Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
und Knie hoch.
    Sie hörte das hohle Trommeln von Pfoten auf den Planken der vorderen Veranda.
    Als sie sich an einem Sessel auf die Füße zog, schaute sie zu dem Fenster, das nicht von Vorhängen bedeckt war. Zwei Dobermänner hatten die Pfoten auf die Fensterbank gelegt und starrten sie an. In ihren Augen spiegelte sich strahlend gelb das weiche, bernsteinfarbene Licht der Lampe auf dem Beistelltisch.
    An der steinernen Wand lag ein Hinterbein des Stuhls. An dem dickeren Ende, wo das Kiefernholz an der Unterseite der Sitzfläche befestigt gewesen war, bestand es nur noch aus scharfen Splittern. Die zweieinhalb Zentimeter durchmessende Stange, die es mit dem anderen Hinterbein verbunden hatte, stand in einem Winkel von neunzig Grad ab.
    Die untere Kette war zur Hälfte frei.
    Auf der Veranda schritt ein Hund auf und ab. Der andere beobachtete Chyna noch immer.
    Sie zog die obere Kette zwischen den Sprossen hinter ihrem Rücken nach links, wobei sie die rechte Hand hinter den Kopf gehoben hatte, um der linken soviel Spielraum wie möglich zu verschaffen. Dann griff sie links hinab, unter die Stuhllehne und dann unter die dicke Sitzfläche, und tastete nach den Stuhlbeinen. Das hinten links fehlte; offensichtlich war es das Bein auf dem Boden. Die seitliche Verstrebung stand noch von dem linken Vorderbein ab, doch da das hintere fehlte, war sie mit nichts mehr verbunden, und die Kette war hinabgerutscht.
    Als sie die obere Kette nach rechts zog, um mit dieser Hand unter dem Stuhl tasten zu können, stellte sie fest, daß auch das andere Hinterbein sich gelöst hatte. Sie zog, schob und drehte daran und versuchte es abzubrechen. Aber ihr Ansatzpunkt war unzureichend, und das Bein saß noch zu fest, als daß sie mit ihren Bemühungen Erfolg gehabt hätte.
    Die beiden Vorderbeine waren nicht mit einer Querverstrebung verbunden. Jetzt wurde die untere Kette nur noch von der Strebe zwischen den beiden rechten Beinen am Abrutschen gehindert.
    Erneut stürmte sie rückwärts gegen die Wand. Brennender Schmerz explodierte in ihrem gesamten Körper, und sie wurde fast ohnmächtig. Aber als das rechte Bein nicht abbrach, sagte sie: »Verdammt, nein.« Sie weigerte sich einfach, vor den Schmerzen, der Erschöpfung, vor irgend etwas zu kapitulieren, was es auch sei, und hoppelte vor und warf sich dann erneut zurück. Holz brach mit einem trockenen Krachen, Splitter prallten von Steinen ab und fielen klappernd zu Boden, und mit einem hellen Rasseln löste die untere Kette sich vom Stuhl.
    Sie beugte sich benommen vor, und eine wirbelnde Dunkelheit füllte sie aus. Heftig zitternd, stützte sie sich mit beiden Händen auf die Lehne des großen Ledersessels. Ihr war schlecht vor Schmerz und Furcht, ihrem Körper vielleicht schweren Schaden zugefügt zu haben, und sie dachte an angeknackste Wirbel und innere Blutungen.
    Quietsch-quietsch-quietsch.
    Einer der Hunde fuhr mit den Krallen über das Fensterglas.
    Quietsch-quietsch.
    Chyna war noch nicht frei. Sie war noch an die obere Hälfte des Stuhls gekettet.
    Die vier Sprossen zwischen der oberen Rundung und der Sitzfläche waren dünner als die Querverstrebungen zwischen den Beinen; sie müßten also leichter zu zerbrechen sein als diese Stangen. Sie hatte nicht verhindern können, daß die Stuhlbeine gnadenlos gegen ihre Kniekehlen und Schenkel hämmerten, doch bei diesem Teil der Unternehmung müßte das Schaumstoff-Sitzkissen zwischen ihr und den Sprossen ihr einen gewissen Schutz geben.
    Zwei vom Boden bis zur Decke führende Pilaster flankierten die Feuerstelle und trugen die fünfzehn Zentimeter dicke Marmorplatte, die als Sims diente. Sie waren halbrund, und Chyna hatte den Eindruck, daß die Krümmung dazu beitragen konnte, die Wirkung des Aufpralls auf jeweils ein oder zwei Sprossen zu konzentrieren, statt sie auf alle vier zu verteilen.
    Sie schob den schweren Feuerbock aus dem Weg. Sie stieß ein Messinggestell mit Kaminwerkzeugen beiseite. Als sie hob und schob, wirbelte alles in ihrem Kopf, und ihr drehte sich der Magen um, und hundert Qualen überfielen sie.
    Sie wagte nicht mehr daran zu denken, was sie tat. Sie tat es einfach, jenseits von allem Mut, jenseits von Erwägung und Berechnung, getrieben von einer blinden, animalischen Entschlossenheit, frei zu sein.
    Diesmal kauerte sie sich nicht zusammen; sie stand so gerade, wie der Stuhl es zuließ, und warf sich rückwärts gegen den Pilaster. Das Kissen gab ihr einen gewissen Schutz, aber bei weitem nicht genug.

Weitere Kostenlose Bücher