Internat Lindenberg - Freundschaft in Gefahr
oder?“
Mit diesen Worten zog sie leise die Tür wieder zu und war weg. Sophie und Nina tauschten einen vielsagenden Blick aus. Leonie war wirklich eine gute Freundin. Aber mit ihr in einem Zimmer zu wohnen, das war eine schreckliche Vorstellung. Um in einem Zimmer zusammenleben zu können, ist Freundschaft eben manchmal nicht genug. Nein, so, wie es im Moment war, mit Nina und Sophie und mit Hanna und Leonie auf einem Zimmer, war es am besten, und so sollte es auch bleiben.
Drei in einem Boot
Streitereien haben viele dumme Seiten. Eine davon ist, dass man meistens von der Außenwelt nur noch die Hälfte mitbekommt. Leonie hatte kaum noch etwas anderes im Kopf als ihren Aufsatz und Sophies Flötenspiel. Sophies Gedanken kreisten nur noch um das Konzert und Leonies Gemeinheiten. Dass jemand etwas von ihren Kabbeleien mitbekommen könnte, darüber machten sich die beiden keine Gedanken.
Doch das zwischen Leonie und Sophie dicke Luft herrschte, das hatte sich bereits bis zu Angelika herumgesprochen. Leider, denn Angelika Ecker war so etwas wie das Gegenteil der besten Freundin der beiden. Wie ihr die Buschtrommeln zugetragen hatten, lagen sich Leonie und Sophie in den letzten Tagen ständig in den Haaren, und Hanna und Nina mischten sich auch schon ein. Und sie hatte sogar Wind davon bekommen, dass der ganze Ärger irgendwie mit Sophies Konzert und mit einem Wettbewerb, an dem Leonie teilnehmen wollte, zusammenhing. Angelika platzte vor Neugier, was es mit diesem Wettbewerb auf sich hatte. Doch inzwischen hatte sie herausgefunden, dass Leonie das Thema sogar vor ihren besten Freundinnen geheim hielt. Vielleicht war das die passende Gelegenheit, ein bisschen Unruhe zu stiften. Vor allem wenn es gegen sie ging, hielten die vier Freundinnen immer zusammen wie Pech und Schwefel. Aber das musste ja nicht so bleiben, wenn sie so weiterstritten. Wo ein kleines Feuerchen brannte, konnte auch schnell mal ein Waldbrand entstehen. Vor allem bei heißem Wette r …
Das Unheil nahm seinen Lauf, als Angelika im Hausaufgabenraum saß, wo ihre Klassenlehrerin Frau Behrens die Aufsicht führte. Normalerweise war das für die Lehrer ein lockerer Job. Aber bei dieser Hitze konnte sich kaum eine Schülerin auf die Arbeit konzentrieren und so gab es für die Aufsicht immer etwas zu tun, um die Lautstärke niedrig zu halten. Wenn man vom Gang hereinkam, kam einem der Raum zwar noch kühl vor. Aber das musste eine Sinnestäuschung sein, denn nach wenigen Minuten merkte man davon bereits nichts mehr.
Man konnte es den Schülerinnen also eigentlich gar nicht übel nehmen, dass sie hier kaum einen klaren Gedanken fassen konnten. Frau Behrens merkte selbst, wie auch ihr die Konzentration schwerfiel. Sie legte gelangweilt eine Zeitschrift zur Seite, in der sie lustlos herumgeblättert hatte.
Da Angelika ebenfalls gelangweilt war, warf sie einen Blick darauf und hatte einen ihrer gefürchteten Geistesblitze. Manchmal waren die sogar witzig. Es war zum Beispiel einem von Angelikas Geistesblitzen zu verdanken, dass Madame Bleu, die zugeknöpfte Lehrerin für Französisch und Geografie, den Spitznamen Bleu de Coup erhalten hatte. Damals musste die Französischlehrerin erst ein Kollege darauf hinweisen, dass „Blö-de Kuh“ kein Ehrentitel ist, auch wenn man es noch so Französisch ausspricht. Aber meistens waren Angelikas Geistesblitze mit irgendwelchen Gemeinheiten verbunden. Und so war es auch diesmal. Ihr Blick war an einer Anzeige in der Zeitschrift ihrer Lehrerin hängen geblieben.
„Schülerwettbewerb“, hatte sie gelesen. „Zum Thema ‚Von Fußballvätern und Eislaufmüttern: Krankhaft ehrgeizige Eltern und die Folgen für die Kinder‘ können noch bis Ende August Beiträge eingesandt werden.“ Ob das was mit Leonies Wettbewerb zu tun hatte? Das Datum passte einigermaßen. Und wenn nicht, war es auch egal. Es kam nur darauf an, was man daraus machte. Die Gedanken begannen in ihrem Kopf zu tanzen. Angelika malte sich aus, wie Sophies Mutter mit der Reitpeitsche hinter ihrer Tochter stand, um sie zum Üben zu zwingen. Oder wie Ninas Mutter mit Stubenarrest und Handyverbot drohte, falls sich Nina weigerte, die Ballettstunde zu besuchen. Angelika musste ein Kichern unterdrücken.
„Moment mal“, wandte sie sich an Frau Behrens. „Bevor Sie das wegwerfen, kann ich das haben?“
Frau Behrens sah sie verwundert an. „Das ist ein Magazin des Schulministeriums“, erklärte sie. „Ich warne dich, das finde sogar ich
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