Interview mit einem Verführer - Caprice: Erotikserie (German Edition)
Moment hab ich nicht mal Lust, ihn zu verführen.« Sophie lachte ihr tiefes Lachen, und kurz darauf hörte Maren, wie sich die Freundin genüsslich eine Zigarette anzündete. »Aber John ist wie immer hilfsbereit, wenn es darum geht der guten Sophie einen Gefallen zu tun.« Maren konnte sich gut vorstellen, wie gerne der Fotograf für den Produzenten eingesprungen war. »Chérie, ich muss Schluss machen«, sagte Sophie. »Ich will noch ein paar Austern ergattern. Wir telefonieren morgen noch mal?« Maren versprach es und legte auf.
Puh, das war knapp , dachte sie und schmunzelte. Sie checkte die Lage im Kühlschrank und beschloss, den Tag mit Nudeln und einem Film zu beenden. Schließlich musste sie morgen sehr früh raus.
Bis nach Berlin in einem Smart zu fahren war mörderisch. War dieser Smart dann auch noch bis unters Dach mit Gepäck beladen, konnte man das getrost als Vorstufe zur Hölle bezeichnen. Müde und vollkommen gerädert schob Maren den letzten der schweren Koffer in die Firmenwohnung, welche die BLITZ-Journalisten nutzen konnten, wenn sie in Berlin längere Zeit arbeiten mussten. Es war ein nettes Zweizimmerapartment mit Kochnische und Bad. Die Einrichtung erinnerte zwar eher an ein günstiges Hotel, dafür brauchte man aber nicht in einem abzusteigen. Immer noch vollkommen außer Atem, öffnete Maren den Kühlschrank und musste grinsen. Lori, die Sekretärin des Chefs, hatte Wort gehalten und jemanden gebeten, das Ding aufzufüllen. Und lag da nicht auch eine Schachtel von Marens Lieblingspralinen? Tatsächlich. Gute, nein, herzensgute Lori.
Im Gegensatz zum Schmuddelwetter in Hamburg war es in Berlin kalt. Es herrschte bereits seit Wochen ein Klima, das das Thermometer weit unter null hatte fallen lassen. Joggen kann ich wohl erst mal vergessen , dachte Maren, als sie am Fenster stand, hinaus sah auf die mit Reif bedeckten Häuserdächer und sich eine der Pralinen gönnte. Sie riss sich von dem Anblick los, nahm ihren Laptop und begann mit den Vorbereitungen für den morgigen Tag. Sorgfältig sichtete sie noch einmal die Informationen, die sie über das Label gesammelt hatte, und als sie sich weit nach Mitternacht zurücklehnte, war sie an einem Foto des Designers hängengeblieben. Hübscher Kerl , dachte sie. Und noch bevor sie diesen wirklich kurzen Gedanken zu Ende gedacht hatte, huschte ihr ein hämisches Grinsen übers Gesicht.
Steward Granger , dachte sie, du wirst der erste Leidtragende sein. Da traf es sich gut, dass der Mann auf dem Foto genau in ihr Beuteschema zu passen schien. Granger musste ungefähr so groß wie sie sein, hatte dunkle Haare, noch dunklere Augen und Lippen, die einen zum Küssen animierten. Sein Blick war verträumt, aber mit der richtigen Ausleuchtung bekam das jeder gute Fotograf spielend hin. Wie dem auch sei, Mr. Steward Granger , fuhr sie in ihren Gedanken fort, wir werden uns morgen kennenlernen. Und viel Spaß miteinander haben. Zumindest ich werde viel Spaß an dir haben. Mit diesem Gedanken machte sie sich auf ins Bett und träumte in dieser Nacht endlich nicht mehr von Arndt.
Maren traf überpünktlich im Atelier des Designers ein. Dort ging es zu wie in einem Bienenstock. Allerdings weniger geordnet. Schmunzelnd stand sie an einer Tür gelehnt und beobachtete das Treiben. Sie war sich sicher, dass nicht einer der Angestellten wusste, was er zu tun hatte. Kleider wurden von links nach rechts getragen, jemand fluchte lautstark über die Unfähigkeit seiner Leute, die gerade anwesend waren. Verfluchte deren Geburt, deren Mütter und Großmütter, und Maren amüsierte sich königlich. Da war jemand ganz besonders cholerisch aufgelegt. Aber dergleichen war sie gewohnt. Walter Stein, ihr Redakteur bei der BLITZ, pflegte ähnlich rüde mit seinen Leuten umzuspringen. Allerdings war er so klein und hässlich, dass Maren und Sophie ihn in seinen Anfällen nicht ernst nehmen konnten. Im Gegenteil: Sobald einer dieser cholerischen Anfälle begann, begannen sie, dem guten Mann neue Namen zu verpassen. Rumpelstilzchen war da noch der höflichste.
Sie stieß sich von der Tür ab, um nachzusehen, wer denn da seiner Laune Luft machte und blieb zwei Türen weiter stehen. In einem Raum mit übergroßem Schneidetisch sowie diversen Nähmaschinen standen zwei junge Frauen, hielten Kleidungsstücke wie einen Schutzschild vor ihre Körper und starrten verwirrt auf den Rücken eines großen, dunkelhaarigen Mannes, der einen Lederblazer zu verwaschenen Jeans trug.
»Komm
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