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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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den ganzen Unterschied aus. Solange sie die Waffe hatte, konnte ihr nichts passieren.
    Wer wird dieses Mädchen aus seinem Keller retten, dieses Mädchen, das für dieses verdammte, wahnsinnige Schwein heranreift, dieses Mädchen, das so ist wie ich? Wen kümmern überhaupt all die verängstigten Mädchen, die sich in Schränken oder unter Betten verstecken, wen außer zappelnden Kakerlaken? Wer wird für sie da sein, wenn nicht ich, wo werde ich sein, falls nicht dort, warum ist das die einzige Möglichkeit – und warum stelle ich mir überhaupt diese Frage, wenn die Antwort so offensichtlich ist?
    In der Senke kam der Honda vollends zum Stehen.
    Der Revolver lag ihr schwer in der Hand, als Chyna ins Führerhaus und hinter das Lenkrad kletterte. Sie drehte sich mit dem Fahrersitz um, sprang auf und stürmte durch das Wohnmobil nach hinten, murmelte »O Gott, o Gott«, sagte sich, daß sie das Richtige tat, daß es zwar völlig verrückt war, aber richtig, weil sie diesmal den Revolver hatte.
    Aber sie fragte sich, ob diese Waffe Vorteil genug war, wenn der Augenblick kam, diesem Mann gegenüberzutreten.
    Natürlich mußte es nicht unbedingt zu einer direkten Konfrontation kommen. Chyna hatte vor, sich zu verstecken, bis sie sein Haus erreicht hatten, und dann herauszufinden, wo das Mädchen festgehalten wurde. Mit dieser Information konnte sie sich dann an die Polizei wenden, und sie konnten dieses Monster festnageln und Ariel befreien und …
    Und was?
    Und indem sie das Mädchen rettete, würde sie sich selbst retten. Wovor, das wußte sie nicht genau. Vor einem Leben, das lediglich ein Überleben war? Vor dem endlosen und vergeblichen Kampf, es zu verstehen?
    Es war verrückt, verrückt, aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Und im Grunde wußte sie, daß es nicht so verrückt war, dieses Risiko einzugehen, als ein Leben zu führen, das kein höheres Ziel als das Überleben hatte.
    Als hätte das harten Hämmern ihres Herzens sie vorangetrieben, erreichte Chyna den hinteren Teil des Wohnmobils. Die geschlossene Tür zum einzigen Schlafzimmer.
    O Gott.
    Sie wollte da nicht hinein. Da, wo die tote Laura lag. Der Mann in dem Schrank. Das Nähkästchen, das darauf wartete, erneut benutzt zu werden.
    O Gott.
    Aber es war das beste Versteck, und sie öffnete die Tür und ging hinein, schob sich durch die fühlbare Dunkelheit nach links und drückte den Rücken gegen die Wand.
    Vielleicht würde er nicht sofort nach Hause fahren. Vielleicht hielt er irgendwo an und kam nach hinten, um sich seine Trophäen anzusehen.
    Dann würde sie ihn in dem Augenblick töten, da er durch die Tür kam. Den gesamten Revolver in ihn entleeren. Kein Risiko eingehen.
    Wenn er tot war, würden sie Ariel vielleicht nie finden. Oder erst, nachdem sie verhungert war, eine außergewöhnlich schmerzhafte Todesart.
    Dennoch … wenn der Mörder dieses Schlafzimmer betrat, würde Chyna keine halben Sachen machen. Sie würde nicht versuchen, ihn nur zu verletzen, damit die Polizei ihn noch verhören konnte, nicht in diesem engen Raum, während er über ihr stand und so viele Dinge schiefgehen konnten.
    Mit ausgeschalteten Scheinwerfern und Scheibenwischern sitzt Edgler Vess in dem beschädigten Wagen am Straßenrand und denkt nach.
    Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie er nun weitermachen kann. Das Leben ist stets ein üppig gedeckter Tisch, ein gewaltiges Buffet, das unter der Last unendlicher Wahrnehmungs- und Erfahrungsmöglichkeiten ächzt, die alle prickelnde Erregung auslösen können – und im Augenblick ist es üppiger als je zuvor. Er möchte die Gelegenheit bis zur Neige auskosten, die größtmögliche Erregung und die tiefsten Einsichten aus ihr ziehen, und daher darf er nicht vorschnell handeln.
    Das Glück hat seinen Blick im richtigen Moment kurz in den Rückspiegel gelenkt, und da war sie: Flüchtig wie ein Reh ist sie über die Fahrbahn gehuscht, hat an der offenen Tür des Wohnmobils kurz gezögert und ist schließlich hinauf- und hineingestiegen, außer Sicht.
    Das muß die Frau aus dem Honda sein. Als sie zuvor an ihm vorbeigefahren ist, hat er durch die Windschutzscheibe des Wagens geschaut und ihren roten Pullover gesehen.
    Womöglich hat sie bei dem Unfall einen schweren Schlag auf den Kopf bekommen. Jetzt ist sie vielleicht benommen, verwirrt, verängstigt. Das würde erklären, warum sie sich nicht direkt an ihn gewandt und um Hilfe gebeten hat oder darum, daß er sie bis zur nächsten Tankstelle mitnimmt. Wenn ihre

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