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Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Titel: Inspektor Jury spielt Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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ziehen.
    Melroses Silver Ghost beschleunigte die Angelegenheit. Das kleine Hausmädchen mit der kecksitzenden Haube starrte abwechselnd auf den Wagen und seine Karte und wußte nicht, was sie mehr beeindruckte.
    «Ich möchte die Baronin Regina zu dieser unchristlichen Stunde nur ungern belästigen», lächelte Melrose. «Aber vielleicht könnte ich –»
    «Oh, ich bin sicher, es ist keine Belästigung, Euer Gnaden –»
    Er lachte. «Diese Anrede steht mir leider nicht zu. Ich bin nur Earl, kein Herzog.»
    «Hallo», sagte eine Stimme aus dem dunklen Korridor. «Gillian Kendall.» Gillian streckte ihm die Hand entgegen. «Reginas Sekretärin.» Sie war gerade dabeigewesen, die Post, die auf einer angelaufenen Silberschale lag, durchzusehen.
    «Entschuldigen Sie, Miss Kendall, daß ich so früh hier hereinschneie.» So früh war es auch wieder nicht, immerhin schon nach zehn.
    Sie legte die Post wieder hin und sagte: «Die Sache da gestern abend im ‹Haus Diana›. Wie entsetzlich …»
    «Hat Carrie es Ihnen erzählt?»
    Gillian Kendall war verwirrt. «Carrie? Nein. Was hatte sie denn damit zu tun?» Dann lächelte sie. «Sie hat allerdings die Tendenz, immer dann aufzukreuzen, wenn irgendein Tier ein Problem hat.»
    Jetzt war Melrose verwirrt. «Ich würde eher sagen, Carrie hatte ein Problem. Hat sie Ihnen nicht erzählt –?»
    Bevor er ausreden konnte, kam Regina wie eine Erscheinung im blauen Brokatmorgenmantel mit elfenbeinfarbenen Einsätzen und langer Schleppe die Treppe heruntergeschwebt. «Wie reizend von Ihnen vorbeizukommen, Lord Ardry. Kaffee im Salon, Gillian?»
    «Ja, natürlich. Aber was ist mit Carrie?»
    «Carrie? Carrie?» sagte die Baronin und bemühte sich, ihr Haar mit den Haarnadeln hochzustecken, die sie im Mund hatte, und den hatte sie sich wohl in aller Eile geschminkt, der Lippenstift verteilte sich in die winzigen Runzeln drum herum. Regina de la Notre hatte offenbar keinerlei Hemmungen, ihre Toilette in der Öffentlichkeit zu beenden. «Carrie steckt immer in irgendwelchen Problemen.» Sie seufzte und ließ Haare Haare sein. «Was hat sie denn jetzt schon wieder angestellt? Und noch dazu mit einem Peer des Königreichs, gütiger Gott.»
    «Es geht eher darum, was mit Carrie angestellt wurde. »
    «Ach, du meine Güte! Warum stehen wir alle hier rum?» Das sagte sie, als wolle sie Gillian vorwerfen, daß es ihr nicht gelungen war, Stühle herbeizuzaubern.
    Gillian öffnete die Tür zum Salon, Regina rauschte hinein.
    Nachdem sie sich auf der Chaiselongue in Positur gesetzt und sich Feuer hatte geben lassen, war sie bereit für die Katastrophen des Tages. Gillian blieb ruhig stehen. «Also, was soll das alles?»
    «Grimsdale hat sie gestern abend fast umgebracht. Wenn Sergeant Wiggins nicht gewesen wäre, wäre sie wahrscheinlich tot – ich begreife nicht, warum sie Ihnen das nicht erzählt hat.»
    Sie waren beide entsetzt. Regina wurde wie von unsichtbaren Drähten von ihrer Chaiselongue gezogen und lief nervös im Zimmer auf und ab. «Der Teufel soll den Mann holen!» Sie wirbelte mit einer ziemlich eleganten Handbewegung die Brokatschleppe herum. «Dann hat ihn doch wohl hoffentlich die Polizei gefaßt.»
    «Ihn verhört, ja. Aber gefaßt –?» Melrose zuckte mit den Schultern.
    «Ist doch ein eindeutiger Fall von versuchtem Totschlag. Gillian, verdammt noch mal, stehen Sie nicht da wie bestellt und nicht abgeholt. Kaffee!»
    «Finden Sie nicht, daß Carrie jetzt wichtiger ist als Kaffee?» sagte Gillian eisig.
    Zum Glück kam das kleine Hausmädchen, erhielt Anweisungen, und Gillian ging durch die Verandatür nach draußen. Obwohl Melrose heute morgen andere Sorgen hatte, war er von den Trompe-Fœil-Fresken einfach hingerissen.
    Die Baronin begab sich zur Chaiselongue, zündete sich eine neue Zigarette an, und Melrose erzählte ihr, was vorgefallen war.
    « Donaldson? Diese Bestien von Grimsdale haben ihn zerfleischt?» Sie schüttelte sich. «Ein Superintendent von Scotland Yard war hier. Warum, um alles in der Welt, interessieren Sie sich für das alles?» Sie nahm seine Karte vom Tisch neben der Chaiselongue. «Earl of Caverness.»
    Melrose lächelte. «Mehr oder weniger.»
    «Wie bitte?»
    «Ich heiße eigentlich Melrose Plant.»
    «Und ich Gigi Scroop. Aus Liverpool. Aber ich bin wahrhaftig eine echte Baronin, nicht, daß es mir mehr einbringt, als daß ich mich gegenüber den Dorfbewohnern aufspielen kann. Sind Sie nun ein Earl oder nicht?»
    «Ich habe einfach meine

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