Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Nässe des Regens riechen, die sich auftürmende Masse der Bäume fühlen und dem kühlen Wanken der Farnwedel im Dunkel der Nacht lauschen.
    Er tritt auf die Bremse.
    Der Honda zieht an ihm vorbei und wirbelt eine Gischt schmutzigen Wassers auf. In der Kurve blitzen seine Bremslichter auf: rot im schwarzen Sturm, ein rotes Schimmern auf der feuchten grauen Rinde der großen Koniferen, apokalyptische rote Leuchtspuren, die sich über den Asphalt schlängeln. Und dann verschwinden.
    Edgler Vess ist wieder allein hinter dem Lenkrad seiner Arche, in einer farblosen Welt aus grauem Regen, schwarzen Schatten und funkelnden weißen Scheinwerferlichtern, er kann wieder ungestört mit den Mammutbäumen Zwiesprache halten und einen Teil ihrer Macht aufsaugen.
    Er denkt an Christus auf dem senkrechten Bett aus Blutweide, und die Vorstellung, daß die Sanftmütigen das Reich erben werden, läßt ihn lächeln. Er will gar nichts erben. Er ist ein wütendes Feuer, mächtig und heiß; er wird alle Farbe aus dieser Welt brennen, jedes Fünkchen der Erfahrung aufnehmen, das sie zu bieten hat, und nichts als Asche zurücklassen. Sollen die Sanftmütigen doch Asche erben.
    Während Chyna das Gaspedal fast durchtrat, um das Wohnmobil zu überholen und wieder diesseits der durchgezogenen gelben Doppellinie zu landen, bevor sie in die Kurve kam, befürchtete sie, der ausgetrocknete Motor könne husten und stottern und den Geist aufgeben. Jetzt, da sie das rote Warnlicht gesehen hatte, blieb es ihr ständig im Bewußtsein – ein peripheres Leuchten –, auch wenn sie nicht aufs Armaturenbrett schaute. Doch der Honda fuhr zuverlässig mit dem letzten Tropfen Benzin oder vielleicht nur noch mit Benzindämpfen oder aus reiner Freundlichkeit.
    Sie mußte einen gewissen Abstand zwischen sich und den Mörder bringen und Zeit gewinnen, um ihren Plan in die Tat umzusetzen, und fuhr den Wagen so schnell, wie sie es auf dem regennassen Pflaster wagte.
    Nach einer weiteren Kurve kam eine gerade Strecke, die gemächlich anstieg, dann erneut eine Kurve und eine kleine Steigung, erst hinauf, dann sofort wieder hinab. Die gelegentlich auftauchenden Hügel hatten alle nur schwache Steigungen, das Land war insgesamt recht flach und sanft konturiert; es führte gleichmäßig zum Pazifik hinab, der nur wenige Meilen westlich begann. Nun flankierten niedrige Wälle aus weicher Erde die schmale Straße zu beiden Seiten, und das war für ihre Zwecke nicht besonders geeignet. Doch bald lagen die Straße und der Wald wieder auf derselben Höhe, und eine weitere, fast unmerklich abfallende Gerade bot ihr das ideale Umfeld für ihren Plan.
    Sie vermutete, daß sie ihm gegenüber eine volle Minute gutgemacht hatte, oder vielleicht sogar anderthalb, je nachdem, wie stark er wieder beschleunigt hatte, nachdem sie ihn überholt hatte. Aber auch eine Minute müßte eigentlich reichen.
    Sie bremste auf fünfzig Stundenkilometer ab und schien trotzdem durch den Wald zu fliegen . Sie nahm die Geschwindigkeit auf vierzig herunter und wunderte sich erneut über ihren plötzlichen Anflug von Heldenmut, den sie sich nicht recht erklären konnte. Dann fuhr sie von der Straße herunter, flog über den rechten Seitenstreifen, rumpelte durch einen flachen Entwässerungsgraben und prallte gegen den festungsähnlichen Stamm eines gigantischen Mammutbaums. Der linke Scheinwerfer zerplatzte, und Metall kreischte kurz auf, die Stoßstange wurde zusammengedrückt und zerknitterte und zerknautschte und absorbierte den Aufprall, wie es ihre Aufgabe war.
    Da sie den Sicherheitsgurt angelegt hatte, wurde sie nicht gegen das Lenkrad oder durch die Windschutzscheibe geschleudert. Doch der diagonale Streifen spannte sich so hart über ihre Brust, daß sie vor Schock und Schmerz aufstöhnte.
    Der Motor lief noch.
    Chyna hatte keine Zeit, auszusteigen und die Front des Wagens zu inspizieren, und sie befürchtete, daß der Schaden nicht dramatisch genug wirkte, um den Mörder davon zu überzeugen, daß bei dem Unfall jemand zu Schaden gekommen sein könnte. Wenn er sie in ein paar Sekunden erreichte, mußte er alles ohne das geringste Zögern für bare Münze nehmen. Denn wenn er Verdacht schöpfte, würde ihr Plan auf keinen Fall funktionieren.
    Sie legte schnell den Rückwärtsgang ein und setzte zurück; der Baum hatte den Aufprall unbeschadet überstanden. Der Boden war mit nassen Nadeln bedeckt, auf denen die Reifen zunächst durchdrehten, aber es war noch nicht genug Regen gefallen, um

Weitere Kostenlose Bücher