Interwelt
vernichtet. Dafür können Sie mich nun wahrhaftig nicht verantwortlich machen. Doch wenn mir die Zeit reicht, werde ich gern versuchen herauszufinden, ob noch irgend etwas von Ihrer Welt übriggeblieben ist. Jetzt aber muß ich mit meiner Arbeit weitermachen.« Er drehte an seinem Gerät, das wie ein tragbarer Fernsehapparat aussah. »Seien Sie nun bitte still! Es ist eine äußerst komplexe Arbeit, und ich muß mich voll darauf konzentrieren können.«
Ein Lämpchen glühte auf. »Holen Sie mich hier heraus?« fragte ich.
»Wer hat das gesagt?« rief Lister verblüfft.
»Endlich ein Fortschritt«, strahlte Saß. »Gott sei Dank.«
»Woher kommt die Stimme?« schrillte Debbie.
»Von hinter mir!« rief Wadsworth aufgeregt.
»Nicht von hinter dir«, berichtigte ich, »sondern von in dir!«
»Ruhe, Dunjer!« mahnte Saß, »oder ich kriege Sie nie heraus!«
»Das geht nun wirklich zu weit, Saß«, beschwerte ich mich. »Mich in diesen Jungen geraten zu lassen, daß ich …«
»Einen Moment!« unterbrach Wadsworth mich, aber ich ließ mich nicht stören.
»… wie ein Gepäckstück bei einem Protestmarsch mit herumgeschleppt werde.«
»Hören Sie zu, Mann«, sagte Rand. »Auch wenn Sie ein Geist sind, denke ich …«
»Es interessiert niemanden, was du denkst, Sohnemann«, sagte ich.
»Er soll zu reden aufhören!« schrillte Wadsworth. »Ich mag es nicht. Er ist in mir!«
»Verdammt richtig!« bestätigte ich. »Und wenn Sie mich nicht sofort herausholen, Saß …«
»Ich tue mein Bestes, Dunjer. Sobald der Monitor anzeigte, was geschehen war, ließ ich alle Vorsicht außer acht und machte mich mit meinem letzten Aktivator auf den Weg, um Sie zu retten, Dunjer.«
»Sie hatten gar keine andere Wahl«, entgegnete ich gereizt.
»Weshalb sprechen Sie jetzt mit einer ganz anderen Stimme, Mr. Wadsworth?« fragte Hefler.
»Ich halt’ es nicht mehr aus!« würgte Wadsworth.
»Vielleicht ist das eine Strafe?« meinte der UNO-Mann. »Von bösen Geistern besessen zu werden.«
»Wie ist es passiert, Saß?« fragte ich. »Sie haben mich nicht gewarnt, daß ich im Körper eines anderen landen und dann feststecken könnte. Sie sagten, es sei absolut ungefährlich …«
»Verrückt!« brummte Rand. »So was von Schizophrenie!«
»Mein lieber Dunjer«, entgegnete Dr. Saß, »Sie scheinen vergessen zu haben, daß wir bisher nur die Affen mit den Aktivatoren durchgeschickt haben, und sie hatten vermutlich Ihr Problem nicht.«
»Es ist nicht mein Problem«, brüllte ich. »Ich hatte nichts damit zu tun.«
»Hi-i-i-iilfe!« gurgelte Wadsworth.
»Sei still, Junge!« sagte ich. »Wie kommen Sie voran, Saß?«
»Sehr mühsam.«
»Ich verstehe«, brummte ich. »Dieser ganze Irrsinn ist Ihnen aus der Hand geglitten. Wer hätte einen schlimmeren Ort wählen können? Macht euch bereit, Leute. Wir bekommen Gesellschaft! Und ich könnte mir angenehmere vorstellen.«
25.
Dichte Nebelschwaden verbargen Straßen und Häuser. Statt Schritten und Nebelhorn hörte ich nun das Zirpen von Grillen und das Rascheln von Halmen. Es roch nach nassem Gras. Mein Mantel flatterte im Wind, der plötzlich ein Loch durch den Nebel blies, und da sah ich ein dreistöckiges Haus aus Holz und Schindeln.
Es war ein Haus, wie es nicht hier sein sollte, nicht hier sein konnte, genausowenig wie eigentlich ich. Die Dinge hatten sich verändert wie in einem Traum. Häuser und anderes tauchten plötzlich auf und verschwanden genauso übergangslos. Vielleicht war ich nur Teil von irgend jemandes Traum? Oder ein halbnarkotisierter Patient auf einem Operationstisch? War die Frage nicht so sehr, wer oder wo, sondern was ich war? Das wäre die schrecklichste Frage.
Ich mußte in dieses Haus gelangen!
Die Tür war nicht verschlossen. Ich trat ein. Als ich im Parterre niemanden fand, stieg ich zum ersten Stock. Sie war in einem weißgetünchten Zimmer und trug einen Schwesternkittel. Ihre Brauen waren bleistiftdünn nachgezeichnet, der Lippenstift zu dick aufgetragen.
»Wo bin ich?« fragte ich. Meine Stimme klang fremd.
Das Mädchen sagte etwas, das ich nicht verstand.
Ich packte sie an der Schulter. »Sprechen Sie Englisch?«
Sie nickte und deutete auf einen Schrank, rannte zu ihm und riß seine Tür auf.
Joe Rankin taumelte heraus. Er rollte die Augen und gab würgende Laute von sich, während Blut aus seinem Mund blubberte. Aus seiner Brust ragte der schwarze Griff eines Tranchiermessers.
Das Mädchen schrie gellend und rannte fort.
Joe
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