Instrumentalität der Menschheit
Schimpfwort belegen. Er scheint über gewisse Fähigkeiten zu verfügen. Schau nur, was er mit Li gemacht hat.«
Der Marsianer entschied, seine Bildung hervorzukehren, und sagte konziliant: »Wenn ich ein Wang-pa bin, dann bist du ein Wang-pen .« Freundlich fügte er auf russisch hinzu: »Das ist ein Wechselbalg, weißt du? Viel schlimmer als ein uneheliches Kind. Gefalle ich dir, Genosse Farrer? Hast du ein Feuerzeug bei dir? Westliche Wissenschaft ist so wundervoll; ich schaffe es nie, feste Gegenstände für länger Zeit zu materialisieren, aber ihr baut Flugzeuge, Atombomben und viele andere putzige Dinge.«
Farrer griff in die Tasche und suchte nach dem Feuerzeug.
Hinter ihm klang ein Schrei auf. Einer der chinesischen Träger hatte sich von der wartenden Marschkolonne entfernt und den Kopf über den Klippenrand geschoben, um nachzuschauen, was da vor sich ging. Als er die Lastwagen und die Gestalt Mao Tse-tungs entdeckte, begann er zu kreischen: »Hier oben sind Teufel! Hier oben sind Teufel!«
Aus jahrhundeartelanger Erfahrung wußte der Marsianer, daß jeder Versuch, mit den Einheimischen auszukommen, zwecklos war, es sei denn, es handelte sich bei ihnen um sehr, sehr junge oder sehr, sehr alte Menschen. Er trat an den Rand der Klippe, so daß er von allen Männern gesehen werden konnte. Er ließ Mao Tse-tungs Gestalt wachsen, bis sie zwölf Meter groß war. Dann verwandelte er sich in einen alten, schnurrbärtigen chinesischen Kriegsgott, dessen Zierbänder und Schwertquasten im Wind flatterten. Wie er erwartet hatte, fielen sie alle in Ohnmacht. Fürsorglich lehnte er sie an die Felsen, damit niemand den Hang hinunterrollte. Dann nahm er die Gestalt einer hübschen, kleinen, blonden sowjetischen Rotarmistin mit den Rangabzeichen eines Feldwebels an und rematerialisierte sich neben Farrer.
Farrer hatte inzwischen das Feuerzeug gefunden.
»Gefalle ich dir so besser?« fragte die kleine Blondine.
»Ich glaube von alldem nicht das geringste«, knurrte Farrer. »Ich bin militanter Atheist. Ich habe mein ganzes Leben lang gegen den Aberglauben gekämpft.« Farrer war vierundzwanzig.
»Mir scheint«, sagte der Marsianer, »du magst mich als Mädchen nicht. Es stört dich, nicht wahr?«
»Da du nicht existierst, kannst du mich auch nicht stören. Aber könntest du bitte wieder eine andere Gestalt annehmen, wenn es dir nichts ausmacht?«
Der Marsianer verwandelte sich in einen rundlichen kleinen Buddha. Er wußte, daß dies ein wenig pietätlos war, aber Farrer stieß einen erleichterten Seufzer aus. Selbst Li schien sich zu entspannen, jetzt, wo der Marsianer eine anständige religiöse Gestalt besaß.
»Hör zu, du obszöne dämonische Monstrosität«, schnarrte Kungsun, »dies hier ist die Volksrepublik China. Du hast absolut kein Recht dazu, als übernatürliche Erscheinung hier aufzutreten oder unatheistische Aktivitäten zu entfalten. Bitte verschwinde mitsamt diesen Illusionen da hinten. Und überhaupt, was willst du eigentlich?«
»Ich würde gern«, erklärte der Marsianer sanft, »Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas werden.«
Farrer und Kungsun starrten einander an. Dann redeten sie gleichzeitig, Farrer auf russisch, Kungsun auf chinesisch.
»Aber du kannst nicht Parteimitglied werden!«
Und Kungsun fügte hinzu: »Wenn du ein Dämon bist, dann bist du illegal.«
Der Marsianer lächelte. »Einige Erfrischungen gefällig? Ihr werdet vielleicht noch eure Meinung ändern. Wollt ihr ein Mädchen?« Er deutete auf die russischen Schönheiten, die noch immer in den Lehnstühlen schliefen.
Aber Farrer und Kungsun schüttelten die Köpfe.
Mit einem Seufzer entmaterialisierte der Marsianer die Mädchen und ersetzte sie durch drei gestreifte sibirische Tiger. Die Tiger trotteten heran.
Einer der Tiger blieb hinter dem Marsianer stehen und legte sich hin. Der Marsianer nahm auf ihm Platz. »Ich sitze gern auf Tigern«, gestand der Marsianer freundlich. »Sie sind so bequem. Setzt euch doch auch.«
Farrer und Kungsun starrten mit offenen Mündern ihren jeweiligen Tiger an. Die Tiger gähnten und streckten sich auf dem Boden aus.
Mit einer ungeheuren Willensanstrengung ließen sich die beiden jungen Männer vor ihren Tigern nieder. Farrer seufzte. »Was willst du? Ich schätze, diese Runde ging an dich …«
»Einen Krug Wein?« fragte der Marsianer.
Er materialisierte einen Weinkrug und drei Porzellanbecher. Er goß die Becher voll und musterte sie mit klugen, schmalen Augen. »Ich
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