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Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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des Mädchens gehört haben.«
    Voller Stolz sah Charls seinen Eltern entgegen. Es war ein wohlbegründeter Stolz. Bil und Kae sahen genauso aus wie sie waren: einfühlsam und intelligent. Zudem war ihr Fell gepflegt. Bils wunderschöner Karamelpelz besaß entlang seiner Wangenknochen und seiner Nase und an der Schwanzspitze weiße und schwarze Flecken. Kae war von einem makellosen Braunbeige, zu dem ihre hübschen grünen Augen einen auffälligen Kontrast bildeten.
    »Ist mit euch beiden alles in Ordnung?« fragte Bil, als sie sie erreicht hatten. »Wer ist das? Sie sieht aus wie ein Wahrer Mensch. Ist sie freundlich? Hat sie euch verletzt? War sie das, von dem diese gewalttätigen Gedanken ausgingen? Sogar auf der anderen Seite des Hügels konnten wir sie empfangen.«
    Oda brach in Gekicher aus. »Du stellst ebenso viele Fragen wie ich, Vati.«
    »Wir wissen nur«, erklärte Charls, »daß dieses Ding vom Himmel fiel und sie sich in seinem Innern befand. Hast du diesen kreischenden Lärm gehört, mit dem es herunterkam?«
    Kae lachte. »Wer hat ihn nicht gehört?«
    »Das Ding ist genau dort drüben aufgeprallt. Man kann gut erkennen, wo es mit der Böschung kollidierte.«
    Das Aufprallgebiet war schwarz und umgepflügt. In der Nähe des Objekts glühten die entwurzelten Kampfbäume, die auf dem Boden einen undurchdringlichen Wirrwarr bildeten.
    Bil sah Juli an und schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht, warum sie durch den harten Aufprall nicht getötet wurde.«
    Wieder begann Juli laut zu sprechen, aber schließlich schien sie zu begreifen. Die fremdartigen Worte würden ihr nicht weiterhelfen. Statt dessen dachte sie: Bitte, ihr lieben kleinen Wauwaus. Bitte, helft mir. Bitte, versteht mich.
    Bil behielt seine Würde, aber mißbilligend registrierte er, daß sein Schwanz von allein zu wedeln begonnen hatte. Ihm wurde klar, daß diese Reaktion unkontrollierbar war. Er empfand gleichzeitig Widerwillen und Freude, als er telepathierte: Natürlich verstehen wir dich, und wir werden dir helfen; aber, bitte, denke nicht mehr so laut und rücksichtslos. Es schmerzt, wenn wir deine Gedanken so klar und scharf empfangen.
    Juli versuchte die Intensität ihrer telepathischen Impulse zu verringern. Sie bat: Bringt mich nach Deutschland.
    Die vier Unbefugten Menschen – Mutter, Vater, Tochter und Sohn – blickten einander an. Sie hatten nicht die geringste Vorstellung, um was es sich bei Deutschland wohl handeln mochte.
    Es war Oda, die sich von Mädchen zu Mädchen an Juli wandte und sprakk: Denk uns etwas Deutsches zu, damit wir verstehen können, was das ist.
    Und aus dem fremden Mädchen drangen Bilder von unglaublicher Schönheit. Vision nach Vision entstand, bis die kleine Familie fast geblendet war von der Pracht der Übertragung. Sie sahen, wie die ganze alte Welt zum Leben erwachte. Städte erhoben sich glänzend über die grüne Erde. Es gab keine gleichgültigen, matten Wahren Menschen – statt dessen erinnerten alle Wesen, die sie in Julis Bewußtsein erblickten, an Juli selbst. Sie waren vital, oft wild und mächtig. Sie waren groß, hochgewachsen, langfingrig. Und natürlich besaßen sie nicht Schwänze wie die Unbefugten Menschen. Die Kinder waren so hübsch, daß man es kaum glauben mochte.
    Das Erstaunlichste an dieser Welt aber war die ungeheure Vielzahl an Menschen. Die Menschen drängten sich enger zusammen als ein Schwarm Zugvögel, traten in größeren Mengen auf als die Lachse auf ihrem Weg flußabwärts.
    Charls hatte sich bislang für einen weitgereisten jungen Mann gehalten. Außer seiner Familie war er mindestens vier Dutzend anderen Personen begegnet, und bei Hunderten von Gelegenheiten hatte er über sich am Himmel die Wahren Menschen gesehen. Oft hatte er die unerträgliche Helligkeit der Städte aufgesucht und sie mehr als einmal umrundet, bis ihm jedesmal bewußt wurde, daß es keinen Zutritt für ihn gab. Ihm gefiel sein Tal. In ein paar Jahren würde er alt genug sein, um die Nachbartäler zu besuchen und Ausschau nach einer Frau zu halten.
    Aber diese Visionen, die Julis Bewußtsein entsprangen … er konnte sich nicht vorstellen, wie es möglich war, daß so viele Menschen zusammenlebten. Wie konnten sie einander am Morgen begrüßen? Wie konnten sie sich einig werden? Wie war es ihnen möglich, so ruhig zu werden, daß sie die Gegenwart und die Bedürfnisse eines jeden anderen verstehen konnten?
    Ein besonders durchdringendes, klares Bild formte sich heraus. Kästen auf kleinen

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