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Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Titel: Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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wollte ihr nicht einfallen...
    Aber wenn nicht jetzt, dann vielleicht später...

Kapitel Fünfundzwanzig

MONTAG, 6. JANUAR

    Wenn du täglich acht Stunden pflichtbewußt arbeitest, wirst du vielleicht Chef und arbeitest dann wahrscheinlich zwölf Stunden am Tag.
    Robert Frost

    Gladys Taylor dachte jeden Morgen, wenn sie das flache, langgestreckte, beigefarbene Klinkergebäude am Ewert Place in Summer-town betrat, mit Trauer daran, daß ihre Tage als Angestellte der University of Oxford Delegacy of Local Examinations 2 kurz Locals genannt, gezählt waren. Neunzehneinhalbjahre hatte sie hier gearbeitet, und irgendein irrationaler Ordnungsinstinkt ließ sie wünschen, es wären glatte zwanzig geworden. Aber die Vorschriften standen dagegen. Außerplanmäßige Angestellte wie sie mußten am Ende der auf ihren sechzigsten Geburtstag folgenden sogenannten «Prüfungsperiode» in den Ruhestand treten. Diese Prüfungsperioden, vier oder fünf in jedem akademischen Jahr, dauerten unterschiedlich lange — von drei bis vier bis zu neun Wochen oder mehr. Aber nicht nur die Zeitdauer variierte, auch die anfallenden Aufgaben waren von Mal zu Mal verschieden. So war man im gegenwärtigen Prüfungszeitraum — einer der kürzeren Perioden, die nach drei Wochen abgeschlossen sein würde — damit befaßt, die Mathematikarbeiten der im Herbst zur Wiederholungsprüfung angetretenen GCE-Kandidaten 3 nachzusehen und zu bewerten. Die Zahl der Prüflinge war naturgemäß sehr viel kleiner als beim ersten Termin im Sommer, da nur diejenigen antraten, die den Anforderungen vor ein paar Monaten nicht genügt hatten. Gerade diese Unglücklichen besaßen Gladys’ Sympathie in viel höherem Maße als so manche der erfolgreichen Sommer-Absolventen, die, wie sie selbst erlebt hatte, mitunter reichlich überheblich auftreten konnten. Ihre Sympathie für die, die sich schwertaten, rührte aber wohl vor allem daher, daß sie selbst sich in ihrer Jugend auch als Versager erlebt hatte. Sie hatte nur die Hauptschule besucht und war mit fünfzehn, als der Krieg ausbrach, abgegangen, ihr Abschlußzeugnis war nur mäßig gewesen, lediglich ihre Pünktlichkeit und ihre Zuverlässigkeit hatte man einer positiven Erwähnung für wert befunden. Mit Anfang Zwanzig hatte sie einen Lastwagenfahrer geheiratet, der schon wenige Monate nach der Heirat angefangen hatte, sie zu betrügen, und so war es ihr ganz recht gewesen, daß ihre Ehe kinderlos blieb. Als ihr Mann bei einem Verkehrsunfall starb, war sie mit einundvierzig Jahren plötzlich Witwe und stand vor dem Nichts. Auf den Tip einer Freundin hin hatte sie sich bei den Locals beworben und war zu ihrer eigenen Überraschung eingestellt worden. Während der ersten Monate ihrer Tätigkeit hatte sie aus Angst, etwas falsch zu machen, eine beinahe schon krankhafte Gründlichkeit und Sorgfalt an den Tag gelegt; dennoch war sie oft schon vor Tagesanbruch aufgewacht und hatte gegrübelt, ob ihr vielleicht gestern nicht doch ein Fehler unterlaufen sein könne. Mit zunehmender Erfahrung hatte ihre Angst nachgelassen, und ihre Arbeit hatte begonnen, ihr Spaß zu machen. Ihr Pflichtbewußtsein, ihre Zuverlässigkeit hatten ihr bei Kollegen und Vorgesetzten bald Respekt eingetragen, und in Anerkennung ihrer guten Arbeit war ihr vor ein paar Jahren eine Stelle mit größerer Verantwortung übertragen worden. Zu ihrem neuen Aufgabenbereich gehörte es unter anderem, frisch eingestellte, noch unerfahrene Kolleginnen mit der komplizierten Materie vertraut zu machen. Gerade vor einem halben Jahr war Gladys ein neuer Schützling zugewiesen worden — ihr Name lautete Margaret Bowman.
    Drei gemeinsam durchgestandene Prüfungsperioden hatten sie einander nähergebracht, so daß sie sich inzwischen auch eine Menge privater Dinge anvertrauten. Margaret war zu Anfang genauso schüchtern und ängstlich gewesen wie damals Gladys, und vermutlich aus diesem Grund hatte diese die um gut zwanzig Jahre jüngere Frau sofort ins Herz geschlossen und sie bald mehr als eine Art Tochter denn als Kollegin betrachtet. Bei aller Offenheit schwieg sich Margaret jedoch über bestimmte Dinge aus; so hatte sie zum Beispiel nie mehr als eine Andeutung darüber gemacht, wie die Beziehung zu ihrem Ehemann Tom aussah, und auch, daß sie einen anderen Mann kennengelernt hatte (irgendwann im Spätsommer, vermutete Gladys), hatte sie mit keiner Silbe erwähnt. Dabei war es so offensichtlich gewesen! Ihr heimliches Abenteuer hatte bei ihr jenes

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