Intensity
spritzte, kam aber schnell näher.
Sie kam sich dumm vor, wie ein Kind mit einer Wasserpistole. Das würde nicht funktionieren. Das konnte nicht funktionieren. Aber, Gott im Himmel, es mußte funktionieren, oder sie war Hundefutter.
Sofort drückte sie erneut auf den Hebel, und der Hund war auf der Treppe, und der Strahl senkte sich davor auf den Boden, und sie wünschte sich, sie hätte eine Spraydose mit mehr Druck, eine mit einer Reichweite von mindestens sechs Metern, damit sie das Tier aufhalten konnte, bevor es in ihre Nähe kam, doch sie drückte den Hebel schon wieder, während der vorherige Strahl noch fiel, und dieser erwischte den Hund, als er auf die Veranda sprang. Sie zielte auf seine Augen, doch der Salmiak spritzte auf seine Schnauze, in die Nase und auf die entblößten Zähne.
Die Wirkung setzte umgehend ein. Der Dobermann verlor den Halt, rutschte jaulend auf Chyna zu und wäre gegen sie geprallt, wäre sie nicht zur Seite gesprungen.
Während große Mengen beißenden Salmiaks auf die Zunge des Hundes gerieten und die Dämpfe seine Lungen füllten, so daß er keine saubere Luft mehr bekam, rollte der Hund sich auf den Rücken und rieb mit den Pfoten hektisch über seine Schnauze. Er jaulte und hechelte und gab schrille, gequälte Töne von sich.
Chyna wandte sich von ihm ab. Sie mußte in Bewegung bleiben.
Überrascht stellte sie fest, daß sie laut sprach: »Scheiße, Scheiße, Scheiße …«
Dann weiter zum oberen Ende der Verandatreppe, wo sie einen vorsichtigen Blick über die Schulter warf und sah, daß der Hund sich wieder erhoben hatte, im Kreis lief und den Kopf schüttelte. Zwischen dem hohen, schmerzerfüllten Jaulen nieste er heftig.
Der zweite Hund flog praktisch aus der Dunkelheit und griff Chyna an, als sie die unterste Stufe erreicht hatte. Aus dem linken Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr, drehte den Kopf und sah einen durch die Luft schießenden Dobermann – o Gott –, der wie eine Granate auf sie zukam. Obwohl sie den linken Arm noch heben und auf den Hund richten konnte, war sie nicht schnell genug, und bevor sie einen Salmiakstrahl abschießen konnte, wurde sie so hart getroffen, daß es sie fast von den Füßen riß. Sie stolperte zur Seite, bewahrte aber irgendwie das Gleichgewicht.
Die Zähne des Dobermanns senkten sich in das dicke Polster auf ihrem linken Arm. Er hielt sie nicht nur, wie ein Polizeihund es getan hätte, sondern zerrte an dem Polster, als wolle er Fleisch verschlingen, ein Stück abreißen und sie handlungsunfähig machen, eine Arterie aufreißen, so daß sie verbluten würde, doch zum Glück waren die Zähne nicht in ihre Haut eingedrungen.
Nachdem er sie mit disziplinierter Stille angegriffen hatte, knurrte er noch immer nicht. Doch tief aus seiner Kehle löste sich ein Geräusch, das irgendwo zwischen einem Brummen und einem hungrigen Winseln lag, ein unheimlicher und gemeiner Laut, den Chyna trotz ihres gepolsterten Helms nur allzu deutlich hörte.
Sie griff mit der rechten Hand hinüber und sprühte dem Dobermann aus nächster Nähe einen Strahl Salmiak in die grimmigen schwarzen Augen.
Die Kiefer des Hundes flogen auf, als seien sie Teil eines mechanischen Geräts, das mit einer Sprungfeder aktiviert worden war, und er drehte sich von ihr weg und heulte vor Schmerz auf, während silberne Speichelfäden von seinen schwarzen Lefzen schlabberten.
Ihr fiel die Warnung auf dem Salmiakbehälter ein: Verursacht schwere, aber vorübergehende Sehschäden.
Wie ein verletztes Kind heulend, rollte der Hund sich im Gras, rieb mit den Pfoten an den Augen wie das erste Tier an seiner Schnauze, aber mit noch hektischeren Bewegungen.
Der Hersteller empfahl, Augen, die mit Salmiakgeist in Berührung gekommen waren, fünfzehn Minuten lang mit sehr viel Wasser auszuspülen. Wenn der Hund nicht instinktiv zu einem Teich oder Bach lief, stand ihm kein Wasser zur Verfügung, also würde er sie mindestens eine Viertelstunde, höchstwahrscheinlich aber noch länger, nicht mehr behelligen.
Der Dobermann sprang auf, fletschte die Zähne und jagte seinem Schwanz hinterher. Er stolperte, stürzte wieder, rappelte sich hoch und schoß, geblendet und starke Pein leidend, in die Nacht davon.
So unglaublich es war, doch als Chyna das Heulen des armen Tiers hörte, während sie zum Wohnmobil lief, zuckte sie vor Reue zusammen. Der Hund hätte sie ohne das geringste Zögern zerrissen, wäre er an sie herangekommen, doch er war nicht von Natur aus ein geistloser
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