Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Überraschungsmoment konnte ihre Aussichten nicht mehr verbessern.
    Er blieb neben der Beifahrertür stehen, zehn Meter von ihr entfernt, und streckte sich fast träge. Er drehte die breiten Schultern, als wolle er Müdigkeit von ihnen abschütteln, und massierte seinen Nacken.
    Wenn er den Kopf nach links drehte, würde er sie sofort sehen. Wenn sie nicht völlig ruhig stehen blieb, würde er bestimmt auch ihre geringste Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnehmen.
    Der Wind wehte von ihr in seine Richtung, und sie befürchtete, daß er ihre Furcht riechen würde. Auch die flüssige Anmut, mit der er sich bewegte, ließ ihn mehr wie ein Tier als wie einen Menschen erscheinen, und sie konnte sich problemlos vorstellen, daß er mit übernatürlichen Fähigkeiten und Sinnen ausgestattet war.
    Die schallgedämpfte Pistole, mit der er Paul Templeton ermordet hatte, hielt er zwar nicht in der Hand, doch sie konnte in seinem Gürtel stecken. Falls sie zu fliehen versuchte, konnte er die Waffe ziehen und sie erschießen, bevor sie weit kam. Aber er würde sie nicht erschießen. So einfach würde es nicht werden. Er würde in ihr Bein schießen, sie bewegungsunfähig machen und fesseln. Sie zu Laura in das Wohnmobil stecken. Er würde später mit ihr spielen wollen.
    Nachdem er sich gestreckt hatte, ging er schnellen Schrittes zum Haus. Auf den Fußweg. Auf die Veranda. Hinein. Er schaute nicht zurück.
    Chyna hatte den Atem angehalten und stieß ihn nun mit einem furchtbaren Rasseln aus. Dann atmete sie schaudernd ein. Bevor ihr Mut noch weiter sank, eilte sie zur Fahrertür und kletterte hinter das Lenkrad. Sie hoffte, die Schlüssel in der Zündung vorzufinden; dann würde sie den Motor anlassen und mit Laura davonfahren, in Napa die Polizei aufsuchen können. Keine Schlüssel.
    Sie schaute zum Haus und fragte sich, wie lange er dort bleiben würde. Vielleicht suchte er jetzt, nachdem er mit dem Morden fertig war, nach Wertgegenständen. Oder stellte Andenken zusammen. Das konnte fünf Minuten, zehn Minuten, vielleicht sogar noch länger dauern. Zeit genug, um Laura aus dem Wohnmobil zu schaffen und irgendwo zu verstecken. Irgendwie.
    Sie hatte noch immer das Messer. Und nun, da sie ohne dessen Wissen im Wagen des Mörders war, hatte sie das wertvolle Element der Überraschung zurückgewonnen.
    Trotzdem raste ihr Herz, und ihr trockener Mund war von dem leicht metallischen Geschmack fieberhafter Angst erfüllt. Sie drehte den Sitz vom Armaturenbrett fort. Nun konnte sie aus dem Führerhaus in den Wohnbereich treten, der eingebaute und mit einem Schottenkaro bezogene Bettcouchen enthielt. Der Stahlboden war natürlich mit Teppichboden ausgelegt, doch nach Jahren langer Reisen quietschte er leise unter ihren Schritten.
    Sie hatte erwartet, daß das Wohnmobil wie ein Theater in der Art des Grand-Guignol riechen würde, in dem die sadistischen Stücke ohne Stunts und Attrappen gespielt wurden, doch statt dessen hing der Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee und Zimtgebäck in der Luft. Wie seltsam – und irgendwie zutiefst beunruhigend –, daß ein solcher Mensch überhaupt Gefallen an so unschuldigen Vergnügen fand.
    »Laura«, flüsterte sie, als könne der Mörder sie auch im Haus hören. Dann dringlicher, aber trotzdem noch geflüstert: »Laura!«
    Hinter dem Wohnbereich lag eine Kochnische und dahinter eine behagliche Eßecke mit einer mit rotem Vinyl gepolsterten Bank. Von einer Batterie gespeist, leuchtete eine Lampe über der Eckbank.
    Laura war nirgendwo zu sehen.
    Chyna ging schnell durch den Eßbereich und erreichte die hintere Tür auf der rechten Seite, durch die der Mörder mit dem bewußtlosen Mädchen auf den Armen den Wagen betreten hatte.
    »Laura.«
    Achtern von der Außentür führte ein kurzer, schmaler Gang an der Fahrerseite des Wohnmobils entlang, der von einem Sicherheitsbeleuchtungskörper mit Niederspannung erhellt wurde. Dort befand sich auch ein – nun dunkles – Dachfenster.
    Auf der linken Seite waren zwei geschlossene Türen, und am Ende stand eine dritte weit offen.
    Die erste Tür öffnete sich in ein winziges Bad. Der Raum war ein Wunder des effektiven Designs: eine Toilette, ein Waschbecken, ein Spiegelschrank und eine Duschkabine in der Ecke.
    Hinter der zweiten Tür befand sich ein Schrank. Ein paar Kleidungsstücke hingen an einer Chromstange.
    Am Ende des Gangs lag ein kleines Schlafzimmer mit einer imitierten Holztäfelung und einem Schrank mit einer Falttür aus Vinyl. Das spärliche

Weitere Kostenlose Bücher