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Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Titel: Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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hatte man eine ebenso einfache wie wirksame Lösung gefunden, Brot und Butter wurde einfach weggelassen.
    Der unschöne kleine Zwischenfall ereignete sich gegen Viertel vor acht. Um acht sollte das Diner beginnen, Sarah war sich deshalb später relativ sicher, was die Zeit betraf. Ein weiblicher Gast aus der Dependance mit schwarzem Tschador als Anhängerin von Chomeini verkleidet, informierte Sarah mit einer durch den Jaschmak bis fast zur Unkenntlichkeit gedämpften Stimme, daß eine der Wände in der Damentoilette mit einem obszönen Spruch beschmiert sei. Sarah hielt es für das beste, das anstoßerregende Graffito selbst in Augenschein zu nehmen, und so folgte sie der Dame im Tschador auf die fragliche Örtlichkeit. Und nachdem sie gesehen hatte, was dort mit schwarzem Filzstift über dem Waschbecken hingekritzelt worden war, mußte sie ihr recht geben: der Spruch war wirklich von verletzender Obszönität. Binyons Schwanz ist mickrig, stand dort zu lesen, und darunter — und seine Eier auch. Eine schöne Bescherung! Mit Schwamm und Scheuersand hatte sich die Schmiererei dann allerdings ziemlich problemlos wenigstens soweit beseitigen lassen, daß sie nicht mehr lesbar war.
    In dem festlich geschmückten Restaurant lief unterdessen alles nach Plan. Die Cocktails waren eine gute Idee gewesen — die Gäste begannen allmählich aufzutauen. Binyon war in der Verkleidung eines königlichen Henkers erschienen; offenbar hatte er in diesem Jahr nicht den Ehrgeiz, unerkannt zu bleiben. Wie Sarah, als sie nach der unerfreulichen Episode in der Damentoilette für einen kurzen Moment drinnen nach dem Rechten sah, feststellte, kümmerte er sich in geradezu rührender Weise um eines der Kinder, ein zierliches, etwas schüchternes kleines Mädchen, das sehr niedlich als Japanerin kostümiert war. Das Motto des Abends hatte, das war deutlich zu sehen, die Phantasie der Gäste beflügelt. Wie immer gab es ein, zwei Kostüme, die allgemein Aufsehen erregten — die meisten Blicke, vorwiegend begehrlicher Art, zog wohl eine junge Frau mit schlanker, geschmeidiger Figur auf sich, deren spärliche Bekleidung sie als türkische Bauchtänzerin auswies. Soweit Sarah auf den ersten Blick feststellen konnte, gab es unter den Kostümen nur eine etwas peinliche Entgleisung: der Billard-Crack aus Swindon, ein hagerer Mann, war ausgerechnet als Gandhi erschienen — und zwar als sehr ausgemergelter Gandhi in einem offenbar späten Fastenstadium. Doch fügte er sich trotz seines reichlich bizarren Aufzugs erstaunlich gut ein: ein Cocktailglas in der Rechten, unterhielt er sich angeregt mit einer Geisha, während er mit der Linken ab und zu diskret seinen Lendenschurz richtete.
    Nicht mehr lange, und die Gäste würden ihre Plätze einnehmen. Der erste Gang, Grapefruit Cerisette, war bereits serviert, im Anschluß daran würde es ein Consommé au Riz geben. Sarah holte sich einen Tequila Sunrise und ging zurück ins Foyer, um abzuschließen. Sie hätten drinnen mitessen können, aber ein Sechs-Gänge-Menü war das letzte, was sie sich wünschte. Der Kopf tat ihr weh, und sie sehnte sich danach, bald ins Bett zu kommen. Doch vorher mußte sie noch helfen, die gegrillte Forelle mit Mandeln und das Schweinekotelett Normandie aufzutragen, das hatte sie Binyon versprochen. Beim Erdbeerkuchen, dem Käse, dem Gebäck und dem Kaffee würde man, wie er ihr versichert hatte, ohne ihre Hilfe auskommen. Sie war nie eine große Esserin gewesen, und deshalb hatte sie es immer ungerecht gefunden, daß sie so leicht zunahm. Und im Gegensatz zu dem abgemagerten Gandhi aus Swindon konnte und wollte sie es sich nicht leisten, das neue Jahr mit ein paar Pfunden mehr zu beginnen.
    Bedächtig nippte sie an ihrem Cocktail. Sie würde erst in zehn Minuten wieder gebraucht, wenn die Grapefruit-Teller abgeräumt würden, sie konnte sich also in Ruhe eine der sechs Zigaretten gönnen, die sie sich jeden Tag gestattete. Sie nahm einen tiefen Zug und lehnte sich entspannt zurück.
    Zehn Minuten vor acht.
    Es konnten nur zwei oder drei Minuten vergangen sein, als ein lautes Geräusch nicht weit von ihr sie zusammenfahren ließ. Und plötzlich — die Stille im dämmrigen Foyer wurde durch die lauten Stimmen, die aus dem Restaurant drangen, eher noch unterstrichen — spürte sie eine ganz unerklärliche Angst. Ein leichtes Frösteln überlief sie. Es dauerte nur einen Augenblick, dann war das Gefühl der Beklemmung, ebenso unerklärlich, wie es gekommen war, wieder

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