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Internat auf Probe

Internat auf Probe

Titel: Internat auf Probe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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hält.
    Jeden Abend geht sie an den Schrank, raschelt darin herum, nimmt etwas heraus und verschwindet unter einem fadenscheinigen Vorwand aus dem Zimmer.
    Bestimmt, um an einem geheimen Ort eine Fressorgie zu veranstalten, vermutet Carlotta. Vielleicht in dem alten Gewächshaus am See?
    „Es riecht wie im gärtnerischen Zoo“, jammert Sofie, als sie und Carlotta allein im Zimmer sind.
    „Es heißt zoologischer Garten“, korrigiert Carlotta sie. Aber sie stimmt Sofie zu: Es stinkt bestialisch! Warum bewahrt Manu ihr abartiges Knabberzeugs nicht gleich in der Gärtnerei auf? Das wäre doch viel praktischer. Aber wahrscheinlich hat sie Angst, dass es dort entdeckt wird.
    „Manu kapiert einfach nicht, dass man auf andere Rücksicht nehmen muss“, seufzt sie.
    „Auf uns zum Beispiel“, nickt Sofie betrübt und widmet sich ihrer Modezeitschrift.
    Carlotta steht am Fenster und hat richtig schlechte Laune, wozu auch das miese Wetter der letzten Tage seinen Teil beiträgt. Langsam kündigt sich der Herbst an. Es regnet fast ohne Unterlass. Dazu ist es kalt und windig. Keine Spur mehr von den schönen Spätsommertagen. Die Wege rund um das Schloss und den See sind matschig und mit unzähligen tiefen Pfützen übersät.
    Missmutig starrt Carlotta hinaus und zählt die Regentropfen. Zu etwas anderem kann sie sich beim besten Willen nicht aufraffen. Und in einer Viertelstunde fängt das Rudertraining an. Auch das noch!
    Seit ein paar Wochen rudert sie nun schon in der AG, und es macht ihr überhaupt kein bisschen Spaß, im Gegenteil. Sie findet es abwechselnd langweilig oder anstrengend. Auf jeden Fall ist es nicht das, was sie sich vorgestellt hat. Dazu kommt noch, dass der blöde Spargel sie ständig daran erinnert, was für ein tolles Vorbild sie in ihrem Vater doch hätte und wie stolz er wäre, wenn Carlotta im Rudersport ähnlich erfolgreich werden würde.
    Nie im Leben schaff ich das, denkt Carlotta, während sie überlegt, wie sie aus der Nummer wieder herauskommen soll. Blöd anstellen muss sie sich gar nicht, das macht sie ganz automatisch. Aber jetzt steckt sie in der AG und muss da irgendwie durch. Oder ob man wegen hochgradiger Lust- und Talentlosigkeit einen Wechsel zu einer anderen AG beantragen kann? Schön wär’s!
    Sofie hebt den Kopf und erzählt ihr, dass es vor ein paar Tagen in den Musikraum hineingeregnet hat und dass das Klavier abgedeckt in einem Nebenraum steht. „Ich kann in der nächsten Zeit nicht üben“, jammert sie.
    „Das ist ja doof.“ Carlotta dreht sich um. „Aber du hast doch erzählt, dass du auch Klarinette spielst. Die ist bestimmt so klein, dass du sie überallhin mitnehmen kannst, um zu üben, oder?“
    „Meinst du, ich könnte hier ein bisschen üben?“, fragt Sofie unsicher. „In unserem Zimmer?“
    „Klar“, meint Carlotta. „Warum nicht? Natürlich nur, wenn du allein bist. Wenn Manu reitet und ich beim Rudertraining bin, zum Beispiel.“
    „Ah, das ist eine gute Idee! Ich danke dir, merci beaucoup!“ Sofie strahlt sie so glücklich an, dass Carlotta fast ein schlechtes Gewissen bekommt. Vielleicht sollte sie sich mal ein bisschen mehr um die Mitschülerin kümmern? Auch wenn Sofie die meiste Zeit einen Spiegel oder eine Modezeitschrift vor der Nase hat und kaum spricht, ist sie vielleicht doch ganz nett.
    Carlotta wirft ihr ein Lächeln zu, während sie in ihr Sportzeug schlüpft, aber Sofie ist schon wieder hinter ihrem Haarvorhang verschwunden.
    „Tschüss!“, ruft Carlotta ihr zu und schlüpft aus dem Zimmer.
    „Au revoir“, erwidert Sofie ohne aufzusehen.
    Wenig später stapft Carlotta mit langen Schritten murrend durch den aufgeweichten Park. Zwar hat es aufgehört zu regnen, aber es ist kühl und ungemütlich, und von den großen Bäumen tropft es eiskalt in ihren Nacken. Sie zieht die Schultern hoch und schimpft leise vor sich hin. Warum hat sie sich nicht rechtzeitig eine andere AG ausgesucht? Eine, die nicht im Freien stattfindet? Töpfern zum Beispiel, Batik oder Computer. Nein, es musste ausgerechnet Rudern sein!
    Dass der Spargel aber auch darauf besteht, dass bei jedem Wetter gerudert wird! Ob das überhaupt erlaubt ist?
    „Bestimmt nicht!“, schimpft Carlotta laut und tritt zu allem Überfluss auch noch in eine Pfütze. „So ein Mist! Morgen hab ich garantiert eine Lungenentzündung!“
    Ihr linker Schuh quietscht vor Nässe, als sie am Bootshaus ankommt.
    Die anderen sind schon da. Brendan sitzt bereits in seinem Einer und rudert mit

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