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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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verändert, und das war nicht die Brutalität gewesen, die sie vor ein paar Stunden im Haus der Templetons gesehen hatte. Tief im Inneren wußte sie, daß diese Metamorphose schon vor langer Zeit eingesetzt und Jahre unbemerkt in ihr gewirkt hatte, wie die Verschiebung der Mäander eines Flusses – Tag für Tag um nicht wahrnehmbare Bruchteile eines Zentimeters. Dann plötzlich genügte das bloße Überleben ihr nicht mehr; der letzte Erdwall zerbröckelte, der letzte Stein wurde beiseite gespült, und der Lauf des Flusses änderte sich.
    Sie hatte Angst vor sich selbst. Diese unbesonnene Fürsorge für eine andere Person.
    Weitere Blitze, wütender als zuvor, enthüllten gewaltige Mammutbäume, die an Kathedralentürme erinnerten. Dem kirchturmzerschmetternden Licht folgten so heftige Donnerschläge, daß es sich anhörte, als hätte die Sankt-Andreas-Spalte sich verlagert. Der Himmel riß auf, und Regen fiel.
    Im ersten Augenblick waren die Tropfen im Scheinwerferlicht fett und milchig weiß, als sei die Nacht ein erloschener Kronleuchter, an dem Myriaden von Kristallen baumelten. Sie prallten gegen die Windschutzscheibe, die Motorhaube, auf den Asphalt.
    Auf dem Highway vor ihr verschwand das Wohnmobil allmählich in dem Wolkenbruch.
    Innerhalb von ein paar Sekunden wurden die Tropfen dramatisch kleiner und fielen dichter. Sie warfen das Licht der Scheinwerfer silbergrau zurück und fielen nicht mehr senkrecht zu Boden, sondern so, wie der gnadenlose Wind es gerade wollte.
    Chyna schaltete die Scheibenwischer auf die höchste Stufe, aber während die Sicht sich dramatisch verschlechterte, glitt das Wohnmobil weiterhin schnell durch den Sturm. Der Mörder war im Sturm nicht langsamer geworden, sondern hatte beschleunigt.
    Chyna wollte ihn auch nicht eine Sekunde lang aus den Augen lassen und reduzierte den Abstand zwischen ihnen auf etwa sechzig Meter. Sie befürchtete, daß er die Bedeutung ihres Manövers erkennen und begreifen würde, daß sie es irgendwie auf ihn abgesehen hatte.
    Der nach Süden fahrende Verkehr war von Anfang an spärlich gewesen, schien nun jedoch proportional zur Stärke des anschwellenden Sturms abzunehmen, als wären die meisten Autofahrer vom Highway gespült worden.
    Auch im Rückspiegel tauchten keine Scheinwerfer auf. Der Psychopath im Wohnmobil hatte eine Geschwindigkeit vorgegeben, bei der kein vernünftiger Mensch mithalten würde.
    Obwohl sie sich ein gutes Stück von ihm entfernt in einem anderen Fahrzeug befand, fühlte sie sich in diesem Augenblick genauso allein mit ihm wie noch vor kurzem in seinem Schlachthaus auf Rädern.
    Dann, als so viel Zeit verstrichen war, daß die einsamen Asphaltspuren und die düsteren Katarakte des Regens weniger bedrohlich als monoton wirkten, überraschte der Mörder sie plötzlich. Ohne sich die Mühe zu machen, den Blinker zu setzen, trat er kurz auf die Bremse und bog nach rechts auf eine Ausfahrt ab.
    Chyna ließ sich etwas zurückfallen, erneut besorgt, er könne argwöhnisch werden, wenn er sah, daß sie dieselbe Ausfahrt nahm. Da ihre Fahrzeuge die einzigen weit und breit waren, konnte sie sich einfach nicht unauffällig verhalten. Sie hatte keine Wahl, sie mußte ihm folgen.
    Als sie das Ende der Auffahrt erreichte, war das Wohnmobil im Regen und dünnen Nebel verschwunden, doch sie hatte zuvor erkannt, daß es nach links abgebogen war. In der Tat führte die zweispurige Straße nur nach Westen, und ein Schild informierte sie darüber, daß sie sich nun im Humboldt Redwood State Park befanden.
    Drei Gemeinden lagen vor ihr: Honeydew, Petrolia und Capetown. Sie hatte noch nie von ihnen gehört und war sicher, daß es sich um kleine Kaffs ohne eigene Polizeiwache handelte.
    Sie beugte sich über das Lenkrad vor, blinzelte durch die regennasse Windschutzscheibe und fuhr in den Park, eifrig bemüht, wieder zum Mörder aufzuschließen: Vielleicht wohnte er in einer dieser Kleinstädte oder zumindest in der Nähe. Sie war gut beraten, eine Weile außerhalb seiner Sichtweite zu bleiben, damit er nicht Verdacht schöpfte, sie sei ihm auf der Spur. Doch sie mußte den Sichtkontakt wiederherstellen, bevor er das andere Ende des Parks erreichte und danach vielleicht von der Landstraße auf eine Auffahrt oder Privatstraße abbog.
    Je tiefer sich die Straße zwischen die himmelhohen Bäume schlängelte, desto schwächer schlug der Regen gegen den Honda. Der Sturm flaute zwar nicht ab, doch die Mammutbäume bildeten einen gewaltigen Schutzschild, der

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