Interview mit dem Tod - Domian, J: Interview mit dem Tod

muss es nicht kommen. Die menschliche Zivilisation wird sich enorm entwickeln, du kannst auf anderen Planeten leben, vielleicht fremde Lebensformen kennen lernen. Du kannst als großer Abenteurer durchs Weltall reisen, du wirst über ein ungeheures Wissen verfügen und somit allen anderen Lebewesen weit überlegen sein.
    Ja, und ich wäre wohl das einsamste Lebewesen im gesamten Kosmos.
    Warum? Du wärst begehrt und alle würden zu dir aufschauen.
    Ich wäre doch für alle Sterblichen unheimlich. Oder ich müsste mein Geheimnis für mich behalten. Wer will es schon mit einem Unsterblichen zu tun haben? Und wahrscheinlich müsste ich alle paar Jahrzehnte weiterziehen, damit niemand mein Geheimnis bemerkt. Alle um mich herum altern – nur ich nicht.
    Zugegeben, das könnte passieren. Aber die Vorteile sind doch atemberaubend, oder?
    Und die Langeweile, die wahrscheinlich schon nach ein paar hundert Jahren aufkäme? Und das Unglück, tausendfach und immer wieder von geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Sie alle wären sterblich – und du würdest jeden nach ein paar Jahrzehnten zu dir holen.
    Ja, so wäre es.
    Nein, mein überirdischer Freund, nein danke. Dein Angebot werde ich nicht annehmen. Es wäre Fluch und Folter zugleich. Der Mensch lebt, um zu sterben. Und nicht, um beinahe ewig zu vegetieren, denn darauf würde es hinauslaufen. Welch eine Hölle. Nein! Ich lehne dankend ab. Alles soll seinen normalen Lauf nehmen. Hole mich, wann du es für richtig hältst. Sei es in dreißig Jahren, sei es morgen.
    Lange Gesprächspause
    Eine sehr gute Entscheidung. Die richtige Entscheidung. So wollen wir uns also jetzt verabschieden.
    Eine letzte Bitte aber habe ich noch.
    Sprich sie aus.
    Kannst du mir etwas mit auf den Weg geben, für mein Leben, einen Gedanken, eine Weisheit, einen Satz?
    Kurze Gesprächspause

    Ja.
    Ich werde dir einen Satz sagen, der dir in glücklichen und in traurigen Zeiten hilfreich sein soll. Du musst ihn tief verinnerlichen. Er wird dich einerseits trösten – und andererseits wird er dich lehren, das Gute und Schöne, das dir widerfährt, noch mehr wertzuschätzen.
    Wie lautet dieser Satz?
    Auch das geht vorbei.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
     
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    1. Auflage
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    Umschlagfoto: © Niclas Andersson/Nordicphotos/Corbis
     
    eISBN 978-3-641-08709-8
     
     
     
     
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