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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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dem Schluß gekommen, daß das Gästezimmer unbewohnt war.
    Sie blinzelte heftig und klärte ihren von Tränen verschleierten Blick.
    Er blieb stehen und drehte sich um, offensichtlich, um das Schlafzimmer ein letztes Mal zu betrachten.
    Damit er ihren Atem nicht hörte, der flach wie der eines Kindes ging, hielt Chyna ihn an.
    Sie war froh, daß sie kein Parfüm benutzt hatte. Sie war überzeugt, daß er es gerochen hätte.
    Er schaltete das Licht aus, trat in den Korridor und zog die Tür hinter sich zu.
    Da ihr Zimmer das letzte im ersten Stock war, entfernten seine Schritte sich in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Sie wurden schnell unhörbar, übertönt vom wilden Hämmern ihres Herzens.
    Ihr erster Gedanke war, in dieser schmalen Zuflucht zwischen dem Teppich und den Sprungfedern zu verweilen, bis zum Tagesanbruch oder vielleicht noch länger zu warten, zu warten, bis eine lange Stille kam, die nicht mehr nach einem Raubtier auf der Lauer schmeckte.
    Aber sie wußte nicht, was mit Laura, Paul und Sarah geschehen war. Jeder von ihnen – sie alle – mochte noch leben, schwer verletzt, aber atmend. Der Eindringling hatte sie vielleicht am Leben gelassen, um sie später zu foltern, wie es ihm beliebte. Die Zeitungen berichteten regelmäßig über grausame Vorfälle, die nicht schlimmer als die Szenarien waren, welche sich nun in ihrem Kopf überschlugen. Und falls einer der Templetons noch lebte, war Chyna vielleicht seine letzte Hoffnung.
    Sie war aus den zahlreichen Verstecken ihrer Kindheit mit weniger Furcht gekrochen als nun, da sie zögernd unter diesem Bett hervorglitt. Natürlich hatte sie jetzt mehr zu verlieren als damals, ehe sie ihre Mutter verlassen hatte: ein anständiges Leben, das auf einem Jahrzehnt des unaufhörlichen Kampfs und der unter Mühen erworbenen Selbstachtung beruhte. Es war der reine Wahnsinn, dieses Risiko einzugehen, wo ein Verharren in ihrem Versteck doch offenbar Sicherheit bot. Doch persönliche Sicherheit auf Kosten anderer war Feigheit, und ein Recht auf Feigheit hatten nur kleine Kinder, die weder die Kraft noch die Erfahrung hatten, sich zu verteidigen.
    Sie konnte sich nicht einfach in die schützende Gleichgültigkeit ihrer Kindheit zurückziehen. Das hätte das Ende jeder Selbstachtung bedeutet. Selbstmord in Zeitlupe. Es ist nicht möglich, sich langsam in einen bodenlosen Abgrund zurückzuziehen – man kann nur hineinstürzen.
    Nachdem sie ihr Versteck verlassen hatte, erhob sie sich neben dem Bett auf die Knie. Weiter kam sie eine ganze Weile nicht. Die Furcht, die Tür würde aufgestoßen werden und der Eindringling erneut hereinstürmen, ließ sie erstarren.
    Das Haus war so still wie ein luftloser Mond.
    Chyna erhob sich schließlich auf die Füße und schlich durch das dunkle Gästezimmer. Da sie die drei Blutstropfen nicht sehen konnte, versuchte sie, um die Stelle herumzutreten, auf die sie gefallen waren.
    Sie drückte das linke Ohr an die Spalte zwischen Tür und Pfosten und lauschte auf Bewegungen oder Atemgeräusche im Gang. Sie hörte nichts, blieb aber mißtrauisch.
    Er konnte auf der anderen Seite der Tür stehen. Lächelnd. Zutiefst erheitert von der Vorstellung, daß sie lauschte. Seine Zeit abwartend. Geduldig, weil er wußte, daß sie irgendwann die Tür öffnen und ihm in die Arme laufen würde.
    Scheiß drauf!
    Sie legte die Hand auf den Knauf, drehte ihn vorsichtig und zuckte zusammen, als das Schnappschloß leise aus seiner Einfassung sprang. Wenigstens waren die Scharniere geölt und funktionierten lautlos.
    Selbst in der tiefen Dunkelheit, an die ihre Augen sich noch nicht völlig angepaßt hatten, sah sie, daß niemand auf sie wartete. Sie trat aus dem Raum und zog die Tür geräuschlos zu.
    Die Gästezimmer lagen am kürzeren Arm des L-förmigen Korridors im ersten Stock. Zu ihrer Rechten befand sich die Hintertreppe, die zur Küche hinabführte. Zu ihrer Linken lag die Biegung zum längeren Arm des L.
    Die Hintertreppe kam nicht in Frage. Sie war sie früher am Abend hinabgestiegen, als sie und Laura zum Spaziergang in den Weinbergen aufgebrochen waren. Sie war aus Holz und abgenutzt. Die Stufen knarrten und knackten. Das Treppenhaus fungierte als Verstärker; es war so hohl und effektiv wie eine Steeldrum. Bei einem so außergewöhnlich stillen Haus war es einfach unmöglich, unentdeckt die Hintertreppe hinabzuschleichen.
    Der Korridor im ersten Stock und die vordere Treppe hingegen waren mit dickem Teppichboden ausgelegt.
    Um die

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