß man nie, was er meint.» Sie senkte die Stimme. «Ich glaube, manchmal tickt er einfach nicht richtig.» Sie umklammerte ihren Stock, als wolle sie ihn auf Melroses Bild, das vor ihr aufgetaucht war, niedersausen lassen. «Jedenfalls heißt er jetzt nur noch Melrose Plant. Das ist sein Familienname.»
    «Und die übrigen Gäste?»
    «Da waren noch Oliver Darrington und Sheila Hogg –»
    «Darrington. Der Name kommt mir bekannt vor. Schreibt er nicht Kriminalromane?»
    «Ja, er hat ein paar schwachsinnige Thriller geschrieben. Sheila ist seine Sekretärin – ein kunstbeflissenes Flittchen, mit blutroten Fingernägeln und einem Ausschnitt bis zum Nabel. Ich sollte vielleicht sagen, daß sie sich seine Sekretärin nennt. Wie oft die an einer Schreibmaschine sitzt, kann man sich ja vorstellen. Sie lebt mit ihm unter einem Dach.» Agatha rümpfte die Nase. «Ja und dann Vivian Rivington. Sie schreibt Gedichte. Etwas verschroben. Ziemlich farblos, trägt lange braune Pullover mit Taschen, in die sie ihre Fäuste steckt. Wahrscheinlich sexuell frustriert. Stille Wasser sind verdächtig, finden Sie nicht auch? Ich weiß, sie hat was übrig für Melrose, obwohl es heißt, sie wolle Simon Matchett heiraten. Matchett gehört Die Büchse der Pandora , ein netter Junge. Angeblich sind sie so gut wie verlobt, aber ich kann das nicht beschwören. Vivian ist überhaupt nicht Simons Typ. Melroses Typ ist sie übrigens auch nicht. Wahrscheinlich ist sie niemandes Typ.»
    «Wo war Mr. Matchett, als Sie die Leiche fanden?»
    «Oben bei seinen Gästen. Als die kleine Murch mit ihrem Gebrüll anfing, ging er natürlich als erster runter. Das heißt, gleich nach mir. Sie können sich vorstellen, was er für ein Gesicht machte, als er einen seiner Gäste ermordet auffand.»
    «Kann ich. Gab es noch weitere Gäste?»
    «Isabel Rivington, Vivians Stiefschwester. Sie ist älter als Vivian, fünfzehn Jahre oder noch mehr, sieht aber so jung aus wie ihre Schwester. Oder Vivian sieht schon so alt aus. Blaß, verhuscht, diese Sorte. Sie werden ja sehen. Isabel hat sich seit eh und je um Vivian gekümmert, schon als Vivian noch ein Kind war. Sie verwaltet Vivians Erbe. Das Geld gehört Vivian oder wird ihr einmal gehören, wenn sie dreißig ist oder wenn sie heiratet. Ich kann Ihnen aber nicht genau sagen, wieviel es ist.» Sie schwieg erwartungsvoll, als hoffte sie, der Inspektor könne ihr weiterhelfen. «Sie ist auf jeden Fall eine gute Partie … wenn sie vorhat zu heiraten, sollte sie sich allmählich darum kümmern, meinen Sie nicht auch? Aber Frauen wie sie werden von den Männern meistens übersehen. Außer, sie haben es auf ihr Geld abgesehen. Ihr Vater kam bei einem Unfall ums Leben. Ich meine Vivians Vater. Sie spricht nicht gern darüber. Ich glaube, das hat sie geistig etwas verwirrt.»
    «Sonst noch jemand?»
    «Lorraine und Willie Bicester-Strachan. Nicht gerade das verliebteste Paar in Long Pidd. Willie muß ein Jahrhundert älter sein als Lorraine, ein ziemlicher Langweiler. Ist ständig beim Pfarrer, schmökert in alten Büchern und unterhält sich mit ihm über die Dorfgeschichte. Oh, der Pfarrer hat an dem Abend auch in der Pandorabüchse gegessen. Also wenn Sie mich fragen, ich bin der Meinung, daß Männer, die dem geistlichen Stand angehören, sich mit Alkohol etwas zurückhalten sollten, auch während der Feiertage. Der Pfarrer ist der Maulwurf von Long Piddleton; er ist immer am Wühlen. Sein Hobby ist die Geschichte des Dorfes. Ja, das wär’s …» Sie schwieg, dann schlug sie sich aufs

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