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Internet – Segen oder Fluch

Internet – Segen oder Fluch

Titel: Internet – Segen oder Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Passig , Sascha Lobo
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schnell an ihre Grenzen: «Derzeit verzeichnet der deutschsprachige Internetkatalog ‹ Web.de › 40 791  Einträge», beschwerte sich Frank Patalong im Jahr 2000 im
Spiegel
. «Wie soll man da die Klasse von der Masse trennen? So viele Redakteure, wie für die Sichtung und Bewertung nötig wären, kann sich wohl kaum jemand leisten: Web.de wählt den einfachen Weg und sortiert die Angebote nach Städten und Regionen und dann nach dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens des Homepage-Anbieters. Wer hier gefunden wird, der war schon vorher bekannt. So verdient die Sammlung der privaten Homepages bei den meisten Katalogen nur ein Prädikat: Nutzfaktor Null.» Etwa zehn Jahre lang gehörten solche Verzeichnisse trotzdem zu den wichtigeren Anlaufstellen im Netz.
    Sie konnten mit den frühen Suchmaschinen konkurrieren, die ihrerseits nur wenig besser als gar keine Suchmaschinen waren. Altavista, Infoseek oder HotBot funktionierten im Grunde so wie die Suche nach einer Datei auf dem eigenen Rechner: Die Suchmaschine betrachtete alle ihr bekannten Seiten oder Dateien und lieferte dem Nutzer die Ergebnisse, in denen seine Suchbegriffe offenbar eine wichtige Rolle spielten, zum Beispiel weil sie besonders oft auf der Seite vorkamen. Einen Großteil der Suche leisteten die Nutzer selbst, indem sie sich mehr oder weniger geduldig durch die Ergebnisse klickten, bis auf Seite acht das erste brauchbare Ergebnis auftauchte.
    «Ohne Redakteure, Rezensenten oder Kritiker ist das Internet zu einer Wüste ungefilterter Daten verkommen», beschwerte sich der Internetkritiker Clifford Stoll 1995 in dem bereits zitierten
Newsweek
-Beitrag über diese Zustände. «Man weiß nicht, was man ignorieren soll und was lesenswert wäre. Ich logge mich ins World Wide Web ein und versuche herauszufinden, wann die Schlacht von Trafalgar stattgefunden hat. Ich bekomme Hunderte von Dateien zurück und brauche fünfzehn Minuten, um mich darin zurechtzufinden – eine ist eine Biographie von einem Achtklässler, die zweite ein Computerspiel, das nicht funktioniert, und die dritte das Bild eines Londoner Denkmals. Eine Antwort auf meine Frage ist nicht dabei, und meine Suche wird immer wieder von Fehlermeldungen wie ‹Too many connections, try again later› unterbrochen.» Ende der neunziger Jahre entwickelte Google den «PageRank»-Algorithmus, der die Beziehungen der Seiten zueinander berücksichtigte: Je mehr Links auf eine Seite verwiesen, desto nützlicher war sie offenbar. Der Wikipedia-Eintrag zur Schlacht von Trafalgar ist jetzt der erste Suchtreffer, und das Datum der Schlacht lässt sich schon der Vorschau auf das Ergebnis entnehmen.
    Bookmarks auf dem eigenen Rechner erleichterten das Wiederfinden von Informationen im Netz. Sie haben aber – nicht zuletzt dank besserer Suchmaschinenalgorithmen – inzwischen wieder an Bedeutung verloren. Dasselbe Schicksal ereilte die Portale, die um das Jahr 2000 herum die zentrale Orientierungshilfe für unerfahrenere Internetnutzer darstellten. Dafür sind ab 2003 Social-Bookmarking-Dienste wie Delicious, Digg, StumbleUpon oder Mister Wong entstanden, in denen die Nutzer gemeinsam interessante Links zusammentragen. Zu diesen «Aggregator»-Seiten kamen Aggregatorenaggregatoren wie popurls.com . Sammlungen von Links zu Inhalten sind mittlerweile zur Sammlung von Inhalten mutiert und in verschiedene Netzwerke abgewandert, zum Beispiel Pinterest für Bilder oder quote.fm für Textschnipsel. Als das Web in Bewegung kam und auf immer mehr Websites in kurzen Abständen neue Einträge auftauchten, boten RSS -Feeds Lesern die Möglichkeit, diese Updates zu abonnieren. Das 2006 gegründete Twitter erleichtert es durch seine leserfreundliche 140 -Zeichen-Begrenzung, einen kontinuierlichen Strom kleiner Informationen aus dem Augenwinkel zu verfolgen. Um 2010 kamen lernende Filter wie der von Facebook (siehe Kapitel  15 ) hinzu.
    Ein neues Konzept waren auch die ab 2003 eingeführten «Folksonomies». Neben hierarchische, eindeutige Taxonomien trat ein stichwortbasiertes Verfahren, das man etwa auf der Fotografie-Plattform Flickr im Einsatz sehen kann: Jeder Nutzer, der feststellt, dass auf einem Bild etwa ein Schmetterling zu sehen ist, kann dieses Bild mit selbstgewählten
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versehen: «butterfly», «Schmetterling», «Edelfalter», «Tier», «Insekt», «Nymphalidae», «Schleswig-Holstein», «Morpho peleides» oder «blau». Das ist zwar unordentlich und führt oft dazu, dass widersprüchliche, redundante

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