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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Mütze über die Ohren. Rackmoor im Januar war die Hölle.
    Der «Alte Fuchs» war so nahe ans Wasser gebaut, daß die Wellen schon seine Mauern umspült hatten. Und einmal hatte die Sturmflut sogar den Bug eines Schiffes gegen sie prallen lassen. Schließlich wurde dann eine Flutmauer gebaut. Die Vorderfront des Pubs ging auf eine kleine Bucht, in der kleine Boote auf dem Wasser schaukelten. Von Norden her, aus der Richtung von Whitby, drang das Geheul des Whitby Bull an sein Ohr.
    Vier enge Straßen kamen hier zusammen: Lead Street, High Street, Grape Lane und Winkle Alley. Nur die High Street war breit genug für ein Auto, falls ein unerschrockener Fahrer sich von dem halsbrecherischen Gefälle nicht abschrecken ließ. Adrian wohnte beinahe am andern Ende der High Street, dort, wo die Straße einen Knick machte, bevor sie sich, allen Gesetzen der Schwerkraft zum Trotz, weiter in die Höhe schraubte. Er beschloß jedoch, die Grape Lane hinaufzugehen; sie war nicht ganz so steil, und das Kopfsteinpflaster war nicht ganz so kaputt. Aus dem «Fuchs» drangen immer noch die Stimmen der Stammgäste, die die letzte Viertelstunde auskosteten. Spießer!
    Er hörte sie, bevor er sie sah.
    Er ging gerade an der Engelsstiege vorbei, als er das Stakkato ihrer Absätze vernahm. Sie tauchte auf der andern Seite der Grape Lane aus dem Nebel auf und ging in die Richtung der Engelsstiege und der Flutmauer. Der Wind wickelte ihren schwarzen Umhang um ihre weißen Hosen. Adrian hätte nicht gedacht, daß ihn in Rackmoor noch etwas aus der Fassung bringen könnte; bei ihrem Anblick drängte er sich jedoch etwas dichter an den kalten Stein einer Hauswand. Eine Sekunde lang blieb sie unter dem Bogen einer der wenigen Straßenlaternen stehen, und er prägte sich dieses Bild in allen Einzelheiten ein.
    Um sich an etwas erinnern zu können – an das bunte Muster des Herbstlaubs, das Schimmern des Mondlichts oder den Faltenwurf eine Stückes Samt, der über einen Arm drapiert war –, brauchte Adrian nie ein zweites Mal hinzuschauen. Er brauchte sozusagen nur auf den Auslöser zu drücken, und das Bild war für immer abrufbereit in seinem Gedächtnis gespeichert. Er würde einen fabelhaften Zeugen abgeben, Adrian hatte das schon immer gedacht.
    Die Sekunde im Schein der Straßenlaterne hatte ihm genügt, um alles in seiner Erinnerung festzuhalten: den schwarzen Umhang, das weiße Satinhemd, die weißen Satinhosen, die schwarzen Stiefel und die schwarze Kappe, die sie auf dem Kopf trug. Am auffallendsten war jedoch das Gesicht gewesen. Als hätte man mit dem Lineal eine Linie an ihrem Nasenrücken entlanggezogen, die linke Seite war weiß, die rechte schwarz geschminkt. Eine schmale schwarze Maske vervollständigte das seltsame, schachbrettartige Aussehen.
    Rasch ging sie weiter auf die Engelsstiege und das Meer zu, und das Klappern ihrer Absätze verhallte im Nebel. Er stand da und starrte einen Augenblick lang ins Leere.
    Dann fiel ihm wieder ein, daß es die Nacht vor dem Dreikönigsfest war.

3
    «Soll ich Mutter spielen?»
    Bertie Makepiece hielt eine Teekanne aus Steinzeug hoch. Eigentlich war es schon zu spät, um noch aufzusein und Tee zu kochen; morgen war aber schulfrei, und Bertie dachte, er könne sich das einmal erlauben. Seit dem Abendessen hatte er Lust auf etwas Eßbares. Er trug eine Schürze, die viel zu groß für ihn war und die er sich deshalb in Achselhöhe umgebunden hatte. Und so stand er da, geduldig die Teekanne über die Tasse haltend und auf Arnolds Antwort wartend.
    Aber sein Gegenüber auf dem anderen Stuhl antwortete nicht. Blickte man in Arnolds ernste Augen, hatte man jedoch den Eindruck, er würde ihm die Antwort nicht schuldig bleiben, weil er ein Hund war, sondern weil er – nein, er wollte wirklich nicht Mutter spielen.
    Arnold war ein Staffordshire-Terrier von der Farbe eines Yorkshire-Puddings oder eines sehr feinen trockenen Sherrys. Seine dunklen Augen, die einen auf irritierende Weise fixieren konnten, ließen eher einen Hundeimitator als einen wirklichen Hund vermuten. Arnold war ein sehr ruhiger Hund; man hörte ihn nur ganz selten bellen – als hätte er erkannt, daß Bellen allein nicht genügte, um durchs Leben zu kommen. Die andern Hunde folgten ihm in respektvollem Abstand: Arnold war ein Überhund. Wenn er auf den Bürgersteigen und in den Gassen herumschnupperte, hatte man immer das Gefühl, er sei etwas Bedeutsamem auf der Spur.
    «Hast du was gehört, Arnold?»
    Arnold hatte die

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