Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Intruder 3

Intruder 3

Titel: Intruder 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
wieder zu Stefan herum. Mike brauchte keinen Westküsten-Slang zu verstehen, um den überheblichen Ton in der Stimme des Fettsacks zu registrieren.
    Er fuhr fort, sich im Laden umzusehen, hütete sich aber sorgsam davor, irgendeinem der angehäuften Heiligtümer zu nahe zu kommen. Neben einer Unzahl von Motorrad-Ersatzteilen und ausnahmslos schwarzer Lederkleidung gab es auch eine Menge Dinge, die hier eigentlich nichts zu suchen hatten. An einer Wand hing eine Art Miniatur-Ausstellung indianischer Artefakte: ein Bogen samt Köcher, in dem ein einzelner Pfeil steckte, ein wuchtiger Tomahawk mit einer Schneide aus Feuerstein, die obligate Friedenspfeife, zwei mit Federn verzierte kleine Lederbeutel und ein paar Dinge, deren Bedeutung Mike nicht einmal erraten konnte. Offensichtlich 23
    war der Fettsack nicht nur Motorrad-, sondern auch Indianer-Fan.
    Draußen wurde Motorengeräusch laut, ein dumpfes Dröhnen und Blubbern, wie von einem schweren Motorrad ... oder einem altersschwachen schwarzen Van mit verrostetem Auspuff. Mike fuhr so abrupt herum, dass Stefan und der Harley-Mann ihr Gespräch unterbrachen und alarmiert zu ihm hinsahen. Etwas Riesiges, Schwarzes glitt auf der anderen Seite der verdreckten Schaufensterscheibe vorbei. Dunkle Augen starrten Mike durch eine getönte Windschutzscheibe hindurch an, und er bemerkte glattes, schwarzes Haar, daneben ein uraltes Gesicht, das nur aus Runzeln und Falten zu bestehen schien.
    Mike blinzelte, und das Schaufenster war wieder leer.
    Manchmal spielt er ...
    »Was ist los?«, fragte Stefan.
    »Nichts«, antwortete Mike nervös. »Ich war nur ...« Er hob die Schultern. »Nichts.«
    Stefan runzelte die Stirn, der Harley-Mann stellte eine Frage in seinem breiten Slang und beantwortete sie selbst mit einem gehässigen Lachen.
    »Was hat er gesagt?«
    »Das willst du nicht wirklich wissen«, meinte Frank, und Stefan sagte; »Er sagt, er will auch was von dem Zeug, das du geraucht hast.«
    »Arschloch«, murmelte Mike - wohlweislich aber so leise, dass niemand außer ihm das Wort hören konnte. Der Harley-Mann sprach mit Sicherheit kein Deutsch, aber es gab Worte, die überall auf der Welt verstanden wurden. Eigentlich nur, um den Blicken des Fettsacks auszuweichen, drehte er sich wieder weg und fuhr fort, die Sammlung indianischer Fundstücke zu begutachten.
    Neben dem Sammelsurium an Kult- und Alltagsgegenständen hing ein lieblos gerahmtes Schwarz-Weiß-Foto an der Wand, 24
    allerdings so hoch oben, dass Mike sich auf die Zehenspitzen stellen musste, um überhaupt etwas darauf zu erkennen. Mit Mühe machte er zwei oder drei Indianer in prachtvollem Federschmuck aus, zwischen denen eine betagte Harley stand.
    Der Mann in ihrem Sattel war ebenso breit wie hoch - zweifellos eine zwanzig Jahre jüngere und bartlose Ausgabe des Fettsacks hinter der Theke.
    Mike war ein wenig erstaunt. Wie es aussah, hatte Harley-Davidson diese seltsame Sammlung hier höchstpersönlich zusammengetragen.
    Sein Erstaunen verwandelte sich in Entsetzen, als er ein zweites, bräunlich gefärbtes Foto entdeckte, das oberhalb eines Balkens hing und so verstaubt war, als wäre es bereits vor Jahrzehnten dort hingehängt und dann vergessen worden. Er musste sich noch mehr recken als zuvor und ein schmutzig-graues Spinnennetz beiseite wischen, um das Motiv deutlicher zu erkennen.
    Während er darauf starrte, schien es sich zu wandeln wie ein altes 3-D-Foto, das je nach Blickwinkel eine veränderte klare Ansicht zeigte und dabei doch verschwommen und auf geradezu unangenehme Weise unwirklich wirkte.
    Im ersten Moment glaubte er, dass der Mann im Vordergrund niemand anderer als Harley-Davidson war, aber dann wurde ihm bewusst, dass die Ähnlichkeit dafür nicht ausreichte. Der Gesichtsausdruck wirkte vertraut, ebenso der kräftige Körper-bau, aber dieser Mann war deutlich größer - und er war älter.
    Das Motorrad, auf das er sich stützte, war relativ schmal und hatte einen erstaunlich kleinen Tank mit einem Harley-Emblem, das so altmodisch wie die ganzeMaschine wirkte. Es konnte niemand anderes als der Vater - oder vielleicht sogar der Großvater! - des Typs sein, der sie wie Abschaum beha ndelte, nur weil sie die seiner Meinung nach falsche Motorrad-marke fuhren.
    Doch dieser Gedanke verblasste angesichts der Ungeheue r-25
    lichkeit, die den Hintergrund des Bildes ausfüllte. Es war ein Hogan, nein, es war der Hogan, den er voller Widerwillen und schlechter Vorahnungen betreten hatte, kurz bevor er

Weitere Kostenlose Bücher