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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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und sie haßte sich dafür. Während der letzten zehn Jahre hatte sie sich in eine Gewinnerin verwandelt, und sie war entschlossen, nicht zurückzuweichen.
    Die alten hölzernen Stufen protestierten unter ihr, aber sie bewegte sich schnell, ohne auf den Lärm zu achten. Ob Laura noch lebte oder tot war, der Mörder würde seine Spielchen treiben, von ihnen abgelenkt werden und wahrscheinlich nur das donnernde Rauschen seines eigenen Bluts und die Einflüsterungen jener inneren Stimmen vernehmen, die in diesem Augenblick, da er ein Leben in den Händen hielt, zu ihm sprechen mochten.
    Sie trat auf den oberen Gang. Angetrieben von ihrer Angst um Laura und einem Zorn, der aus dem Abscheu vor sich selbst im Augenblick der Schwäche auf der Brüstung entstanden war, eilte sie an der geschlossenen Tür des Gästezimmers zu der Biegung in dem L-förmigen Korridor weiter, um die Ecke, vorbei an der halb geöffneten Tür des Schlafzimmers der Templetons und durch das bernsteinfarbene Licht, das sich daraus ergoß. Sie stürmte an der Laube aus verblichenen Rosen vorbei, und ihr Zorn schwoll zu nackter Wut an. Ihre Kühnheit schockierte sie. Sie schien über den Teppich zu gleiten, so schnell, als würde sie auf Skiern einen vereisten Hang hinabfahren, direkt zur geöffneten Tür von Lauras Zimmer, ohne das geringste Zögern, das Messer erhoben, der Arm nicht mehr zitternd, sondern ruhig und sicher, rasend vor Entsetzen und Verzweiflung und heiligem Zorn, über die Schwelle und in den Raum, in dem sich Freud von dem, was unter seinem Blick geschehen war, völlig unbeeindruckt zeigte – und das zerwühlte Bett war leer.
    Chyna wirbelte ungläubig herum. Laura war fort. Der Raum war verlassen.
    Über dem Ansturm ihres Atems und dem Dröhnen ihres Herzens hörte sie das Rasseln und Klappern von Lauras Kette.
    Nicht in diesem Raum. Woanders.
    Ohne auf die Gefahr zu achten, kehrte sie in den Korridor zurück, zu der Balustrade, die einen Blick auf die Diele bot. Unten, kaum erhellt vom schwachen Licht des oberen Korridors, trat der Mörder durch die offene Eingangstür auf die Veranda. Er trug Laura auf den Armen. Sie war in ein Bettlaken gehüllt, ein bleicher Arm hing schlaff herab, der Kopf rollte zur Seite, das Gesicht war unter ihrem goldenen Haar verborgen. Er mußte die dunkle Treppe heruntergekommen sein, als Chyna an ihr vorbei gelaufen war. Sie hatte sich dermaßen darauf konzentriert, zu Lauras Zimmer zu gelangen, sich so stark auf den Angriff vorbereitet, daß sie ihn nicht bemerkt hatte, obwohl die Kette und die Handschellen auch schon bei dieser Gelegenheit gerasselt haben mußten.
    Offenbar hatte er solch einen Lärm gemacht, daß er Chyna nicht gehört hatte.
    Der Instinkt hatte ihr geraten, die Hintertreppe zu nehmen, und sie war gut beraten gewesen, auf ihn zu hören. Wäre sie vorn hinaufgegangen, wäre sie ihm begegnet, als er herunterkam. Er hätte Laura auf sie geworfen, wäre den beiden Frauen gefolgt, als sie in die Diele hinabstürzten, hätte Chyna das Messer aus der Hand getreten, wenn sie es nicht schon verloren hätte, und wäre an Ort und Stelle über sie hergefallen. Sie durfte nicht zulassen, daß er Laura fortbrachte. Aus Angst, es würde sie erneut lahmen, wenn sie über die Situation nachdachte, stürmte Chyna rücksichtslos die Treppe hinab. Wenn sie ihn überraschend angreifen und ihm das Messer in den Rücken stoßen konnte, hatte Laura vielleicht noch eine Chance.
    Sie war dazu imstande. Sie war nicht zimperlich. Sie konnte die Klinge tief in seinen Körper treiben, versuchen, sein Herz von hinten zu treffen, eine Lunge durchbohren, das Messer herausziehen und erneut in ihn rammen, den Mistkerl erstechen und zuhören, wie er um Gnade winselte, auf ihn einstechen, einstechen, einstechen, bis er für immer schwieg. Sie hatte noch nie etwas dergleichen getan, noch nie jemanden verletzt.
    Aber jetzt war sie dazu imstande, konnte sie ihn fertigmachen, weil sie entsetzliche Angst um Laura hatte, weil ihr bei dem Gedanken übel wurde, ihre Freundin im Stich zu lassen – und weil sie von Natur aus eine Rachemaschine war: ein Mensch. Am Fuß der Treppe schlitterte der ovale Teppich nicht unter ihr, wie er es zuvor getan hatte, und sie lief direkt zur offenen Tür.
    Sie hielt das Messer nicht mehr hoch, sondern an ihrer Seite.
    Wenn er sie kommen hörte, würde er sich umdrehen, und dann konnte sie das Messer in einem Bogen hochschwingen und es unter dem Mädchen, das er in den Armen hielt, in seinen

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